Volker Braun

Auf die schönen Possen

Gedichte
Cover: Auf die schönen Possen
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518416716
Gebunden, 101 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

"Und frische Nahrung, neues Blut" - nicht harmlos sind die Verse Volker Brauns zu lesen, und die Possen, die der Titel meint - das sind die ernsten Späße des Daseins selbst. Von nackten verborgnen Gebärden ist die Rede, Wettererscheinungen zwischen den Schläfen, dem Separatismus der Gefühle oder dem Schichtwechsel ins Klassenlose. Es ist ein altes zerfahrenes Land, in dem der Dichter steht, aber auf Einsteins Wiese hegt er diese leichtbewegten Gedanken ans Einfachste.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.04.2006

In einem "handwerkstreuen Sinn bescheiden" findet Angelika Overath die jüngsten Gedichte des Büchnerpreisträgers Volker Braun. Gelassen-melancholisch, schreibt sie, blicke Braun hier zurück auf ein Dichterleben in zwei deutschen Staaten. Gelassen? Overath entgeht nicht das Augenzwinkern desjenigen, der von seinem Leser Genauigkeit erwartet. Und Genauigkeit, so die Rezensentin, sei schließlich nie harmlos gewesen. Dieses Oszillieren der Haltung beim Dichter nennt Overath Brauns "neuen Ton von Bedenken und Ergebung". Ihm korrespondierten Themen, "konkrete historisch-politische Erfahrungen", wie Hiroshima oder der Mauerfall, auf die diese Lyrik immer wieder "Fenster für den intimen Blick" öffne. Für Overath scheint das ein Merkmal für gelungene Dichtung zu sein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.08.2005

Man ist versucht das Titelgedicht des Lyrikbandes von Volker Braun als "Schlüssel zum Verständnis", nicht nur für dieses Buch sondern für sein gesamtes dichterisches Werk zu nehmen, meint Hans-Herbert Räkel, derart "mitreißend" findet er dessen "didaktische Eindeutigkeit". Es stellt eine Parodie auf ein Gedicht des elisabethanischen Dichters Sir Philip Sidney dar, worin dieser sich von der Welt abwendet, und darin bekennt sich Braun zu den vergänglichen Schönheiten und erteilt dem Streben nach "Höherem" eine Absage, erklärt der Rezensent. Der Lyriker bedient sich in seinen Gedichten häufig des Kalauers - dem "verächtlichsten aller poetischen Topoi" - und legt jede Menge "Zynismus" an den Tag, stellt Räkel fest, der gleichzeitig Brauns "Kampf um ein lyrisches Ich" jenseits einer "Ideologie oder einer politische Überzeugung" bewundert. Als "besonders gelungene" Beispiele für diese Haltung führt der Rezensent Gedichte wie "Todesmut" oder "Damaskus" an. Besonders beeindruckt aber haben ihn Brauns politische Gedichte, in denen er gegen das Vergessen anschreibt, hier führt der Rezensent vor allem das Gedicht "In Schildow" an, das die Mauer thematisiert und so vor dem Verschwinden aus dem kollektiven Gedächtnis rettet.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.06.2005

Stephan Speicher konstatiert eine "neue Genügsamkeit", eine postrealsozialistische Ernüchterung bei Volker Braun, seinen Ton beschreibt er als "tastend" oder "bröckelnd". Braun bekennt sich zu den vergänglichen Genüssen, die die Erde zu bieten hat, einstmals als "Possen" in Verruf. Nun also bringt er einen 102 Seiten langen lyrischen Trinkspruch auf eiben diese aus: "An Liebe halt dich, die vergeht. / Nach Höhrem nicht verrenk den Geist." Stichwort: Utopieverlust. Wie bei einem "der sehr wenigen großen Lyriker der deutschen Gegenwart" nicht anders zu erwarten, wurde Speicher, was das Formale anbelangt, nicht enttäuscht. Und doch enthält des Rezensenten Fazit eine Spitze, eine Skepsis, die man auch lesen könnte als Hinweis auf einen tieferen Vorbehalt. Denn er notiert, "der zwingende Vers, der, einmal gelesen, sich nicht mehr vergisst" - womit wohl gemeint ist: den der Leser nicht mehr vergisst - der "ist zur Ausnahme geworden".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2005

Volker Brauns Gedichte haben grundsätzlich "Witz" und "gehen zu Herzen" meint Rolf-Bernhard Essig, der diese Qualitäten auch dem vorliegenden Band zugesteht. Der Lyriker formuliere seine "Widerrede", sei sie auf Politik oder Poesie gemünzt, immer unabhängig vom "Zeitgeist", meint der Rezensent angetan. Er lobt die Vielfalt von Brauns "Tönen, Formen und Themen", die, wie er findet, die "Buntheit der Narrengesellschaft Menschheit" treffend wiedergibt. Essig rühmt die Gedichte als stets "kunstvoll" und betont, dass sie dabei immer ihren "Mehrwert, ihr Mehrwissen" zu behaupten wissen. Braun operiert genauso mit "Neologismen" wie mit Althergebrachtem, er lässt "Jargon neben Mundart" erklingen und "Phrasen" in "Kalauer" kippen, freut sich der Rezensent, der nur bisweilen findet, dass das Ganze allzu "eingängig" wird.
Stichwörter