Haruki Murakami

Tanz mit dem Schafsmann

Roman
Cover: Tanz mit dem Schafsmann
DuMont Verlag, Köln 2002
ISBN 9783832155339
Gebunden, 461 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Ein großstädtischer Junggesellen-Nomade ist Haruki Murakamis erzählender Held. Sein Leben ist aus der Spur geraten: vierunddreißigjährig, geschieden, ein Freund gestorben, von einer Frau ohne Erklärung verlassen. Wiederkehrende Träume und die Erinnerungen an Kiki, die "professionelle Traumfrau" und mysteriös verschwundene Geliebte, führen von Tokyo nach Sapporo ins Dolphin Hotel, eine ehemals schäbig-schrille Absteige, die zum glitzernden Luxuspalast geworden ist. Hier begann alles, hier wird alles enden - denn verborgen haust hier der Schafsmann: ein weise-orakelnder Alter, Schutzengel und Schatten des Erzählers. Seine sanfte Botschaft lautet: Tanz, tanz, tanz. "So gut du kannst. Du hast keine andere Wahl."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.08.2002

Haruki Murakamis jüngst auf Deutsch erschienener Roman stammt eigentlich aus dem Jahr 1988, als den Autor hierzulande noch niemand kannte. Nun werden seine Bücher nach und nach übersetzt - und bergen Enttäuschungen, wie H.G. Pflaum findet. "Tanz mit dem Schafsmann" besitzt einen namenlos bleibenden Helden, der in allerlei Krisen und Konfusionen stürzt, die Pflaum mindestens ebenso konfus berichtet sieht. Alles, was in Japan Ende der achtziger Jahre als schick galt, spottet der Kritiker, ist im Roman thematisch versammelt: Sex und Crime, ein bisschen Parapsychologie, ein bisschen Kapitalismuskritik, Popmusikzitate in Hülle und Fülle, die Aufhebung von Raum und Zeit als literarisches Motiv. Als Hauptantriebskraft des Romans sieht Pflaum eine Sehnsucht nach Irrationalität am Werke, die er als "Geisterbahn-Effekt" beschreibt. Um diesen zu verstärken, macht Murakami Anleihen beim Trivialgenre und schreckt auch vor infantilen Einfällen zurück, befindet Pflaum. Auch Murakamis Drang zu bedingungsloser Originalität missfällt dem Rezensenten sehr. Am Ende findet der gequälte Held eine neue Geliebte, berichtet Pflaum. Das hätte der auch einfacher haben können, höhnt er.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2002

Murakami, in seiner japanischen Heimat ein großer Star, hält nicht viel von seinen frühen Romanen, teilt Martin Ebel nonchalant mit. Da er sich aber nun auch hier, seit dem "Literarischen Quartett" und dessen Liebesquerelen, gut verkauft, kramt der ihn vertretende Verlag seine alten Geschichten hervor. "Tanz mit dem Schafsmann" ist bereits vor 14 Jahren in Japan erschienen, berichtet Ebel, und seiner Meinung nach hätte der Roman ruhig ad acta gelegt werden können. Der Ich-Erzähler ist ein typischer Murakami-Held, einer, so der Rezensent, der seinen Weg noch nicht gefunden hat und sich deshalb in einem Hotel einquartiert, wo ihn die Erinnerungen überfallen und ihm Personen aus seiner Vergangenheit ebenso wie jede Menge skurrile Hotelangestellte und -gäste über den Weg laufen. Eine Zeitlang, meint Ebel, steht der Roman auf der Kippe zu einem Horrorroman, doch dann entwickelt sich die Geschichte zu einer "Heimholung ins Alltägliche", so Ebel, die man beliebig als "Geschichte einer Verdrängung oder einer Reifung" interpretieren könne. Letztlich täte aber beides dem Roman zuviel Ehre an, da er zu schludrig gearbeitet sei. Der Autor, der einerseits einen "penetranten Kurzsatzstil" pflege, entfalte andererseits eine regelrechte Lust am "Schwafeln", heißt es recht abschätzig in der Kritik.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.03.2002

Der Roman, 1988 in Japan erschienen, knüpft an einen anderen Roman von Murakami, "Wilde Schafsjagd", an, erklärt Rezensent Ludger Lütkehaus. Wieder treibe sich ein nomadisierender Ich-Erzähler auf Hokkaido rum und wieder verbinde der Autor "Thrillerrealismus" mit "sur- oder sousrealistischer Fantastik". "Typisch Japanisches" sucht der Leser in diesem Roman übrigens vergebens, warnt der Rezensent. Murakami habe sich ganz dem Westen oder der westlichen Kultur verschrieben, die auch in Japan schon längst Einzug gehalten hat. Sein "lakonisch-cooler Realismus" und sein Talent "zur knappen Schilderung" beweise der Autor zwar auch hier, aber ein großer Wurf ist ihm mit diesem Roman trotzdem nicht gelungen, meint Lütkehaus.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.03.2002

Was geschieht, wenn ein Durchschnittsmensch - meist ein Mann um die dreißig - durch ein unvorhergesehenes Ereignis aus seiner Lebensroutine geworfen wird? So in etwa resümiert Susanne Messmer die Grundfrage in den Büchern von Haruki Murakami. Neu gestellt sieht sie sie in zwei ganz unterschiedlichen Büchern des Autors, dem Roman "Tanz mit dem Schafsmann", der vor 14 Jahren in Japan erschien und nun ins Deutsche übersetzt wurde, und "Untergrundkrieg", eine Befragung von Opfern und Tätern des von der Aum-Sekte im Jahr 1995 begangenen Giftgasanschlags in der Tokyoter U-Bahn. Im "Tanz mit dem Schafsmann" wird Murakamis Grundfrage an einem "Mann ohne Eigenschaften" durchgeführt, der seine Existenz als Restaurantkritiker zusehends öder findet und in ein Hotel zurückkehrt, wo er vor Jahren eine Affäre mit einer schönen Frau hatte, erzählt Messmer. Sie betont, dass Murakami alle Techniken und Obsessionen seiner späteren Romane auch schon in diesem relativ frühen Buch ausprobiert - und wie so häufig bei diesem Autor gebe es auch hier ein sehr hübsches und lebenskluges junges Mädchen und eine geheimnisvolle Frau, die "sich so sehr entzieht, dass sie immer unwirklicher wird".
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