Rada Biller

Lina und die anderen

Roman
Cover: Lina und die anderen
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827007032
Gebunden, 319 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Beate Rausch. Lina ist Medizinstudentin, Schwarzmarkthändlerin und Sekretärin, alles ein bisschen und nichts ganz. Lina ist eifersüchtige Mutter und leidenschaftliche Liebhaberin. Lina ist warmherzig, zornig - oder vernünftig, je nach Intuition. Die anderen - das sind die herzlich geliebten, schmerzvoll vermissten, manchmal auch heftig gescholtenen Familienmitglieder einer leicht erregbaren Großfamilie, die sich um das tägliche Auskommen in Baku und Moskau sorgen. Bei ihnen findet die Kosmopolitin Lina ihre Heimat und einen Zufluchtsort für ihr impulsives, chaosanfälliges Leben. Weltpolitische Geschehnisse und die Westpakete der Cousine verdrängen für kurze Zeit die eigenen existenziellen Sorgen und verändern die Situation - zum Guten und zum Schlechten. Rada Biller erzählt vom starken Zusammenhalt in Linas Patchworkfamilie und umspannt die zeitlichen Epochen des Zweiten Weltkriegs, der stalinistischen Diktatur, der Perestroika und schließlich auch die Gegenwart in der Immigration in Israel.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Eine Hymne ist das nicht, aber irgendwie saß der Rezensent Marcus Clauer doch ganz gern "auf dem Schoß" der Erzählerin Rada Biller. Nachdem mit dem Erstling "Melonenschale" von 2003 das autobiografische Potenzial ausgeschöpft wurde, geht es nun ganz fiktiv um einen "Wirbel der Weltenläufte", den die Rezensionsnotiz eher summarisch erwähnen als im einzelnen erläutern könnte. Viel passiert im Roman, "dick aufgetragen" ist's, was aber offenbar nicht unbedingt zum Schlechten ausschlägt. Um etwas anderes als eine "melancholische Seifenoper" handelt es sich nicht, mehr will es wohl auch nicht sein. Und als solche hat Clauer sie wohl gerne gelesen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2007

"Eher anämisch geraten" findet Rezensentin Judith Leister Rada Billers Roman "Lina und die anderen", der die Geschichte einer fiktiven russischen Familie erzählt. Billers Generationenroman setzt im 19. Jahrhundert ein, konzentriert sich aber dann vor allem auf die im sowjetischen Baku geborene Lina und ihre Kusine Dara: Deren Lebenswege führen beide in die Emigration und könnten doch nicht unterschiedlicher sein: Während Lina in Moskau auf die schiefe Bahn gerät und schließlich nach Israel emigriert, studiert Dara ordentlich zuende, um dann in Ungarn und Deutschland ein geordnetes Leben zu führen. Zwar geleite Biller ihre Figuren durch eine historisch hoch spannende Zeit, bemerkt die Rezensentin, sie behandele jedoch vorrangig die menschliche Seite und gebe der zeitgeschichtlichen Komponente zu wenig Raum. Doch auch die Figuren erscheinen Leister zu flach konstruiert, und so fühlt sich die Rezensentin am Ende "wie ein Passagier in einem Linienbus durch die Geschichte: Ständig steigen Leute ein und aus - aber kaum sind sie draußen, hat man sie auch schon wieder vergessen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.08.2007

Das Buch findet Maria Frise "nicht von literarischer Qualität". Dass sie sich dennoch die Mühe macht, uns den Inhalt wiederzugeben, liegt wahrscheinlich daran, dass sie Rada Billers Biografie für interessant genug hält, um daraus ein zeitgeschichtliches Dokument zu machen. Als Roman taugt das Buch für sie nicht. Zu wenig scheint sich Biller um Einzelheiten zu scheren, um "genauere Beschreibung" der verhandelten Familienschicksale, zu lapidar und bisweilen "unbeholfen" erscheinen Frise die Sätze, die zudem durch eine "oft sehr holprige" Übersetzung gegangen sind.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.05.2007

Durchwachsen findet Rezensent Ulrich Rüdenauer diesen Familienroman von Rada Biller. Vor allem vermisst er die Kohärenz in der Geschichte über eine weit verzweigte Großfamilie, die sich zeitlich vom Zweiten Weltkrieg über den Stalinismus und die Perestroika bis zur Emigration nach Israel erstreckt. Bei der Vielzahl der Figuren, die Biller auftreten lässt, verliert Rüdenauer schon Mal den Überblick. Außerdem bekommt die Geschichte für ihn dadurch zuweilen "etwas Flüchtiges und Skizzenhaftes". Auch das anekdotische Erzählen trägt seines Erachtens dazu bei, dass der Roman aus dem Ruder läuft, verstellen die zahllosen Episoden doch den Blick auf die eigentliche Geschichte. Die Sprache des Romans - Rüdenauer spricht von einem "rhythmischen, schmucklosen, ein bisschen ironischen, slawischen Ton", der den Leser einlulle - scheint ihm gut gefallen zu haben. Ebenso die Schilderung von zahlreichen kuriosen Begebenheiten. Das ändert allerdings nichts daran, dass ihm die Lektüre des Romans insgesamt eher zäh vorkommt.
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