Birgit Schlieps

Aktau

Bildphänomene einer Plattenbaustadt in der Kasachischen Steppe
Cover: Aktau
Materialverlag HFBK, Hamburg 2021
ISBN 9783944954530
Gebunden, 270 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Nach Kasachstan reiste ich zum ersten Mal im Jahr 2000.  Initiation und Ausgangspunkt des Interesses war damals ein Foto zu einem Artikel auf der 'Seite Drei' der Süddeutschen Zeitung im April 1999. Der gesamte Artikel trug die dreiteilige Überschrift: "Der Untergang des Sozialismus: Es war einmal die Idealstadt Schewtschenko. //Tränen kann man nicht entsalzen. Zur Sowjetzeit erbauten Helden der Arbeit mitten in der Wüste ihre neue Welt mit Atomantrieb - nun verdorrt in Kasachstan ein Traum." Das Foto 3 selbst zeigt eine Ansicht aus den 1970er Jahren, deren Traumhaftigkeit mit folgender Bildunterschrift beschrieben wurde. "Alles war grün, es gab Springbrunnen, die Straßen waren morgens um sieben gereinigt: Schewtschenko, das heute Aktau heißt, in den siebziger Jahren." Auf dem Foto war entlang einer begrünten Promenade zu beiden Seiten ein räumliches Ensemble 'modernistischer Architekturmodule' zu sehen, wie man sie von anderen europäischen Stadterweiterungen der 1960er Jahre kennt. Die Strukturierung der Promenade mit ornamentalen Pflanzfeldern und eine zeltartige, an die Form einer Jurte erinnernde, Betonüberdachung eines Gebäudeteils ließen darüber hinaus regionale Einflüsse in der Gestaltung vermuten. Meine Motivation für diese Reise war es, den Traum verstehen zu lernen und nachzuschauen, was aus ihm geworden ist. Mit dem Medium der Fotografie versuchte ich den konzeptionellen Raum, der sich zwischen der Behauptung und der tatsächlichen Umsetzung eines Traums, seiner augenscheinlichen Zerstörung und seines Verfalls auftut, zu beschreiben und sichtbar zu machen…

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.07.2021

Rezensent Michael Freerix empfiehlt einen Blick auf die Fotos von Birgit Schlieps. Wie die Fotografin die Stadt Aktau am Kaspischen Meer einfängt, scheint ihm besonders in mehrfacher Hinsicht. Schlieps tritt ihm als Künstlerin, Analystin und Abenteuerin zugleich entgegen, die das Theoretische behutsam aus dem Bildmaterial heraus entwickelt. Zu sehen ist laut Freerix ein sehr widersprüchlicher Ort, eine Retortenstadt in der Wüste, an deren architektonischer Erscheinung sich die Entwicklung der Region und ihrer Menschen ablesen lässt, vom Nomadenland über den Uran- und den Ölboom und seine sozialistischen Bauten bis zu den individualistischen Protzvillen der Neureichen. Wie die Autorin Bild und Text kombiniert und die Manifestation der Politik in Architektur und Stadtplanung herausarbeitet, findet Freerix so sinnlich wie fachlich versiert.
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