Ulrich Woelk

Die letzte Vorstellung

Roman
Cover: Die letzte Vorstellung
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002
ISBN 9783455079111
Gebunden, 304 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Deutschland im Spätherbst: Während seines morgendlichen Laufs über die Deiche entdeckt ein Jogger einen brutalen Mord. Das Opfer, so stellt sich heraus, ist ein ehemaliges RAF-Mitglied. Bei den ermittelnden Beamten treffen zwei Menschen mit ganz unterschiedlichen Biographien aufeinander: Anton Glauberg, ein schweigsamer Vierzigjähriger, dessen Ehe gerade in die Brüche zu gehen droht, und die zehn Jahre jüngere, in Ost-Berlin aufgewachsene BKA-Beamtin Paula Reinhardt. Bei der Suche nach der Wahrheit, so wird bald deutlich, geht es nicht nur um Indizien, sondern um unterschiedliche Erfahrungen ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2003

Ein echter Flop und ein "Schnellschuss" ist dieser neue Roman von Ulrich Woelk nach Meinung des Rezensenten mit dem Kürzel "op". Das überrascht den Rezensenten nicht wirklich, denn an Woelks Beispiel kann man seiner Ansicht nach bestens nachvollziehen, wie ein Autor seine schriftstellerische Karriere "furios begann und dann von Buch zu Buch kontinuierlich abbaute". Seine stärkster Kritikpunkt ist, dass der Krimi-Plot an sich wenig Substanz besitzt, sondern in erster Linie als "Aufhänger für eine Studie über deutsche Befindlichkeiten und miefige Seelenlagen" dient. Doch selbst bei den Befindlichkeiten und Seelenlagen kommt Woelk nach Meinung des Rezensenten nicht über das Offensichtliche hinaus, dazu ist der Roman zu sehr von "der Diskussion um die linksradikale Vergangenheit grüner Spitzenpolitiker und dem WTC-Anschlag" inspiriert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Ein "typischer Woelk" befindet Gabriele Killert knapp, und das soll kein Kompliment sein. An diesem Roman um ein deutsch-deutsches Ermittlerpaar, das einen Mord an einem ehemaligen Terroristen der RAF aufklären soll, hat die Rezensentin nichts Gutes entdeckt. Es ödet sie an, dass sich hinter diesem vorgeblichen Kriminalroman wieder einmal ein Stück "sentimentaler Selbstzerknirschungsprosa" verbirgt. Die Sprache, in der das geschieht, moniert sie als "so schwer, so grau und schleierhaft, wie in Kunstharz gegossenen Nebel", womit sie etwas bissig auf die ihrer Ansicht nach allzu luftigen Metaphern des Autors anspielt. Was ihr aber kaum erträglich erscheint ist die "überwältigende Trockenheit und bigotte Korrektur, ja Pedanterie" der Erzählerinstanz, die für die Position einer jeden Figur Verständnis aufbringt und alle "paritätisch" zu Wort kommen lässt. Dazu sei die Auflösung dieses deutsch-deutschen Falls "an den Haaren herbei gezogen" und getrieben von der mittlerweile doch recht platten Erkenntnis, dass die "deutsche Wunde" noch längst nicht verheilt ist, so die Rezensentin genervt. Wenn sie dann auch noch den Hang des Autors bemerkt, sich zu allem zu äußern, was in den Talkshows dieses Landes bereits hinlänglich erörtert worden ist, entzieht Killert diesem "Romanfeuilleton" endgültig ihre Sympathie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.10.2002

"Sehr düster" und ergo einen "Roman noir" nennt Dirk Knipphals dieses Buch. Das ist durchaus positiv gemeint, denn er hat sich beim Lesen offenbar gut unterhalten, vor allem mit den Zeugengesprächen, die zwischen Mord und Beerdigung des Ermordeten vor allem die Geschichte ausmachen. Diese nämlich, so Knipphals, sind die "eigentlichen Höhepunkte". Dabei hat ihn zwar etwas irritiert, dass sie die Handlung gelegentlich allzu lange und gründlich unterbrechen, findet aber in ihnen dennoch höchsten Lesegenuss, wenn beispielsweise ein "Ex-Stasi-Oberst" vernommen wird, der heute in Import-Export-Geschäften unterwegs ist und immer noch "die Existenz von DDR und Stasi im Nachhinein" rechtfertigt: ein absolutes Glanzstück", findet der Rezensent. Aber wie gesagt, es geht insgesamt düster zu: "Viel Regen, viel Schlaflosigkeit, viel Herbst, viel moralisch Fragwürdiges." Womöglich grad das Richtige für Novemberabende auf dem häuslichen Sofa?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Ernsthaft lobende Worte hat Barbara von Becker für den Krimi des studierten Physikers und Schriftstellers Ulrich Woelk nicht übrig. Sein "gerecht auf Ost und West verteiltes Personal" lässt der Autor mit "kompositorisch vorgestanzten Etiketten" recht "brav" durch die Handlung defilieren, mäkelt die Rezensentin, die diesen Prototypen einer Ostberliner BKA-Beamtin, eines wortkargen norddeutschen Kriminalbeamten, einiger Ex-Linker und anderer Figuren dieses Romans wenig abgewinnen kann. Da nützt es auch nichts, bedauert Becker, dass die Dramaturgie, der Inhalt und die Psychologie des Plots keineswegs uninteressant, unlogisch oder langweilig sind. Doch Woelks Krimi kommt, auch dank eines wenig geglückten Lektorats, wie ein "deutsches Thesendrama" daher, sprachliche Ungenauigkeiten und eine manchmal ungewollte Komik eingeschlossen, schimpft die Rezensentin und hofft, dass vielleicht eine Tatort-Verfilmung noch etwas von diesem Buch retten könnte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.10.2002

Der neue Roman von Ulrich Woelk entspricht so ganz und gar den Forderungen an die neudeutsche Literatur der neunziger Jahre, nämlich Bücher "flott, verständlich" und mit "sozialkritischem Anspruch" zu verfassen, denkt Claus-Ulrich Bielefeld. "Die letzte Vorstellung" sei einfach alles: Berlin- und Gesellschaftsroman, Krimi und Liebesgeschichte, dazu noch ein "buntes Panorama von den Siebzigern bis heute". Das klingt wie ein kleines Wunder, ist es aber nicht, meint der Rezensent. Denn dem ist der ganze Roman zu bunt, zu floskel- und klischeehaft. Kurz zum Inhalt: Ein nordfriesischer Pfarrer entdeckt eine Leiche, während der Ermittlungen schalten sich das BKA, ein Kommissar aus dem Westen und eine Kommissarin aus dem Osten ein. Es entspinnt sich eine Liebes- und eine Politgeschichte, die denn auch direkt nach Berlin führt, erzählt der Rezensent. Die Berlin-Szenen hält er denn auch für die Stärken des Romans. Da merke man sofort, dass der Autor in Berlin zu Hause sei. "Hingebungsvoll" zelebriere Woelk Berlin bei Nacht und präsentiere "Momentaufnahmen einer dunklen und kalten Stadt", schwärmt Bielefeld dann doch noch ein bisschen.
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