Christopher Hitchens

Widerwort

Eine Verteidigung der kritischen Vernunft
Cover: Widerwort
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart - München 2003
ISBN 9783421056122
Gebunden, 189 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Joachim Kalka. Christopher Hitchens ist ein streitbarer Geist. Seine Bücher über Mutter Teresa und Henry Kissinger haben heftige Proteste hervorgerufen. Wer wäre besser geeignet, über die hohe Kunst des Gegen-den-Strom-Schwimmens zu schreiben? In Briefen an einen jungen Menschen legt er seine Sicht dar: dass Kompromisse zu oft faul sind, dass man Leute ruhig durch Hartnäckigkeit langweilen darf, dass völlige Harmonie nicht das Ziel sein kann, wie es auch anders geht. Beispiele wie das mutige Auftreten Emile Zolas oder Nelson Mandelas unterstreichen seine Werbung für engagierte und kritische Widerborstigkeit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.06.2003

Frank Lübberding schreibt fast nur Gutes über Christopher Hitchens' neuestes Buch, fühlt sich aber dennoch nach der Lektüre so gesättigt wie nach Verzehr eines Hamburgers bei McDonalds. Pappsatt. Das mag daran liegen, versucht Lübberding zu erklären, dass sich Hitchens nicht entscheiden konnte, ob er eine Zeitdiagnose oder eine Autobiographie schreiben wollte. So ist ein Mischding daraus geworden, das sich teilweise wie eine Zusammenstellung aus Hitchens' Computerdateien lese. Ansonsten stimmt Lübberding ein großes Loblied auf Hitchens an, der erstens wenigstens Positionen beziehe, auch mal politisch nicht korrekte, wie etwa sein Engagement für Bushs Irakkrieg und zweitens nicht dem Hang deutscher Kolumnisten erliege, die eigene Rolle mit der eines Politikers zu verwechseln. Hitchens steht für Individualismus, erklärt Lübberding, das Engagement eines kritischen Intellektuellen in Amerika, das dort eben anders aussehe als hier.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.04.2003

Ein provokanter Gestus, meint Matthias Penzel, macht noch keine neue Einsicht. Zwar sei Christopher Hitchens ein so widerspruchslustiger wie belesener Geist, doch sein "Ratgeber zum Kritischsein" erzähle nicht nur von einem "Heer an Querdenkern", sondern auch von einem gehörigen Maß an Kalkül auf Seiten des Autors. Für Penzel erweckt die den Anschein, als würde sich Hitchens als Wiedergänger von Sartre und Brando inszenieren. Er gefalle sich als "Advocatus Diaboli", meint der Rezensent verärgert, und plaudere durchaus "clever" und klug, aber auch etwas oberflächig von denkerischem Wagemut und den zu bekämpfenden "Fürsprechern und Verkündern von Wir-Gefühlen". Penzels Fazit: "Schon schön und sexy, selbstsicher und sarkastisch, auch stilistisch mit vielen Wassern gewaschen - doch für anderes bleibt da kaum mehr Platz, und das ist schade."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.04.2003

Christopher Hitchens entwickelt in diesem Buch, so erfahren wir von Gustav Falke, "im plaudernden Ausbreiten" seines "reichen Lebens als Dissentierender" einige Regeln, die in der Frage weiterhelfen sollen, "wie man ein selbstbestimmtes Leben führt". Hitchens schreibt in Anlehnung an Rilkes "Briefe an einen jungen Dichter", an "einen jungen Unruhegeist" gerichtet. Wie Falke schreibt, sind die dabei entwickelten Regeln von der Art "man solle jedem Wir und jedem Konsens misstrauen" oder "man solle sich nicht durch den Hinweis auf Komplexitäten vom einfachen Bewusstsein des Rechten und Unrechten abbringen lassen". Falke enthält sich leider fast jeder Wertung. Am Ende nur wendet er die Aufforderung zum kritischen Denken dann gegen das Buch: "Ich, der Autor, bin ein kritischer Geist", sage das Buch, "und da die Leser vermutlich nicht zu den Unkritischen gehören, entsteht die Erbaulichkeit eines Wir, gegen das Misstrauen angebracht sein dürfte.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.04.2003

Man weiß zwar nicht genau, inwieweit das bei "upj" gelungen ist, aber Christopher Hitchens, meint der Rezensent, wolle uns alle aufrütteln mit seinem Buch. Viel zu denkfaul und angepasst seien wir dem britischen Journalisten, "mehr Verve in der öffentlichen Debatte" halte er deshalb für dringend nötig. Und nicht nur exzentrische Haltungen bitteschön, sondern auch eine ihnen entsprechende abweichende Lebensgestaltung, so wie der mutige Emile Zola seinerzeit oder all jene Dissidenten, denen man die Freiheit nahm. Mehr Risiko! Und, so zitiert ein offensichtlich noch ein wenig verzagter "upj" aus Hitchens Streitschrift: "Halten Sie Ihr Pulver für die kommenden Schlachten trocken."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.04.2003

Hans-Martin Lohmann hat mit Zustimmung zwei Bücher mit dem Aufruf zur kritischen Vernunft gelesen, die er besonders in der heutigen Zeit für wichtig hält, auch wenn er befürchtet, dass sie gerade jetzt wenig Beachtung finden werden. Christopher Hitchens' "Widerwort", dessen lockere Munterkeit ihm gefällt, überzeugt den Rezensenten mit seinem Plädoyer für eine lebendige Streitkultur. Er entnimmt dem Buch außerdem eine kritische Betrachtung des Humors, der laut Hitchens, trotz der eigenen humorvollen Schreibweise, häufig seine subversiven Eigenschaften eingebüßt habe. Drittens, so Lohmann zustimmend, beinhaltet das Buch "ein paar vernünftige Warnungen und Ratschläge": beispielsweise, dass eine wie auch immer gearteten "Identitätspolitik" auf ihre reaktionären Eigenschaften hin zu überprüfen sei. Lediglich bei der Haltung des britischen Autors, stets für ein klares Ja oder Nein zu entscheiden, zweifelt der Rezensent, denn seiner Ansicht nach gibt es ja leider Situationen, die so klar eben nicht beurteilt werden können.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.02.2003

Vom akademisch anmutenden deutschen Titel ("Verteidigung der kritischen Vernunft") sollte man sich nicht "irritieren" lassen, meint Rezensent Jens Bisky, hier handele es sich eher um die "Verhaltenslehre" eines Dissidenten. Was auch schon das erste Problem aufwerfe, denn wie lehrt man Dissidententum? Hitchens schreibt einem jungen Mann, der sich auflehnen will, und beruft sich dabei auf Rilkes "Briefe an einen jungen Dichter", was dem Rezensenten seltsam vorkommt, scheint doch Rilke nicht von dem Talent des jungen Dichters überzeugt gewesen zu sein. Hitchens rate also zur "Unangepasstheit", zur Flucht vor dem "Konsensus". Doch Bisky findet daran problematisch, dass solche Ratschläge bereits eine Autoritätsposition voraussetzen. Und so ähnelt das Buch seinem Coverbild, das Hitchens in "romantisch-cooler" Haltung präsentiert, mit provokativer Zigarette: Es besitzt die "Aura der Vergeblicheit", erklärt Bisky.
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