Necla Kelek

Die fremde Braut

Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland
Cover: Die fremde Braut
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2005
ISBN 9783462034691
Gebunden, 269 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Zeynep ist 28 Jahre alt, Mutter von drei Kindern und lebt seit zwölf Jahren in Hamburg. Sie versorgt den Haushalt ihrer Großfamilie und spricht kein Wort Deutsch. Die Wohnung verlässt sie nur zum Koranunterricht. Sie ist eine 'Import-Gelin', eine Importbraut, eine moderne Sklavin. Tausende junger türkischer Frauen werden jedes Jahr durch arrangierte Ehen nach Deutschland gebracht. Die demokratischen Grundrechte gelten für sie nicht, und niemand interessiert sich für ihr Schicksal. Die türkisch-muslimische Gemeinde redet von kulturellen Traditionen, beruft sich auf Glaubensfreiheit und grenzt sich von der deutschen Gesellschaft ab. Und findet dafür Verständnis bei den liberalen Deutschen, die eher bereit sind, ihre Verfassung zu ignorieren als sich den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit machen zu lassen. Necla Kelek, Türkin mit deutschem Pass, deckt die Ursachen dieses Skandals auf.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.07.2005

Nur zum Teil überzeugt ist Ludwig Ammann von Necla Keleks Bericht über das Wesen der Zwangsheirat. Zurecht beschreibe Kelek zurecht die türkische Heiratsmigration als ein Haupthindernis der Integration: Die typische Import-Braut ist jung und ungebildet, spricht kein Wort Deutsch, wenn sie nach Deutschland kommt und zieht ihre Kinder in einer von Außenkontakten abgeschottteten ethnischen Enklave auf. Die Folgen für Bildung und Erziehung der Kinder sind katastrophal. Amman stimmt ihr auch darin zu, dass das Mindestalter für einen Zuzug nach der Heirat heraufgesetzt werden muss. Inakzeptabel findet er aber, dass Kelek die Schuld für die mangelnde Integrationsbereitschaft der "islamischen Leitkultur" bei den Migranten sieht. Hier vermutet er antiislamisches Ressentiment und erinnert an Keleks eigene Dissertation, in der sie türkischen Jugendlichen noch eine weitgehende Anpassungsbereitschaft an westliche Lebensweisen bescheinigte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.05.2005

Necla Kelek ist eine erfolgreiche deutsch-türkische Soziologin, die, solange sie ihre eigene Kindheitsgeschichte und Sozialisierungstraumata beschreibt, ein äußerst eindringliches Buch vorlegt, findet Alexandra Senfft. Dennoch kann sie sich nicht des Eindrucks erwehren, dass diese "schmerzhafte Anpassungsgeschichte" einen hohen Preis gekostet hat, nämlich eine teils unterschwellige, teils unverblümte Agressivität gegenüber Keleks türkischen Landsleute beziehunsgweise gegenüber den Anhängern des Islams. An einem bestimmten Punkt von Keleks autobiografischer Geschichte breche die Erzählung einfach ab und gerate zu einer Art Abrechnung mit dem Islam, klagt Senfft und rückt die Autorin in die Nähe von Oriana Fallaci, die in Italien mit ihren Hasstiraden auf den Islam für Aufruhr sorgt. Schuld an der unterbliebenen Integration der Türken in die deutsche Gesellschaft seien aus Keleks Sicht die Türken selbst, aber auch die Alt-Achtundsechziger, die mit ihrer übergroßen Toleranz nicht genügend gegen die Diskriminierung der Frauen eingeschritten wären. Senfft stimmt im Prinzip den Forderungen Keleks zu - härtere Auflagen bei der Familienzusammenführung in Hinsicht auf "Importbräute", für den Spracherwerb etc. -, epmfindet jedoch ihre Argumentation als undifferenziert. Eine ganze Bevölkerungsgruppe pauschal zu verdammen, fördere keineswegs den Dialog, sondern die Spaltung, stellt sie klar.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.03.2005

Schon das Umschlagbild (eine in die Burka gehüllte Frau, von der nur eine weiße Hand zu sehen ist) hat der Rezensentin Renee Zucker nach eigener Auskunft Unbehagen bereitet. Und Necla Keleks "vorzüglich geschriebenes und deprimierendes Buch" hat dieses Unbehagen voll und ganz bestätigt. Kelek analysiere die Position der Frau in der islamischen Gesellschaft, eine Gesellschaft - und das ist von grundlegender Wichtigkeit -, die auch in Deutschland angekommen ist. Dabei lässt Kelek "an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig": Nicht der Mann, sondern die Frau sei vom sexuellen Verlangen beherrscht und dadurch gefährdet und gefährlich. Von der "nichtswürdigen" Tochter, auf der die Ehre ihrer Familie beruht, und die man daher so schnell wie möglich verheiratet, werde die Frau zur allmächtigen Mutter, die ebendiese Sicht der Dinge an ihre Kinder weitergebe und sich auf die Seite ihrer "verzogenen Söhne" schlage. Für ihre Söhne bleibe sie ein Leben lang unantastbar und ehrerbietig, und so werde das Schmutzige, Niedere - die Zuständigkeit für den Beischlaf und das Kindergebären - auf die nächste Frauengeneration (die von den Eltern ausgesuchte Ehefrau) abgewälzt. Immer jedoch werde die Frau von der Außenwelt ferngehalten, so dass die - in der so notwendigerweise entstehenden Muße - gepflegte Religion (etwa das Tragen der Burka) zum moralischen Überlegenheitsgefühl gegenüber den unreinen ortsänsässigen deutschen Frauen wächst. Dieses Buch, fordert die Rezensentin, sollte "Pflichtlektüre" in Schulen werden, denn es verdeutlicht "etwas Wesentliches über die unterschiedlichen Menschenbilder zwischen westlicher und islamischer Gesellschaft". Über den Vorwurf des Rassismus und der Frauenfeindlichkeit, so die Rezensentin, ist Kelek erhaben. Für ihren Mut - denn sie begibt sich ins Visier radikaler Muslime - hat sie unsere Unterstützung verdient.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.02.2005

Cathrin Kahlweit bespricht drei Bücher, die sich mit der Situation von Migranten in Deutschland beschäftigen. Necla Kelek wendet sich in ihrem Buch "Die fremde Braut" vehement gegen die Zwangsverheiratung junger türkischer Frauen nach Deutschland, die dann häufig ein rechtloses und von Gewalt geprägtes Leben führen müssen, erklärt die Rezensentin. Damit habe die nicht nur die Bestsellerlisten gestürmt, sondern auch sehr kontroverse Diskussionen ausgelöst, so Kahlweit. Sie findet die Ausführungen Keleks, die für ein Gesetz plädiert, das ein Mindestalter von 21 Jahren und nachgewiesene Deutschkenntnisse für die "Importbräute" fordert, zwar mitunter durchaus etwas "pathetisch und deklamatorisch". Aber erst dadurch entwickelt das Buch seine "Wucht", räumt die Rezensentin ein, die von dieser "Brandschrift" gegen die Unterdrückung von Frauen beeindruckt scheint.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.02.2005

Leicht skeptisch zeigt sich Gustav Flake gegenüber diesem Buch von Necla Kelek, die von der eigenen tscherkessisch-türkischen Familiengeschichte, von der Rolle der Frau im Islam, von Hochzeitsbräuchen und von Gesprächen mit deutschen Türkinnen erzählt. Kelek kritisiere arrangierte Ehen, plädiere vehement für rigide Regelungen von Familienzusammenführungen aufgrund von Eheschließungen und für ein Verbot der Zwangsheirat, und nehme auch sonst kein Blatt vor dem Mund, etwa wenn es um den Islam geht, der ihres Erachtens Welt- und Menschenbild, das mit den Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar ist. Natürlich räumt Flake ein, dass junge Türkinnen von ihren Brüdern, ihrer Schwiegermutter, ihrem Ehemann oft arg drangsaliert werden, und dass der Versuch, die Familie zu verlassen, Gefahr für Leib und Leben bedeuten kann. Insgesamt aber scheint ihm Keleks Darstellung zu undifferenziert. So stellt er etwa klar, dass "Kopftuch ab!"-Rufe und die Behandlung des Islam als einer rückständigen Religion vor allem dem Geist der nicht eben grundrechtsfreundlichen Atatürkschen Reformen verhaftet sind. Er wendet sich auch dagegen, alle Türken, die einen Ehepartner in der Türkei gefunden haben, unter Generalverdacht zu stellen und ihnen erhebliche rechtliche Einschränkungen aufzuerlegen. Zudem hebt hervor, dass die Autorin in ihrem Buch selbst Material bringt, dass ihren Thesen widerspricht.
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