Marcel Möring

Mendel

Roman
Cover: Mendel
Luchterhand Literaturverlag, München 2003
ISBN 9783630871400
Gebunden, 224 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Mendel Adenauer kommt aus einer Familie assimilierter Juden, die in der niederländischen Kleinstadt E. angesehene Bürger waren. Bis sie plötzlich den umgekehrten Weg ihrer Ahnen gehen mussten und nach Osten deportiert wurden. Seine Großeltern undseine Mutter überleben den Holocaust und kehren nach E. zurück, aber ihr Vertrauen in die europäische Zivilisation ist erschüttert. Mendel, 1957 geboren, wächst mit all den Geschichten seiner Familie auf, und er hält instinktiv Distanz - Distanz zum Judentum, der Welt, aus der er herkommt, und Distanz zum Christentum, der Welt, die ihn umgibt. Dann, im Abiturjahr, verliert er seine ganze Familie. Die Großeltern sterben kurz nacheinander, die Mutter wandert nach Israel aus und fährt dort mit dem Jeep auf eine Mine. "Wir sind wie die Dinosaurier. Wir sterben auf einen Schlag aus", sagt er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.2003

Wolfgang Schneider kann sich für diesen Debütroman, der bei seinem Erscheinen in den Niederlanden vor 13 Jahren "Furore" gemacht hat, nicht recht erwärmen. Bei dem Buch handelt es sich um einen "Adoleszenzroman", dessen Protagonist Mendel als Nachkomme verfolgter Juden in die Krise gerät, die ihn schließlich in die Psychiatrie bringt, fasst Schneider zusammen. Den Rezensenten stört, dass der Autor einen Hang zur Überfrachtung seiner Motive hat, wie er an der Liebesgeschichte zwischen der Hauptfigur und der Tochter niederländischer Nazis feststellt. Überhaupt findet Schneider, sei manches "überdeterminiert", wobei ihm insbesondere die Darstellung der Tode von Mutter und Großvater Mendels als "Trauma-Kunstgewerbe" abstößt. Insgesamt, so der Rezensent versöhnlich, ist Mendel in seinen Konflikten durchaus "überzeugend" dargestellt, aber eben leider auch etwas "überzogen". Er bedauert, dass Möring statt auf die "realistische Psychologie" auf die "plakativen Effekte" bei seiner Darstellung setzt und auch sprachlich moniert er die mitunter "gewollte Poetisierung", auch wenn er die poetische Kraft" des Buches lobt, die sich auch in der Übersetzung ins Deutsche entfaltet, wie er betont.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.07.2003

Sabine Peters findet diese Erzählung um die Schwierigkeiten, die die zweite Generation der Shoah-Überlebenden mit ihrer Identität hat, ziemlich interessant - auch wenn manches an der Geschichte für ihren Geschmack ein bisschen zu konstruiert daher kommt, etwa die Liebesbeziehung des niederländischen Protagonisten Mendel mit der Tochter eines Nazi-Kollaborateurs. Trotzdem ist die Rezensentin beeindruckt von Mendels Suche "nach dem richtigen Leben". In diesem Hang zum Pathos liegt ihrer Meinung nach auch die Angreifbarkeit des Protagonisten: er ist einfach nicht so indifferent wie die Protagonisten vergleichbarer Romane, was ja auch ganz sympathisch ist. Deswegen wohl will sich Peters auch nicht an den Peinlichkeiten festbeißen, von denen das Buch offenbar ein paar bereit halte und konzentriert sich lieber auf die Stärken der Erzählung: zum Beispiel dass sie "knapp, diszipliniert, pointiert" daherkommt und dass der Erzähler Mut zur Lücke beweist und "nicht alles erklären muss".