Don DeLillo

Der Engel Esmeralda

Neun Erzählungen
Cover: Der Engel Esmeralda
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2012
ISBN 9783462044584
Gebunden, 246 Seiten, 18,99 EUR

Klappentext

Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Frank Heibert. Die Karibik, Griechenland, Manhattan, ein Gefängnis für Wirtschaftsdelikte und das Weltall sind die Schauplätze dieser neun Erzählungen, die gleichsam als Kondensat des einzigartigen Oeuvres DeLillos gelesen werden können. Oft geht es in den Geschichten um Individuen, die sich in rätselhaften oder beängstigenden Umständen wiederfinden: ein Paar, durch einen tropischen Sturm festgehalten auf einer karibischen Insel, konfrontiert mit unzuverlässigen Flugauskünften - und einer alleinreisenden Frau. Zwei Männer in einer Raumkapsel, die auf einen von Stürmen und Kriegen zerrissenen Erdball herabschauen und Radiostimmen aus einer vergangenen Zeit hören. Zwei Nonnen, die als Streetworker in der South Bronx arbeiten und ein Wunder beglaubigen: die nächtliche Erscheinung eines ermordeten Kindes auf einer Werbetafel - der Engel Esmeralda.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.12.2012

Don DeLillo ist bisher nicht für seine Kurzgeschichten bekannt, weiß Eberhard Falcke, meist dienten kürzere Erzählungen als Vorstudie zu seinen Romanen oder gingen als Episoden in ihnen auf. Der Band "Der Engel Esmeralda" hat das Zeug, das zu ändern, glaubt der Rezensent und betont, dass es sich bei den neun darin enthaltenen Erzählungen aus der Feder DeLillos nicht einfach um "Nebenprodukte" eines Romanciers handelt, auch wenn manches hier oder da, etwa in "Unterwelt", bereits Verwendung gefunden haben mag. Im Folgenden bringt Falcke knappe Zusammenfassungen der einzelnen Geschichten und stellt erfreut fest, dass sich das aus seinen Romanen bekannte Talent DeLillos, Abstraktionen, "die das Hier und Jetzt auf den Punkt bringen", in seine Erzählung zu integrieren, auch in den kürzeren Texten niederschlägt. Ein äußerst lesenswerter Band also, bilanziert Falcke, "hochaktuell und von staunenswerter erzählerischer Intelligenz".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.11.2012

Für Rezensent Christoph Bartmann bleibt Don DeLillo der unangefochtene "Meister der zeitgeist anxiety". Dennoch muss der Kritiker gestehen: Ganz so überwältigt wie seine Kollegen ist er nicht von dem neuen nun unter dem Titel "Der Engel Esmeralda" erschienenen Band. Die neun hier versammelten älteren und neueren Erzählungen aus den Jahren 1979 bis 2011 erscheinen Bartmann bisweilen inhaltlich etwas dünn; zugleich drängt sich dem Rezensenten der Eindruck auf, dass die von DeLillo heraufbeschworenen Bedrohungstopoi wie Finanzkriege oder Terrorismus im Blick auf die Realität an Relevanz verlieren. Nichtsdestotrotz ist der Kritiker einmal mehr tief beeindruckt von der atmosphärischen Dichte und "leisen Dramatik" der Erzählungen, die sich ihm etwa in der Geschichte um eine auf Griechenland lebende Amerikanerin, die in der Stille angespannt das herannahende Erdbeben erwartet, offenbart. Darüber hinaus bewundert der Rezensent den Autor, den er hier erstmals geradezu "menschenfreundlich" und humorvoll erlebt, für seine Kunst, einzelne Sätze mit ungeheurer Schlagkraft zu formulieren.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.10.2012

Ein grandioses Bild der Gegenwart durfte Rezensent Christian Metz mit diesem Erzählband von Don DeLillo schauen. Dass der Autor auch die Short Story meisterhaft beherrscht, ist für ihn zweifellos, seit er die neun zwischen 1979 und 2011 entstandenen Texte gelesen hat. Ausgehend von der Charaktereigenschaft der Hochsensibilisiertheit erzählt DeLillo in allen diesen Erzählungen Varianten einer Alltagsverrücktheit durch. Laut Metz lagern sich an die besondere Wahrnehmung der jeweiligen Figur Gedanken und Beobachtungen an (etwa die Mutmaßung einer Infektionskrankheit bei dem beobachteten Objekt), aber keine Lösungen. So wird zwar die kulturgeschichtlich relevante Frage nach der subjektiv erfahrenen Welt und ihrem Wahrheitsgehalt gestellt, aber nicht beantwortet. Für Metz typisch DeLillo, genau wie die kalkuliert gesetzten Aktualitätseffekte.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2012

Angela Schader führt ausführlich durch alle hier versammelten Kurzgeschichten, ein bei DeLillo eher seltenes Genre, wie sie betont. Umso erstaunter ist sie über Stimmigkeit über Jahrzehnte hinweg: Immer wieder geht es in den Geschichten um Wahrnehmung, um "tricks of light", so der amerikanische Ausdruck für optische Täuschung, der aber nicht ganz das gleiche besage. Im Sprung von der faktischen Gaukelei zur Eigenleistung eines fehlgehenden Sinneseindrucks tut sich der Rezensentin "die Essenz des Bandes" auf, die für sie durch alle Erzählungen des Bandes dekliniert wird.
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