Marcel Möring

Modellfliegen

Novelle
Cover: Modellfliegen
Luchterhand Literaturverlag, München 2001
ISBN 9783630870922
Gebunden, 124 Seiten, 15,29 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen übersetzt von Helga van Beuningen. "Als er in einer Anwandlung von plötzlichem Stolz seinen alten Job gekündigt und noch keinen neuen gefunden hatte, beschloss mein Vater, Modellflugzeuge zu bauen." Mit diesem Beschluss beginnt für den zwölfjährigen David jene Zeit, die ihm stets als Paradies in Erinnerung bleiben wird. Er selbst hatte die Idee, als der Vermieter sich darüber beklagte, dass die Jungen heutzutage keine Modelle mehr zusammenbauen wollten, sondern sie am liebsten fix und fertig kaufen würden. Das Davids Vater, ein ehemaliger Pilot, und auch seine Mutter plötzlich ohne Arbeit sind, setzt sich die ganze Familie am Wohnzimmertisch zusammen und bastelt Dutzende von Flugzeugen pro Tag. Es folgt eine Zeit des Glücks und der Geborgenheit, die jedoch durch das Auftauchen eines unerwarteten Besuchers eine jähe Zäsur erfährt....

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2001

Eine ausgesprochen gelungene Novelle ist diese Geschichte über den Vater, der seinen Job aufgibt, um sich dem Modellfliegen zu widmen, und über die spätere Zerrüttung der Familie des Protagonisten, findet Rezensent Burkhard Spinnen. Möhring "hat [...] seinen Text durchwoben mit Elementen, die aus dem Kleinfamiliendrama ein großes Epochendrama machen", da es nicht nur um ein Scheitern einer Beziehung, sondern auch um historische Fügungen geht. Der Autor arbeitet mit für Novellen ungewöhnlichen Elementen wie Rückblenden und verschiedenen Erzählebenen. So entstehen "Genrebilder", findet der Rezensent, und ihm ist zumute, "als ginge ich durch eine Galerie holländischer Meister des siebzehnten Jahrhunderts". Dieses Gefühl ist es dann auch, was das Fazit seiner Rezension trotz aller Bewunderung für diese Novelle zum Ende hin doch etwas skeptisch klingen lässt. Zuviel handwerkliche Perfektion steckt seiner Ansicht nach hinter dieser Erzählung, und das lässt sie altmeisterlich und künstlich wirken. So verliert der Text seiner Meinung nach sein Geheimnis, denn: "unter zu viel gutem Handwerk leidet jeder Text."
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.09.2001

Eher ein "Pausentext" ist die Novelle des niederländischen Schriftstellers Marcel Möring", so schreibt der Autor zumindest in seinem Nachwort, dass der Text als Nebenprodukt seiner eigentlichen Arbeit entstanden sei, berichtet Dorothea Dieckmann. Die Rezensentin ist erstaunt darüber, wie gut ein solches Nebenprodukt ausfallen kann. In Mörings Fall, denkt Diekmann, ist es wesentlich besser geworden als sein Roman "In Babylon", der zwar von der Kritik fast ausnahmslos hochgelobt wurde, dem aber die Rezensentin kaum etwas abgewinnen konnte. Mehr Lob spendet sie der Novelle "Modellfliegen". Deren "traditioneller Erzählgestus" und die "schlichte, schlanke Sprache" haben Dieckmann schon beeindruckt. Erzählt wird aus der Perspektive des 12-Jährigen David, der mit dem modellbauenden Vater und der lebenstüchtigen, aber trotzdem depressiven Mutter zusammenlebt und das Scheitern von Familie und Ehe hautnah miterlebt. Dieckmann hat gefallen, wie Möring die Geschichte mehr andeutet denn ausmalt und es doch versteht die erzählten Ausschnitte zu einem Ganzen zu verbinden. Allerdings findet die Rezensentin das dicke Ende - auch der Sohn wird wie sein Vater Modellbauer - zu konstruiert. Möring kann zwar, lautet das Fazit von Dieckmann, leicht, einfach und substanziell erzählen, aber ein großer Romancier ist er für sie deswegen noch lange nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.09.2001

Marcel Moering versteht sich, so teilt Wolfgang Schneider mit, in der Nachfolge von Joyce, Proust und Faulkner. Obwohl sein vorheriger Roman "In Babylon" ein fulminantes Stück Erzählliteratur sei, sei mehr Bescheidenheit nicht fehl am Platze. Auch sein neues Buch zeige die selben Schwächen: sein kunstgewerblicher Charakter und das Gesuchte und Unstrukturierte der Erzählhandlung. Nur dieses Mal wird der Leser, so der Rezensent, nicht entschädigt durch episches Können. Es ginge in der "Novelle" um ein schwieriges Erwachsenwerden und die dazugehörigen Schwellenerlebnisse. Da jedoch lauere das Geschwollene. So manchen symbolischen Köder lege der Autor aus. Aber Wolfgang Schneider wird in der Tat nicht schwach und beißt nicht an.
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