Ljudmila Ulitzkaja

Reise in den siebenten Himmel

Roman
Cover: Reise in den siebenten Himmel
Volk und Welt Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783353011831
Gebunden, 512 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Von einem Arzt mit hellseherischen Gaben, seiner Liebe, seinen Konflikten und seinem Scheitern handelt dieser Roman. Das Leben einer Handvoll Menschen verschiedener Generationen und mit den unterschiedlichsten Biografien verbindet Ljudmila Ulitzkaja durch ihre erzählerische Meisterschaft zu einem Roman über Glück und Verzweiflung, Einverständnis und Tragik, Schuld und Sühne, Leben und Tod, in dem die großen ethischen Fragen unserer Zeit ebenso präsent sind wie eind halbes Jahrhundert russischer Geschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.01.2002

Stefanie Holzner ist enttäuscht von Ljudmila Ulitzkaja neuem Roman, nachdem ihr Erzählband "Olgas Haus" von 1999 zu Recht, wie sie findet, große Aufmerksamkeit erregt hatte. Schon allein im Lebenslauf des Arztes Pawel mit seinem "wunderkindartigen Betragen", das im späteren Berufsleben als Arzt in eine übernatürliche Begabung zu münden scheint, bemängelt die Rezensentin einen nicht nachvollziehbaren Bruch. Aber auch alle anderen Personen des Romans sind ihrer Meinung nach eher konturenlos, und der Leser bleibe von ihren Schicksalsschlägen "merkwürdig unberührt". Die wesentliche Ursache hierfür sieht Holzer jedoch in der Tatsache, dass das Leben im Moskau der sechziger Jahre hinter den märchenhaft anmutenden Einzelschicksalen zurücktritt und es sogar zu einem positiven Bild verzerrt zu werden scheint. Bisweilen mache sich zwar "die realexistierende Sowjetunion in diesen Märchen" bemerkbar, wenn zum Beispiel ein Freund der Familie des Arztes im Arbeitslager verschwindet. Da dieser Freund aber irgendwann einfach wieder da ist, sei sein Schicksal nicht fassbar, kritisiert die Rezensentin. Vom Leben unter Stalin, Chruschtschow und Breschnjew könne man sich durch diesen Roman jedenfalls kein Bild machen, bedauert sie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.03.2001

Franz Haas stellt die Autorin mit diesem Roman in die "beste russische Tradition", womit er meint, dass das Buch "ohne innovative Kunststücke" auskommt und nicht ohne Witz die Geschichte einer Moskauer Großfamilie schildert. Die Biografien der einzelnen Familienmitglieder werden nach Haas in epischer Breite und äußerst detailliert geschildert, dazu kommen allerhand schreckliche Ereignisse, die durch die politischen Verhältnisse bedingt sind. Dass die Autorin an dieser Stoffmenge keineswegs scheitert, liegt nach Ansicht des Rezensenten vor allem daran, dass Ulitzkaja Ironie sehr gezielt und gut dosiert einsetzt und auch an ihrem Gespür für "Untertöne und Nebensachen". Die Prosa zeichnet sich nach Haas durch ihre geschickte Konstruktion mit Seitenlinien durch eine angenehme Flüssigkeit aus, ohne dabei gewöhnlich zu wirken. Insgesamt ein "leuchtendes Bild der Epoche, ein eindringliches Gemisch aus Küchenwirtschaft und Weltgeschichte, Staatsterror und Liebesglück", so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2001

Schamma Schahadat informiert den Leser in ihrer Rezension zunächst ausführlich über den Inhalt dieses Romans, in dem ein Arzt und seine Familie im Vordergrund stehen. Dieser Arzt ist etwas Besonderes, denn er verfügt über einen Röntgenblick, den er immer dann verliert, wenn er sich verliebt. Außerdem - so Schahadat - gibt es eine Frau, die ihr Leben zugunsten einer "anderen, mystischen Realität" aufgibt. Für die Rezensentin steht Ulitzkaja mit diesen Phantasien in bester russischer Tradition, gleichzeitig sei sie jedoch weniger avantgardistisch als einige ihrer Zeitgenossen. In epischer Breite schildere die Autorin die Lebensläufe der Familienmitglieder in einem Zeitrahmen, der sich vom Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der Sowjetunion erstreckt. Doch obwohl die politischen Ereignisse auch angesprochen werden, so stehen für Schahadat in erster Linie die Themen "Biologie, Geburt und Tod, Erbmasse und Genetik" im Vordergrund. Dass Ulitzkaja hierfür die epische Form gewählt hat, scheint der Rezensentin plausibel. Bedauerlich findet sie jedoch, dass dabei- verglichen mit Ulitzkajas Erzählungen - die "pointierte Darstellung" zuweilen etwas leidet.
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