Robert Spaemann

Rousseau - Mensch oder Bürger

Das Dilemma der Moderne
Cover: Rousseau - Mensch oder Bürger
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2008
ISBN 9783608942453
Gebunden, 156 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aller Streit um den "wahren" Rousseau ist vergeblich. Für jede Verirrung Rousseaus gibt es auch eine Kritik, die sich bei Rousseau selbst findet. Das spätmoderne Individuum wurde schon von Rousseau unnachsichtig entlarvt. Und dennoch stilisierte sich der "arme Jean-Jacques" wie kein Zweiter vor oder nach ihm als zerrissene Persönlichkeit. Diesen fundamentalen Widersprüchen im Denken Rousseaus und seiner Persönlichkeit geht Robert Spaemann auf den Grund. Rousseau wurde zum Vorläufer des modernen Menschen, der auch das 21. Jahrhundert bestimmen wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2008

Der Jean-Jacques Rousseau, den der Philosoph Robert Spaemann in seinem Buch vorstellt, ist ein Denker, der den Menschen als paradoxes Kulturwesen auf der Suche nach wiederhergestellter Natürlichkeit begreift. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Glaube an die schlagartige Neuigkeit, die das Christentum in die Welt gebracht hat, erklärt Rezensent Henning Ritter. Damit nämlich träten die politische Gemeinschaft auf Erden und die christliche, jenseitsorientierte Gemeinschaft auseinander. Eine Folge davon sei, so Spaemann Rousseau akzentuierend, die "Rechtfertigung der Außenseiterexistenz" des Menschen - die nun wiederum in Gegensatz zu Rousseaus Ideen zum menschengemeinschaftsbildenden "Gesellschaftsvertrag" tritt. Was Spaemann so in Rousseau entdeckt, sei ein liberaler "Zivilisationspessimist". Dieses Bild des Philosophen ist es, das in diesen teils vor vielen Jahrzehnten entstandenen Aufsätzen überdauert, findet der Rezensent Henning Ritter, der manch anderen Zug von Spaemanns Deutungen für nicht mehr auf der Höhe der Gegenwart hält.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.10.2008

Christian Schlüter freut sich über den philosophisch-politischen Nachschub aus der essayistischen Feder von Robert Spaemann, der wie nur wenige die kurze Form als argumentative "Intervention"  beherrscht, so der Rezensent. Daher stellen die vier, bisher zum Teil in alle Winde verstreuten Aufsätze über Rousseau, denen gemeinsam ist, dass sie den Franzosen, um mit dem Autor zu sprechen, als "exemplarische Existenz" der Moderne begreifen, auch eine "Fundgrube" dar. Spaemann stellt die Frage nach der Modernität an den Widersprüchen und Überempfindlichkeiten Rousseaus und seiner Zivilisationskritik, in der die Natur über allem steht und sie zugleich nicht mehr zielgerichtet ist. Somit sind sowohl der Revolution wie der Restauration Tür und Tor geöffnet, die "moderne Subjektivität", die sich in Rousseau vereint, "findet durch ihn auch ihre unnachsichtige Entlarvung", wie Schlüter zitiert. In ihm fallen Anfang und Ende der Moderne zusammen, insofern gilt: "Rousseau steht uns also noch bevor", so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.09.2008

Sehr angetan ist Uwe Justus Wenzel von den in diesem Band versammelten vier Aufsätzen zu Jean-Jacques Rousseau von Robert Spaemann, die bisher nur verstreut und schwer auffindbar publiziert worden waren. Der Zivilisationskritiker und Gesellschaftstheoretiker Rousseau hat seine Interpreten mit all seinen Widersprüchen und Hypochondrien schon immer zu psychologischen Erklärungsversuchen gedrängt, Spaemann allerdings begreift ihn als "exemplarische Existenz", die viel über die Zeit verrät, so der Rezensent zustimmend. Und so sei nach Auffassung des Autors auch gerade der Gegensatz zwischen dem bei Rousseau postulierten "natürlichen Menschen" und dem im politischen Kollektiv aufgehenden Bürger als exemplarisch für eine Zeit zu sehen, in der die teleologisch begriffene Natur durch eine Natur mit unbekanntem Ende abgelöst wurde.