Georg M. Oswald

Im Himmel

Roman
Cover: Im Himmel
Rowohlt Verlag, Reinbek 2003
ISBN 9783498050351
Gebunden, 185 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Paradies nennen die Einwohner von Welting am Starnberger See das am Ufer gelegene reiche Villenviertel. Dort geht es zu, wie man sich das Leben in Paradiesen dieser Art so vorstellt. Man hat Geld und zeigt es auch. Es wird geprotzt und gefeiert - doch wird man das Gefühl nicht los, dass die Beteiligten ahnen, dass die große Party längst vorüber ist. Protagonist dieses Romans ist der zwanzigjährige Marcel. Er erzählt die Geschichte seiner letzten großen Ferien: von Pool-Partys, die regelmäßig in Umnachtung enden, von den Nachbarn, wo Mutter und Tochter sich einen Liebhaber teilen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.02.2004

Anachronistisch findet Susanne Messmer den neuen Roman des Münchner Anwalts Georg M. Oswald, der die Luxusprobleme eines Zwanzigjährigen aus reichem Hause schildert. Aus der Sicht dieses Jungen, der gerade zum dritten Mal die zwölfte Klasse wiederholen muss, beschreibt der Autor das Lotterleben "im öden Villenviertel am Starnbergersee". Soweit so gut, meint die Rezensentin, doch leider entschlage sich Oswald nicht, seine Beobachtungen in den Rang genereller Aussagen über eine Generation zu heben und moralinsauer eine dekadente Lebensweise zu entlarven, die es so wohl kaum mehr gebe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.12.2003

Kristina Maidt-Zinke kann dieser neuen Erzählung des Münchner Romanciers Georg M. Oswald rein gar nichts abgewinnen. Bei dem Versuch, Substanz aus dem Kokettieren mit der "eigenen Belanglosigkeit" zu ziehen, sei Oswald in "gehobener Primanerprosa" steckengeblieben, schreibt die maßlos enttäuschte Rezensentin. Der jugendliche Protagonist und Ich-Erzähler Marcel, zwar "schriftstellerisch ambitioniert" doch "schulisch leicht retardiert", ist ihr zu blass und fahl geblieben, vermag er doch nicht zu überspielen, dass er nichts weiter als ein "moderat melancholischer Beobachter" ist. Dieser beginnt nach seiner Ankunft in einem "Nobelinternat" die Erlebnisse des zurückliegenden Sommers zu beschreiben, den er in seinem Heimatdorf verbacht hat, einer der Rezensentin zufolge "komfortablen Ödnis", in der der Luxus regiert, doch die Langeweile trotz Pegelsaufens fortwährend assistiert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2003

Nicht wirklich überzeugend sei der zweite Roman des Münchener Autors Georg M. Oswald, meldet Martin Krumbholz Bedenken an, die weniger am gewählten Sujet der Münchener Yuppie-Szene als am kommentierenden Moralismus des Erzählers Anstoß nehmen. In der Tat sei Oswald die Mimikry "einer halbreifen Reflexionsstufe überraschend gut gelungen", bemerkt der Kritiker. Der Ich-Erzähler ist ein 20jähriger junger Mann, der das hohle Tun und Treiben seiner reichen Freunde, Freundinnen und Eltern beobachtet und vor allem ein gestörtes Verhältnis der Väter zu ihren Söhnen feststellt. Einmal Sohn immer Sohn, umreißt Krumbholz die Problematik, auch wenn man selbst längst Vater sei, dadurch aber leider nicht in der Lage, die Vaterrolle auszufüllen. Anders als in seinem Erstling "Alles, was zählt" könnte Oswald dieser traurigen Gesellschaft diesmal keinen Witz abgewinnen, bedauert der Rezensent, alles versänke in einem Sumpf aus Trägheit und Langeweile. Möglicherweise hätte es dem Roman gut getan, sinniert Krumbholz, hätte sich der Autor weniger auf die psychologische Stimmigkeit der Reflexionen seines Ich-Erzählers und stattdessen auf seine eigentlichen Beobachtungen konzentriert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Hubert Winkels wünschte, Georg Oswald hätte ein bisschen mehr Wut im Bauch gehabt, als er diesen Roman verfasste. Andererseits will er ihm seine schlichte, "wohltemperierte" Erzählweise nicht zum Vorwurf machen, auch nicht den ironisch ummäntelten moralischen Zeigefinger, der hinter der Geschichte steht, die sein 20-jähriger Ich-Erzähler aus einer verkommenen deutschen Schickeria-Welt am Starnberger See erzählt. Das sei immer noch viel besser als "brutaler Zynismus mit hohem Unterhaltungswert und heimlichem Identifikationsangebot", wie man es von Amerikanern wie Easton Ellis und neuerdings McDonnell kenne. Aber: Der Preis für die "schlank und sauber gebaute Geschichte", die im übrigen Benjamin Leberts zweiten Roman recht ähnlich sei, ist Winkels zufolge "etwas Statisches" in der Entwicklung der Charaktere - und fehlender Biss.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.10.2003

Rezensent Christoph Schröder fürchtet, dass dieser Roman, der in besseren Gesellschaftskreisen am Starnberger See spielt, als "Affirmation" oder "Renaissance der Popliteratur" missverstanden wird. In Wahrheit, so der Rezensent nachdrücklich, handelt es sich um ein "subversives" Werk, das einen durchaus "moralischen" Anspruch hat. Schröder fühlt sich aufgerufen, die Beschreibung des Klappentextes zu korrigieren: nicht "'heiter', sondern saulustig" und dabei "bitterböse" sei die Geschichte um den 20-jährigen Marcel, der die "merkwürdigen Gepflogenheiten" der am Starnberger See ansässigen Familien minutiös aus einer gewissen Distanz, aber eben dennoch als einer der Ihren aufzeichnet, also von innen und außen zugleich. Daraus, so der Rezensent angetan, ergeben sich die "Spannung" und die "Pointen" des Romans. Fasziniert weist Schröder auf das "vollständige Fehlen jeglichen Bewusstseins" von sozialen Dimensionen bei den Protagonisten hin. Gerade darin sieht er das Politische des Romans. Dies, so der Rezensent angetan, ist auch die einzig mögliche "unpeinliche" Darstellungsweise des "Unbehagens", das der Autor offenbar bei der Betrachtung der geschilderten Zustände empfindet. Dass er ohne "Klassenkampf"-Parolen und "Fingerzeige auf 'die da oben'" auskommt, sichert ihm die Sympathien des Rezensenten, der dem Buch eine "beunruhigende" Wirkung attestiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.09.2003

Die Schönen und die Reichen haben in der Literatur gemeinhin einen schweren Stand, findet Martin Halter. Der Münchener Autor Georg M. Oswald habe keine Berührungsängste mit dieser "diskriminierten Minderheit", hebt Halter hervor, was eventuell mit dem von Oswald ausgeübten Anwaltsberuf zu tun haben könnte. Auch verfüge Oswald über einen sozial scharfen Blick, ein politisch klopfendes Herz und menschliche Anteilnahme, die nicht einfach verdammt, was anders tickt. Auch diesmal nimmt sich Oswald der "Generation Porsche" an, berichtet Halter mit Zurückhaltung, denn trotz allem Verständnis für die von zuviel Freiheit und Freizeit überforderte Jugend erscheint ihm das Geschilderte eher belanglos. Oswald erweise sich diesmal weniger als Bruder im Geiste eines Bret Easton Ellis oder Michel Houellebecqs, sondern als Verwandter von Derrick, der eine Herz-Schmerz- und Verrätergeschichte unter den "Happy few von Bogenhausen" zu erzählen hat. Dennoch betreibt Oswald, betont Halter, "keine peinliche Popliteratur". Denn selbst wenn er Riten und Marken der upper class schildere, halte er die "Rollenprosa des verwirrten Beobachters" durch, die einen außenstehenden Jugendlichen zum Erzähler macht. Eine Art "Crazy" für Erwachsene, schreibt Halter, der den Schluss allerdings als zu plakativ und missraten empfindet.
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