Arthur Schnitzler

Ein Liebesreigen

Die Urfassung des 'Reigen'
Cover: Ein Liebesreigen
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783100735614
Gebunden, 279 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Gabriella Rovagnati. Presse und Öffentlichkeit reagierten 1903 höchst empört auf die erste Buchausgabe des "Reigen". Ein Prozess wegen "schweren Ärgernisses" nach der Berliner Uraufführung 1920 erhitzte die Gemüter, in den Kammerspielen in Wien brachen Saalschlachten aus. Die jetzt in der Bibliotheca Bodmeriana zu Cologny/Genf entdeckte erste handschriftliche Fassung hat Schnitzler im Winter 1896/97 in großer, eiliger Schrift aufs Papier geworfen. Von den frühesten Korrekturen an war er offenbar bestrebt, möglicherweise anstößige Stellen zu eliminieren, sogar durch Neuformulierung ganzer Szenen, wie die Vorstufen zu den letzten zwei Dialogen zeigen. Die Herausgeberin erschließt das neugefundene Material durch einen kritischen Apparat und kommentiert es in ihrer einführenden Studie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2004

Sehr erfreut zeigt sich Andreas Bernhard über diesen Band, der die im Winter 1896/96 entstandene Urfassung von Arthur Schnitzlers "Reigen" bietet, die Gabrielle Rovagnati vor kurzem in der Bibliotheca Bodmeriana bei Genf entdeckt hat. Das Vergnügen der Lektüre besteht für Bernhard insbesondere darin, dass der Text die Genese eines der meistdiskutierten Theatertexte des 20. Jahrhunderts nachvollziehbar mache. An dieser Urfassung sei auch zu ersehen, dass Schnitzlers "Reigen", der einen der größten Skandale in der deutschen Theatergeschichte ausgelöst hatte, im Grunde ein diskret angelegtes Stück sei. So demonstriert Bernhard am Urtext, dass Schnitzler während der Entstehung des Stücks darauf achtete, jede unnötige Freizügigkeit zu vermeiden. Einen Schwachpunkt des Bandes erblickt Bernhard im einleitenden Essay der Herausgeberin. Dieser sei von einer "merkwürdig hölzernen Literaturpsychologie" gekennzeichnet. Das ändert seines Erachtens allerdings nichts an der Bedeutung dieser Edition.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.08.2004

Der Fischer Verlag ist mit dem sensationellen Fund von Arthur Schnitzlers verschollen geglaubtem Manuskript des "Reigens" äußerst würdevoll umgegangen, befindet der "Jdl" zeichnende Rezensent. Anhand des Manuskripts sei zu erkennen, wie Schnitzler viel politisch und erotisch Explizites zur "minimalistischen sprachlichen Geste" reduziert habe. Der Rezensent freut sich über die "vorzüglich gestaltete Ausgabe" und den "glänzenden" Essay der italienischen Germanistin und Herausgeberin Gabriella Rovagnati, die das Manuskript im Schweizer Cologny gefunden hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.06.2004

Von einem solchen Fund träumt jeder Germanist, vermutet Hans-Albrecht Koch und schreibt diesen Erfolg dem "Glück des Tüchtigen" zu, das sich in diesem Fall die Mailänder Germanistin und Übersetzerin Gabriella Rovagnati erarbeitet hat. Sie ist in der Bibliotheca Bodmeriana in Cologny bei Genf auf die handschriftliche Urfassung des "Reigen" von Arthur Schnitzler gestoßen, die abweichende Vorstufen und Korrekturen enthält und somit, freut sich Koch, eine ganz neue Lesart des "Reigen" ermöglicht. Bei den verworfenen Stellen geht es, teilt Koch mit, um Vorstufen des neunten und zehnten Dialogs (Schauspielerin/ Graf; Graf/ Dirne). Als hätte Schnitzler den kommenden Skandal geahnt, habe er bereits im Vorfeld viele Anzüglichkeiten getilgt, lautet eins der wichtigsten Ergebnisse von Rovagnatis Untersuchungen; des weiteren seien alle Stellen gestrichen, die in der Antisemitismus-Debatte oder als Zeugnisse jüdischen Selbsthasses hätten herangezogen werden können. Auch eine dialogische Ärztesatire ist dem Strich zum Opfer gefallen. Der Herausgeberin gelinge es auf spannende und höchst anschauliche Weise, lobt Koch, die Entstehungsgeschichte des "Reigen" nachvollziehbar zu machen. Beispielsweise verbinde sie die Handschrift mit Datierungen im Tagebuch, ohne in einen "vordergründigen Biografismus" zu verfallen. Ihr Text lese sich für Liebhaber des "Reigen" wie ein Essay und nicht wie ein literaturwissenschaftlicher Text, der zugleich strenge Philologie betreibt.
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