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Suchwort: "Sterben"
Stichwort: Sterbehilfe - 10 Artikel
Essay 13.11.2014 […] die anhaltend moralisierende Abwehr sich pluralisierender Umgangsformen mit Tod und Sterben. Denn "die ethischen Diskussionen über das Sterben sind nicht Ausdruck von Moralverlusten, wie immer wieder beschworen wird, als vielmehr die Folge gestiegener Sensibilitäten und das Ergebnis einer Personalisierung von Sterben und Tod. Eine solche Personalisierung führt unweigerlich zu einer wachsenden Pluralisierung […] unbefriedigend. Drei von hunderttausend Menschen erkranken an Glioblastomen, nicht alle müssen innerhalb weniger Monate daran sterben. So ist das Leben nicht. Und auch das Sterben nicht so qualvoll.
Sowohl Arcand als auch das Team von "Emergency Room"13 haben das verfrühte Sterben ihrer Protagonisten klar als Ausnahme geschildert, die das gesamte Umfeld und mit ihm die Zuschauer umso fassungsloser teilnehmen […] aus der französischen Tradition in Erinnerung zu rufen, die aus verständlichen Gründen bislang überhört wurde: "Die Besinnung auf den Tod ist Besinnung auf die Freiheit. Wer sterben gelernt hat, der hat das Dienen verlernt. Sterben zu wissen, befreit uns von aller Unterwerfung, von allem Zwang." Diese Sätze schrieb Michel de Montaigne 1572 nieder4, zur gleichen Zeit, als Jean Bodin die Souveränität als […] Von
Daniele Dell'Agli
Essay 13.10.2014 […] dem selbstbestimmten Sterben, soviel ist inzwischen deutlich geworden, betrifft nicht nur die kleine Minderheit derjenigen, die bereits die Schwelle zum Nichtsein erreicht haben. Denn man kann die demografische Entwicklung nicht von einer sich verändernden Haltung zum Sterben und zum Tod abkoppeln. Will heißen: es gibt ein menschenwürdiges Alter nur ohne Angst vor dem Sterben. Dazu gehört essenziell […] mag dieses ein paar Tage oder viele Jahre umfassen. Die Möglichkeit, sterben zu können, das Sterben im Potentialis vor sich zu haben, heißt dem Tod den Schrecken des factum brutum zu nehmen, das alle Realität zunichte macht, mit anderen Worten: doch noch Zukunft zu haben. Denn wenn ich mich - wenn es soweit ist, eines Tages - sterben lassen kann, dann kann ich auch weiterleben bis zu jenem Tag, dann […] n Arena gleicht, die Problematik des Suizids.
Bislang wurde die absurde Diskussion darüber, wer überhaupt sterben darf, bevor "seine Zeit" gekommen ist (und er dabei auf fremde Hilfe angewiesen ist) - absurd deshalb, noch einmal sei es gesagt, weil die Medizin kein "natürliches" Sterben mehr zulässt und überdies den Zeitpunkt des physischen Sterbens immer weiter über den des psychischen und sozialen […] Von
Daniele Dell'Agli
Essay 01.10.2014 […] zufällig tödlichen Begleiterscheinungen ihres Lebenswandels gar nicht hätten sterben müssen. "Aber du stirbst nicht, weil du krank bist, du stirbst, weil du lebst": Wer diesem Satz Montaignes zustimmt, kann nicht umhin, die nächste Systemfrage zu stellen: Wollen wir uns wirklich damit abfinden, dass Altwerden und Sterben zusehends zur Domäne von Disease-Managern und Versicherungsjuristen, von Fürs […] ele aus der Praxis des Notfallmediziners beklemmendes Plädoyer für die Humanisierung des Sterbevollzugs trägt den Titel Wie wollen wir sterben? Michael de Ridder spielt damit auf den berüchtigten Klassiker der Perimortalliteratur der neunziger Jahre Wie wir sterben von Sherwin B. Nuland an, der als erster das ganze Ausmaß des trostlosen Krepierens in Krankenhäusern öffentlich machte.[22] De Ridder […] Paradoxie der Frage, wie wir sterben wollen, wo wir es doch müssen und von wollen demnach keine Rede sein kann, löst sich auf, wenn man sie als Negativfolie jener anderen Grundfrage liest, deren Antwort erst Rückschlüsse auf den modus moriendi erlauben würde: Wie wollen wir denn eigentlich leben? Diffus ahnt jeder, dass die Art wie wir leben eines Tages bestimmen wird, wie wir sterben und ob wir das, was wir […] Von
Daniele Dell'Agli
Essay 26.09.2014 […] wird anzugeben, wann Leben in Sterben übergeht und dieser Prozess an sein Ende kommt; oder weil wir, wie Wald-und-Wiesen-Philosophen unermüdlich predigen, ohne reflexives Innewerden unserer Endlichkeit vergeblich nach einem Sinn in unserem Dasein suchen würden. Vielmehr tangieren die immer lauter und unabweisbarer sich meldenden Forderungen nach einem selbstbestimmten Sterben unmittelbar die Fragen eines […] stehen stattdessen das Verbot von Sterbehilfeorganisationen und damit das Verbot der assistierten Selbsttötung.
Man könnte meinen, das seien nun wahrlich periphere Themen, minority issues halt. Sterben tut in Deutschland pro Jahr jeder Hundertste, zehntausend Suizidanten samt Dunkelziffer eingerechnet, die Zahl der Hinterbliebenen bleibt überschaubar. Doch der statistische Schein trügt. Denn der […] der Moderne ohnehin jede theologische Grundlage entzogen hatten, abzulösen.[2] Forciert wurde und wird die Dynamik dieses Paradigmenwechsels von einem medizinischen Fortschritt, der seinerseits das Sterben zu einer Lebensphase sui generis auszudehnen begann, so dass spätestens seit Mitte der neunziger Jahre, von einzelnen spektakulären Fällen oder Gerichtsurteilen, Nachrichten aus dem benachbarten Ausland […] Von
Daniele Dell'Agli
Essay 30.07.2014 […] ob er sterben möchte. Autonomie ist ja wichtig in unserer westlichen Gesellschaft: Wir dürfen selber entscheiden, wo wir leben, was wir denken und wollen, wen wir heiraten. Dann erscheint es nur logisch, dass man auch selber entscheiden darf, wann man stirbt.
In den Niederlanden ist diese Debatte vorerst beendet. Ein Arzt darf einem Patienten, der schwer leidet und darum bittet zu sterben, Medikamente […] und nur ganz selten gibt es da Unregelmäßigkeiten. Die große Mehrzahl betrifft Menschen, die an Krebs erkrankt sind, eine nur noch kurze Lebenserwartung haben und mit Hilfe des Hausarztes zu Hause sterben. Dies sind die schon erwähnten "klassischen Fälle", die gibt es wirklich und die lassen sich gut regulieren.
Es gibt aber auch die nicht oder nur halbwegs regulierte Sterbehilfe ohne Verlangen, die […] es im niederländischen Fernsehen sagte, als sie über ihr schwerbehindertes Kind sprach: "Es weiß nichts, es kann nichts, es ist eigentlich nichts." Dieses Kind wird wohl an der nächsten Infektion sterben. Die Mutter hat das Heim, in dem ihre Tochter lebt, angewiesen, auf medizinische Behandlung zu verzichten: keine Antibiotika fur die behinderte Tochter. Was dabei auffällt, ist womöglich nicht, dass […] Von
Gerbert van Loenen