Annette Pehnt

Mobbing

Roman
Cover: Mobbing
Piper Verlag, München 2007
ISBN 9783492050708
Gebunden, 168 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Wenn das Schlimmste passiert ist, muss man sich endlich nicht mehr davor fürchten, sagte Joachim. Er warf den Briefumschlag auf den Küchentisch. Und mit einem merkwürdigen Ausdruck der Erleichterung fügte er hinzu, sie haben es geschafft. Was sie gegen ihn vorbrachten, war gelogen. Aber Feinde, Gespenster, Verschwörungen gehörten seit Jahren zu unserem Leben. Jetzt musste er wenigstens nicht mehr über die Arbeit reden, jetzt hatte er keine Arbeit mehr. Was aber würde aus ihm werden, was aus uns?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.01.2008

Ein wenig ratlos sitzt Rezensentin Kristina Maidt-Zinke über diesem schmalen Roman. Sie schätzt Annette Pehnt als Autorin, die gesellschaftliche Realität sehr präzise in den Blick nehmen kann, wie sie mit ihrem Altersheim-Roman "Haus der Schildkröten" bewiesen habe. Und auch das Thema "Mobbing" bewältige sie mit Finesse, reflektiert und "mit größter Ökonomie". Und genau hier liegt wahrscheinlich das Problem für Maidt-Zinke. Sozialpsychologisch mag diese Fallstudie sehr geschickt aufgebaut sein, aber ist das Literatur? Wo ist der poetische Mehrwert fragt Maidt-Zinke, die sich selbst dabei ertappt, bei der Wiedergabe der Handlung auf Wörter wie Projektentzug, Gesprächsverweigerung und Antriebslosigkeit angewiesen zu sein. Und so fühlte sich Maidt-Zinke bei "Mobbing" eher im "Reich der Ratgeber" als in der "Sphäre überlebensfähiger Prosa".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2007

Rezensent Hubert Spiegel findet Annette Pehnts neuen Roman umso bewundernswerter, als er so ganz und gar unspektakulär und "lakonisch" daherkommt. Furchtbar ist zwar die Geschichte einer Existenzvernichtung durch Mobbing, durch die Wahl der Erzählperspektive aber bleibe so vieles im Status der ambivalenten Außenbeobachtung, dass sich Eindeutigkeiten nie einstellen. Es erzählt nämlich nicht das Opfer - der Büroangestellte Jo Rühler -, sondern dessen Ehefrau, die sich nie ganz sicher sein kann, was an der Arbeitsstätte ihres Mannes wirklich vor sich geht. Erst bei aufmerksamer Lektüre bemerke man, so Spiegel, die "subtile Raffinesse", mit der Pehnt hier schreibt, zum Beispiel in dem Kunstgriff, die Erzählzeit auf einen einzigen Valentinstag zu konzentrieren.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.10.2007

Rezensent Ulrich Rudenauer ist beeindruckt, wie wirkungsvoll Annette Pehnts "abgespeckte Prosa" ist. Seiner Meinung nach lehrt der Erzählstil der Autorin, sich auf die Geschichte einzulassen und auf Zwischentöne zu achten. Auch die Erzählperspektive, die Pehnt gewählt hat, um diese Geschichte eines gemobbten Arbeitnehmers zu erzählen, findet der Rezensent passend. "Was wirklich geschieht, weiß man nicht, nur aus zweiter Hand. Das verstärkt die Beklemmung, erzeugt eine Unheimlichkeit und Sprengkraft." Obwohl man in der Geschichte nach Meinung des Rezensenten durchaus eine Diagnose mitlesen darf, wie sich die wandelnden Arbeitswelten auf den Mittelstand auswirken, verweist der Roman eigentlich nicht auf mehr als auf das von Pehnt Erzählte. Er ist " eher eine Fallerzählung als ein Gesellschaftsroman" - aber als solcher nicht minder mächtig.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2007

Ganz großartig findet Martin Krumbholz sowohl Annette Pehnt als auch ihren neuen Roman. "Äußerst bitter" sei es schon, wie Pehnt das langsame Auseinanderbrechen einer Partnerschaft beschreibt. Der Mann der Erzählerin verliert seine Stelle, das Unglück vergiftet auch die Beziehung. Und zwar deshalb, weil die Frau von ihm eigentlich nie erfährt, was der Grund für seinen Rauswurf war. Das erodiert das Vertrauen zwischen den beiden. Erzählt wird das Ganze als Rekonstruktion der Erzählerin, die viele Sachverhalte nur aus den unsicheren Berichten ihres Mannes kennt. Damit fallen Erzählung und Erzähltes zusammen, eine handwerkliche Herausforderung, die Pehnt "souverän" meistert, wie Krumbholz lobt. Gut gefallen ihm außerdem die "wunderbar erzählten Details", Pehnts Einfühlungsvermögen und ihr "bissiger Witz". Dass Pehnt dabei immer nah an ihren Figuren bleibt und Mobbing und Arbeitsplatzverlust nicht als abstrakte soziale Phänomene behandelt, das macht dieses Buch in den Augen des Rezensenten so "aufregend und beunruhigend".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Rezensent Hubert Winkels bestaunt und bewundert fast den Weg der Autorin Annette Pehnt. Nach Anfängen, die eher in Richtung des Fantastischen neigten, erweise sie sich nun nach dem Altenheim-Roman "Haus der Schildkröten" ein weiteres Mal als ganz den unglamourösen Realitäten der Gegenwart zugewandte Erzählerin. Beim jüngsten Werk mit dem sprechenden Titel "Mobbing" handelt sich sich tatsächlich um Literatur aus der deutschen Arbeitswelt. Dem Protagonisten Joachim Rühler, er ist Verwaltungsangestellter im öffentlichen Dienst, geht es im Büro an den Kragen. Worum genau es dabei aber geht, was exakt ihm widerfährt, das bleibt eines Erzählkniffs wegen unklar: Berichtet wird von den Vorgängen im Büro nämlich konsequent aus der Perspektive der Ehefrau, die nicht in Einzelheiten eingeweiht wird, für die Vieles im Ungefähren bleibt. Pehnt versteht sich, so Winkels, auf die perfekte Wahl des Realitätsausschnitts und erzählt es so "szenisch und dialogisch konkret, bis es einrastet und ein scharfes Bild ergibt".
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