Gunilla Palmstierna-Weiss

Eine europäische Frau

Erinnerungen
Cover: Eine europäische Frau
Verbrecher Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783957325174
Gebunden, 600 Seiten, 39,00 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen von Jana Hallberg. Ausgehend von ihren Vorfahren in Deutschland und Schweden beschreibt Gunilla Palmstierna-Weiss ihr Leben: eine jüdische Buchdrucker-Familie mütterlicherseits und der Großvater väterlicherseits, Außenminister der ersten sozialdemokratischen Regierung in Schweden. Im Zweiten Weltkrieg konnte ihre Familie mit dem letzten Zug aus Nazideutschland nach Holland fliehen. Palmstierna-Weiss erzählt vom Erwachsenwerden in den dunklen Jahrzehnten. Erst nach ihrem Studium in Amsterdam und Paris kommt sie endgültig zurück nach Schweden und erlebt die Boheme in den 50ern in der Stockholmer Altstadt. Im Zuge ihrer Arbeit am Theater lernt sie Peter Weiss kennen, den sie heiratet und mit dem sie auch eine Arbeitsgemeinschaft bildet. Viele Reisen prägten ihr Leben (USA, Mexiko, Kuba und Vietnam). Erst machte sie als Keramikerin Karriere, schließlich entschloss sie sich Theater- und Opernausstatterin zu werden. Dies führte zur Zusammen arbeit mit einer Vielzahl an bekannten Regisseuren: Ingmar Bergman, Peter Brook, Fritz Kortner, Götz Friedrich in Stockholm, München, New York und der ganzen Welt. All diese, aber auch Freundinnen wie Siri Derkert oder Freunde wie Olof Palme werden von Palmstierna-Weiss liebevoll porträtiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2022

Mit Bewunderung und Sympathie liest der hier rezensierende Schriftsteller Jochen Schimmang die Erinnerungen der vor wenigen Tagen gestorbenen Gunilla Palmstierna-Weiss. Er verfolgt gebannt ihre Entwicklung als Künstlerin, ihre Ehe mit dem Schriftsteller Peter Weiss und ihr gemeinsames Leben im Zirkel europäischer Intellektualität. Besonders einnehmend findet er, wie Palmstierna-Weiss von ihrer Arbeit als Bühnenbildnerin erzählt, ihrem "Denken in Bildern", ihren Koproduktionen mit Regisseuren wie Peter Brook und Ingmar Bergman. Für die größte Stärke des Buches hält er jedoch ihre Kunst, Menschen zu porträtieren. Allein diese Wärme und Freundschaftlichkeit lohnen die Lektüre.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.11.2022

Nach Helmut Böttigers hymnischer Besprechung der Autobiografie von Gunilla Palmstierna-Weiss möchte man das Buch sofort lesen. Fast wie ein "Bühnenstück" erscheint dem Kritiker das Leben der Bühnenbildnerin und Theaterdramaturgin - und doch ist alles wahr, versichert er. Es geht keineswegs nur um die Beziehung mit Peter Weiss, fährt der Kritiker fort, viel zu entschieden verfolgte Palmstierna-Weiss ihre eigene Kunst. Dennoch ist es für Böttiger faszinierend, vom Kennenlernen der beiden in der schwedischen Provinz, von Zusammentreffen mit Beckett oder gemeinsamen Projekten zu lesen. Vor allem aber geht es um traditionelle Rollenbilder und die Benachteiligung von Frauen, erklärt der Rezensent, der hier etwa von Gunillas Mutter Vera liest, die Seminare bei Freud besuchte, Psychoanalytikerin werden wollte und sich nach zwei Ehen, in denen jede Ambition unterdrückt wurde, das Leben nahm. Darüber hinaus begleitet Böttiger die Autorin durch die künstlerischen Avantgarden jener Jahre oder liest amüsiert, wie entgeistert Siegfried Unseld auf ihre Ansprüche reagierte. Dass Palmstierna-Weiss weitgehend auf Theorie verzichtet, dafür gefühlvoll und dennoch "realistisch" schreibt, verbucht Böttiger als Gewinn.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2022

Die Autobiografie der Bühnenbildnerin und Künstlerin Gunilla Palmstierna-Weiss, einst Ehefrau von Peter Weiss, wirkt auf Rezensentin Michaela Maria Müller wie "Sozial-, Kultur-, und Theatergeschichte und Bildungsroman zugleich". Im Leben der 1928 in Lausanne geborenen Autorin, deren Mutter aus einer jüdischen Familie stammt, spiegelt sich das europäische 20. Jahrhundert mit allen Katastrophen und Abgründen wider: Antisemitismus, Krieg, Flucht, Neuanfang im Großen - Bühnenkarriere, (gescheiterte) Experimente mit offenen Beziehungen im Kleinen. Besonders beeindruckt ist die Kritikerin vom offenen, um Verständnis "von allen Seiten" bemühten Blick, mit dem Palmstierna-Weiss ihr Leben Revue passieren lässt - und von den Begegnungen, anhand deren sie ihr Leben erzählt: Peter Brook, Ingmar Bergman, Anna Seghers, Agnès Varda - sie alle spielten im Leben von Gunilla Palmstierna-Weiss eine Rolle.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 07.10.2022

Rezensent Jörg Magenau bewundert, wie es der Bühnenbildnerin und Autorin Gunilla Palstierna-Weiss in ihrer Autobiografie gelingt, den Abgrund des Todes, aber auch die schöne Energie der Kreativität spürbar zu machen, die ihr eigenes und das Leben ihres Partners Peter Weiss prägten. Das Buch erzählt laut Magenau die Familiengeschichte der Autorin, wird so richtig interessant aber erst, wenn es um die Jahre mit Weiss geht. Als "Paarbiografie" überzeugt der Band Magenau nicht zuetzt mit einem Zeitpanorama der 60er und 70er Jahre, in dem die Gruppe 47, Ingmar Bergman und Ulrike Meinhof ihren Auftritt haben.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.09.2022

Gunilla Palmstierna stammt aus einer adligen Familie in Schweden, was bei der ersten Begegnung mit ihrem späteren Ehemann, dem kommunistischen Schriftsteller Peter Weiss, nicht so gut ankam: "Wohl auf einem Landsitz geboren", war sein erster Satz, erzählt Rezensent Ulrich Rüdenauer. Tatsächlich war Palmstierna jedoch eine moderne, künstlerisch begabte Frau mit einer turbulenten in vielen europäischen Ländern verbrachten Kindheit, von der sie in vier Sprachen erzählen konnte. Und so ist auch diese Autobiografie, versichert der beeindruckte Rezensent: Peter Weiss kommt natürlich vor, aber vor allem ist sie eine lebendige Kulturgeschichte, die gesellschaftlichen Debatten und Begegnungen mit anderen Künstlern reflektierend.