Magazinrundschau - Archiv

Cabinet

3 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 25.11.2014 - Cabinet

Alexi Worth erzählt von dem Schock, den der Maler Eugène Delacroix und seine Freunde erlebten, als sie 1853 erstmals Aktfotografien von Eugène Durieu sahen und die Modelle mit Akten des Renaissancekünstlers Marcantonio Raimondi verglichen, der nach Vorlagen von Raphael and Michelangelo gearbeitet hatte. Gegen diese idealisierten Renaissancemenschen sah das Paar auf den Fotos ziemlich unattraktiv aus. Und doch! "Wie der mythische Paris drei nackte Göttinnen beurteilen sollten, so sollten Delacroix" Freunde zwischen den beiden verschiedenen Arten nackter Körper wählen: der Göttin der Zeichenkunst oder der Göttin der Fotografie. Und sie wählten tatsächlich. Obwohl keiner aus Delacroix" Gruppe die Fotografien besonders mochte, stellten sie fest, dass die Stiche von Marcantonio, nachdem sie die Fotos betrachtet hatten, transformiert worden waren. Sie waren nicht länger bewundernswert, sondern plump, sogar grotesk. "Wir erlebten", schrieb Delacroix in seinem Tagebuch, "ein Gefühl der Abscheu, fast Ekel, vor der Unkorrektheit, der Manieriertheit, dem Fehlen jeder Natürlichkeit, trotz der Qualitäten des Stils - der das einzige war, was man bewundern konnte. Doch in diesem Moment konnten wir ihn nicht mehr bewundern." Diese wenigen Worte, aufgezeichnet bei einer bescheidenen sozialen Zusammenkunft, dokumentieren eine historische Wasserscheide: den Moment, als Fotografien die Kunst der Vergangenheit verfremdete."

Magazinrundschau vom 07.01.2014 - Cabinet

Sasha Archibald schreibt eine kleine Hymne auf den großen Make-up- und Perückenkünstler Max Factor, der mit acht Jahren in einer Apotheke im polnischen Lodz anfing und später mit seinem Künsten den Hollywoodfilm prägte. Denn in den Zwanzigern musste mit dem Film auch das Make-up der Schauspieler ständig neu erfunden werden. Aber Factor konnte noch mehr: Er konnte Schauspielern zu einer neuen Karriere verhelfen. "Als Rudolph Valentino sich beklagte, dass er immer Gangster oder Verrückte spielen müsse, entwickelte Factor eine spezielle Schattierung von Schminke, die seine Haut aufhellte und lancierte so Valentinos Karriere als Herzensbrecher. Colleen Moores Augen waren verschiedenfarbig, ein Problem, dass Factor [der auch Perückenmacher war] mit einem extremen Haarschnitt löste: Moores gerader Pony lenkte nicht nur von ihren Augen ab, er wurde emblematisch für den Flapper der zwanziger Jahre. [...] In den späten Zwanzigern begannen die Produzenten, mit panchromatischem Film zu arbeiten, der hellere Farben besser naturgetreuer wiedergab. Daraufhin setzte eine Manie für blonde Schauspielerinnen ein. Factor trug seinen Teil dazu bei, indem er ein neues Haarbleichmittel für Jean Harlows Darstellung in dem Film 'Gallagher' entwickelte. Die Farbe war so auffällig, dass die PR-Leute den Film umbenannten: Platinblond - die Farbe und der Film - machten Harlow zum Star."

Hier ein kleiner Eindruck:


Magazinrundschau vom 13.08.2013 - Cabinet

Der Literaturprofessor Leland de la Durantaye weist auf den Zusammenhang zwischen Mode und Tod hin, den Giacomo Leopardi in seinen "Operette morali" beschrieb. "Vertraulich spricht die Mode zum Tod: 'Du und ich zusammen machen die Dinge auf der Erde ungeschehen oder verändern sie, obwohl du es auf die eine Art tust und ich auf die andere.' Der Punkt in beiden Dialogen ist, dass der Tod nur vom privaten Blickpunkt einer Person oder eines Dings als Ende angesehen wird. Aus weiterer Perspektive, egal ob bei einem Isländer oder einer ganzen Galaxie, ist alles Wandel und Erneuerung. Das nimmt dem Tod allerdings nicht seinen Stachel."