Shahriar Mandanipur

Eine iranische Liebesgeschichte zensieren

Roman
Cover: Eine iranische Liebesgeschichte zensieren
Unionsverlag, Zürich 2010
ISBN 9783293004153
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ursula Ballin. Ein iranischer Schriftsteller ist es leid, immer nur düstere Romane mit tragischem Ausgang zu schreiben. Also beginnt er eine Liebesgeschichte - ein Projekt mit Tücken. Wie erzählen, wenn es den Liebenden verboten ist, sich allein zu begegnen, sich in die Augen zu schauen Wie ein mächtiger Schatten wacht Herr Petrowitsch, der Zensor, über jedes Wort und liest sogar die Gedanken des Schriftstellers zwischen den Zeilen. Also müssen Sara und Dara, das junge Paar aus Teheran, tausend Listen und Tricks ersinnen, um sich zu finden. Ihre Liebe muss sich bewähren gegen Anfeindungen und Gefahren, nicht zuletzt gegen die Verdikte des Zensors, der dem Schriftsteller genau dann in die Tasten fällt, wenn die Zauberkraft der Liebe ihre Wirkung zeigt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.08.2010

Ziemlich "gewitzt" findet Judith von Sternburg diesen Roman von Shahriar Mandanipur. Es geht, wie der Titel vermuten lässt, um eine Liebesbeziehung zwischen einem Jungen und einem Mädchen im Iran, die es laut iranischer Gesetzgebung aber gar nicht geben dürfte. Mandanipur nun erzählt sie trotzdem, indem er allerdings, das ist der Clou, einen Autor seinen Liebesroman gegen einen Zensor durchfechten lässt. Die Zensur ist also schon mit eingebaut, was Mandanipur allerdings nicht geholfen hat: Sein Buch durfte im Iran trotzdem nicht erscheinen. Trotzdem bekennt Sternburg ihre Bewunderung für die Virtuosität, mit der Mandanipur seine ebenso bittere wie "Screwball-Komödien-witzige" Geschichte erzähle.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.07.2010

Als hochkomplexen und vor allem hochkomischen Roman über den Iran feiert Ursula März dieses Buch. Nicht nur, dass Shahriar Mandanipur mit allen postmodernen Wassern gewaschen sei, sein Roman (für Ursula März eigentlich eine literarische Peformance) sei geradezu ein Guerillaangriff auf die Lese- und Schreibverbote seines Landes. Dabei begnüge sich Mandanipur nicht mit simpler Machtkritik, nein, er hebele die Zensur aus, in dem er ihr Spiel mitspiele und so zur Lachnummer verbiege. Worum es geht? Ein Erzähler entwickelt eine Liebesgeschichte zwischen einer Teheraner Studentin und einem arbeitslosen Filmwissenschaftler, was schon allein deshalb schwierig ist, weil Männer und Frauen keinen Blickkontakt aufnehmen dürfen. In die Entstehung der Erzählung lasse Mandanipur dann auch noch einen Zensor eingreifen, womit Figuren, Plot und Sprache auch zum Material des Zensurvorgangs würden. Auch der Zensor verliebt sich schließlich in die Studentin. Für die Kritikerin ist das alles ein hochkomplexes intellektuelles Lesevergnügen mit Ernst-Lubitsch-Qualität. Auch deshalb, weil hier die Dekonstruktion einmal nicht zu Manierismus und Entleerung, sondern dem genauen Gegenteil führt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.04.2010

Im Jahr 2006 hat der in seiner Heimat hoch angesehene Schriftsteller Shariar Mandanipur den Iran verlassen. Seinen jüngsten Roman hätte er im eigenen Land niemals veröffentlichen können. Er ist nämlich nicht weniger, begeistert sich der Rezensent Hubert Spiegel, als eine "literarisch durchtriebene" Abrechnung mit den Sittenwächtern und mit der Zensur im Iran. Das Buch beginnt als Liebesgeschichte eines jungen Paars mit Namen Sara und Dara, weitet sich aber zu einem vielgestaltigen und selbstreflexiven Gegenwartsporträt, das in Exkursen zentrale Problemkonstellation raffiniert auseinanderfaltet. Mehr noch, der Roman entwickelt sich zusehends zum literarischen Spiel, in das im Konflikt mit den eigenen Figuren nach und nach auch der Autor hineingezogen wird. Als brillantes "Sittenbild" lobt Spiegel das Werk, bedauert allerdings die "nicht gerade elegante" Übersetzung ins Deutsche.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.03.2010

Hingerissen zeigt sich Rezensentin Angela Schader von Shahriar Mandanipurs Roman "Eine iranische Liebensgeschichte zensieren". Sie schwärmt vom Witz, der Eleganz, dem Beziehungsreichtum, mit denen der iranische Autor große literarische Vorfahren in das Romangeschehen einbezieht, wenn er seine Geschichte um zwei Liebende und einen Schriftsteller erzählt, der sich mit der Zensur herumschlägt. Höchst gekonnt scheint ihr, wie Mandanipur um die fett gedruckte Kernerzählung, die der Autor in vorauseilendem Gehorsam gleich selbst zensiert, eine komplexe, mit verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen spielende Rahmenhandlung baut und dabei allen "fantastischen Erzähl-Arrangements" zum Trotz nahe an der iranischen Alltagsrealität bleibt. Besonders angetan zeigt sich Schader von den "raffiniert unverfänglich", gleichwohl sehr anregend geschilderten erotischen Szenen. Sie liest das Buch als eine "mit bitterer Lust und scharfem Geist erledigte Demontage des von religiöser Engstirnigkeit, Korruption und Perspektivlosigkeit verkrüppelten heutigen Iran". Zugleich aber ist das Werk für sie eine große Beschwörung der großen iranischen Kultur, die das Land bis heute trägt. Ihr Fazit: ein "brillanter Roman".