Ulinka Rublack

Dürer im Zeitalter der Wunder

Kunst und Gesellschaft an der Schwelle zur globalen Welt
Cover: Dürer im Zeitalter der Wunder
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2024
ISBN 9783608987218
Gebunden, 640 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Nastasja Dresler. 1511 fasst Albrecht Dürer einen radikalen Entschluss: Nachdem er sich mit dem Frankfurter Kaufmann Jacob Heller wegen eines Auftrages zerstritten hat, hört er auf, Altarbilder zu malen, und wendet sich anderen Werken zu. Dieser Konflikt ist dabei wie eine Linse, durch die man die neue Beziehung zwischen Kunst, Sammeln und Handel in Europa bis zum Dreißigjährigen Krieg beobachten kann. Denn mit dem beginnenden 16. Jahrhundert wurde Kunst Teil eines wachsenden Sektors von Luxusgütern und vollzog eine umfassende Kommerzialisierung. Kaufleute und ihre Mentalität waren entscheidend für ihre Verbreitung und Entstehung. Anhand von originalen Schriftstücken, Briefverläufen und Bildern zeichnet Ulinka Rublack die Geschichte Dürers, seines Werks und des aufkommenden europäischen Kunst- und Handwerksmarkt nach.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.04.2024

Rezensent Christoph Lüthy hat Ulinka Rublacks Studie mit Interesse gelesen. Die Historikerin untersucht darin, so Lüthy, das neue Verhältnis von Kunstproduktion, Sammelpraxis und Handel, das sich zwischen dem frühen 16. Jahrhundert und dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48) entwickelte. Ausgangspunkt des Buches ist Albrecht Dürer, dessen Werke in dieser Zeit zu wertvollen Sammelstücken avancierten.  Dürers "Heller-Altar", der bis zu dessen Abbrennen 1724 im Frankfurter Dominikaner-Kloster ausgestellt war, dient ihr als Beispiel dafür, wie der Künstler mit seinen Auftraggebern feilschte und eine völlig neue Selbstvermarktungsstrategie entwickelte, lernt der Rezensent.  Auch Kaufmänner und fürstlich engagierte Kunstagenten, die für ihre Herren die größten Raritäten und Luxusgüter erwerben sollten, spielen in Rublacks Darstellung der frühmodernen Kunstwelt eine wichtige Rolle. Eine, so der Kritiker, detaillierte Studie zur Kommerzialisierung der Kunst, die er trotz ihrer Länge empfiehlt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 06.04.2024

Rezensent Tilman Krause frohlockt über Ulinka Rublacks Dürer-Buch, das so ist wie keines, wie er findet. Warum? Weil die Autorin Dürer als Lichtgestalt mit Faible fürs Extravagante zeigt und seine Zeit als Ursprung einer für die Kultur höchst fruchtbaren Paarung von Handel und wirtschaftlichem Denken. Dass Rublack Dürers Lust am Sex unterstreicht, ohne seine Intellektualität zu beschneiden, findet Krause lehrreich und beglückend.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.03.2024

Einen originellen Fokus hat Ulinka Rublacks Buch laut Rezensent Thorsten Jantschek, und zwar beschäftigt es sich mit dem Kunstmarkt des 16. und 17. Jahrhunderts. Ins Zentrum rückt dabei ein nicht überliefertes Gemälde Albrecht Dürers, dessen Entstehung kleinteilig nachgezeichnet wird, wobei, wie Jantschek darstellt, Wechselwirkungen zwischen Kunst und Ökonomie in den Blick kommen. Außerdem weitet sich der Blick, unter anderem bis nach Afghanistan, wo ein für das Bild wichtiges Ultramarin-Pigment abgebaut wird, auch die Konsumkultur der Zeit und die spätere Geschichte des Bildes nach Dürers Tod kommen zur Sprache. Die Geschichte eines Kunstwerks auf diese Weise darzustellen: das ist wirklich eine hervorragende Idee, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2024

Rezensent Eberhard Rathgeb braucht Geduld für das Buch von Ulinka Rublack. Wie die Autorin anhand von Albrecht Dürer und seiner Zeit und den großen Sammlern von Fugger bis Max I. von Bayern erläutert, wie der symbolische Wert der Dinge eine materielle Kultur entstehen ließ, Kunst und Kultur miteinander verzahnte, findet Rathgeb höchst spannend, allerdings ob der Überfülle an Material im Buch mitunter auch etwas anstrengend zu erfassen. Beim Nachdenken über die Macht der Dinge wird der Rezensent das Gefühl nicht los, der Band verfüge nicht über die methodischen Mittel, sämtliche in ihm aufgeworfenen Verständnisschwierigkeiten aufzulösen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 02.03.2024

Die hier rezensierende Kunstkritikerin und Wissenschaftshistorikerin Julia Voss feiert Ulinka Rublacks Buch, das sie nicht nur als "mitreißende" Dürer-Biografie, sondern auch als Kulturgeschichte des Kunstmarkts und der deutschen Renaissance begeistert. Fesselnd findet sie, wie die Autorin und Cambridge-Professorin Albrecht Dürer als einen ehrgeizigen, geschäftstüchtigen und begeisterungsfähigen, aber auch eitlen Mann zeichnet und dabei gerade nicht vom großen Erfolg, sondern einem Misserfolgserlebnis ausgeht: Bei der Auftragsarbeit eines Altarbilds (heute bekannt als Heller-Altar) hatte Dürer sich verrechnet und zu wenig Honorar verlangt. Wie dies ihn aber dazu führte, sich fortan auf lukrativere Druckgrafiken zu konzentrieren, führe Rublack mit Blick auch auf den damaligen Kunstmarkt eindrücklich aus: Denn damals hatten Gemälde noch lange nicht den hohen Status wie heute, sondern gingen im "Warenstrom" neben Luxusgütern wie bunten Strümpfen, Pinienkernen oder Pelzen sogar eher unter, liest Voss gebannt. Wie Rublack die deutsche Renaissance so wie aus einem "rasenden Zug" heraus beschreibt, dabei höchst informiert, weil sie dazu schon anderweitig geforscht und publiziert habe, findet die Kritikerin beeindruckend. Auch die 15-jährige Forschungsarbeit speziell zu Dürer spreche aus jeder der rund 500 exquisiten Seiten (exklusive Abbildungen und Anmerkungen), schwärmt Voss.