Peter Sloterdijk

Im Weltinnenraum des Kapitals

Für eine philosophische Theorie der Globalisierung
Cover: Im Weltinnenraum des Kapitals
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518416761
Gebunden, 415 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Der Verknüpfung von Erzählung und Philosophieren, dem hervorstechenden Merkmal der Bücher Peter Sloterdijks, ist es zu verdanken, daß zu Beginn des 21. Jahrhunderts etwas Grundstürzendes über Globalisierung zu erfahren ist. Denn der Autor nimmt die mit der Erde als Kugel verbundenen historisch-philosophischen Eigenarten ernst und gelangt zur These: Was als Globalisierung gelobt oder verschrien wird, ist die Endphase eines mit der ersten Erdumrundung einsetzenden Prozesses. Und: Es lassen sich bereits Elemente für eine neue Epoche jenseits der Globalisierung registrieren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.06.2005

Überwiegend kritisch sieht Rezensent Mario Scalla das neue Buch von Peter Sloterdijk. Was nicht heißen soll, dass er keine lobende Worte für den Autor übrig hätte. Denn teilweise findet er das Buch, das ihm über weite Strecken wie eine komprimierte Version von Sloterdijks äußerst umfangreicher Sphären-Trilogie erscheint, durchaus "instruktiv und interessant". Etwa, wenn Sloterdijk mit philosophischen Hintergrund und "ornamentaler Materialfülle" die Geschichte der Globen und der Weltkarten erzählt. Als Einführung in die Sphären-Trilogie hat das Werk für Scalla jedenfalls seine Verdienste. Problematisch wird es für ihn, wo das Buch mehr sein will. Er hebt hervor, dass Sloterdijk mit Kapital und Kapitalismus "überhaupt nichts" anzufangen weiß. Zu Scallas Verdruss kommt stattdessen vom islamischen Terrorismus, Unilateralismus der USA und der Wohlstandsgesellschaft bis zur Posthistoire alles vor, was in denn letzten Jahren mediale Aufmerksamkeit erhalten habe. "So wird Sloterdijk zum omnipräsenten Meinungsbesitzer und Philosophendarsteller", urteilt der Rezensent. Zudem moniert er das Zerfasern des Buchs im hinteren, zweiten Teil, der mit dem ersten allerdings dieselbe "kokette Misanthropie" teilt. Solange Sloterdijk diese Haltung durch theoretische Neugier auf das historische Material im Zaum halte, wie in den Abschnitten über die Globonauten und seekundigen frühen Globalisierer, erscheint er Scalla als "inspirierender Autor". "Wenn das aber nicht der Fall ist", resümiert er, "nervt die Attitüde des Groß-Intellektuellen und das damit einhergehende hochtrabende Schwafeln."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2005

Mit einem Satz ließe sich sagen, was Peter Sloterdijk zur Globalisierung zu sagen hat, so Uwe Justus Wenzel trocken. Der lautet kurz: "Wer im Glashaus sitzt, sollte beim Steinewerfen vorsichtig sein." Der Rest der nicht weniger als 400 Seiten besteht dann überwiegend aus "Klimbim" und "Firlefanz", ganz abgesehen davon, dass sich ziemlich genau die Hälfte ziemlich genau auch schon im zweiten Teil der monumental angelegten Sphären-Trilogie finde. In drei Phasen teilt Peter Sloterdijk, den - so wieder der Rezensent - eine eher "unglückliche Liebe" mit der Philosphie verbindet, die Globalisierungs-Weltgeschichte ein. Hinaus läuft es eher auf Altbekanntes und, mit Absicht freilich, auf die "Große Erzählung". Bleibt noch die Heiterkeit des Ganzen, die die Lektüre zuletzt erträglich mache. Ob es sich um freiwillige oder unfreiwillige Komik handelt, wird in dieser recht gnadenlosen Rezension nicht ganz klar.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2005

Das wäre doch gelacht gewesen, wenn Peter Sloterdijk nichts zum Modethema Globalisierung zu sagen gehabt hätte, meint Rudolf Walther. Das Lachen ist ihm vergangen, denn bei diesem 400-Seiten-Büchlein handelt es sich seines Erachtens nach um eine Art Resteverwertung von Sloterdijks großer Sphären-Trilogie, ein "sektiererisches Gemurmel", das Philosophisches mit Erzählerischem zu Esoterischem zusammenrühre. Als Philosoph habe sich Sloterdijk längst "abgemeldet", als Erzähler findet ihn Walther "drittklassig", und als Zeitdiagnostiker eher "belanglos". Au weia! In Wahrheit gehe es Sloterdijk auch gar nicht um Gobalisierung, hält der zornige Rezensent fest. Gegenüber älteren Texten habe der neue Aufsatz immerhin den Vorzug, dass Sloterdijk mit der "konkurrenzlos billigen geschichtsphilosophischen Vereinfachung des Endes" arbeite. Ansonsten unterscheide der "südwestdeutsche Lokalmetaphysiker" anhand eines selbstgebastelten dreiphasigen Modells zwischen "kosmischer", "terrestrischer" und "elektronischer Globalisierung" - wobei die laufende Inbesitznahme der Welt ebensowenig aufgehalten werden kann wie die Erdrotation. Damit wischt Sloterdijk einfach so alle Argumente von Globalisierungsgegnern vom Tisch, schimpft der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Eine "entschiedene Historisierung des scheinbaren Novums der Globalisierung" erblickt Eva Geulen in Peter Sloterdijks philosophischem Werk über die wirtschaftliche Erschließung der Welt. Begonnen habe die Geschichte der Globalisierung mit der Erkundung und Umrundung der Welt im 15. Jahrhundert. Im imperialistischen 19. Jahrhundert und der Zeit der Kolonialisierung sehe Sloterdijk eine zweite dynamische Phase der Globalisierung, die seit etwa 1945, dem Beginn der Posthistorie, im wesentlichen abgeschlossen sei. Die Gegenwart betrachte er folglich als Nachspiel der Weltgeschichte, in der freilich die Konsequenzen der Globalisierung erst deutlich zu Tage treten. Im Vergleich zum Global Player des 15. und 19. Jahrhundert nehme sich der heutige kultiviert und zurückhaltend aus. Den globalen Terrorismus, für den Zeitgeist der Beginn eines neuen Zeitalters, verstehe Sloterdijk als "romantischen Wiederholungsversuch der Weltgeschichte." Geulen hebt hervor, dass der Autor seine Geschichte der Globalisierung "wie ein Außerirdischer" erzählt, was zum einen "unvermutete Perspektiven" auf das aktuelle Geschehen ermögliche, zum anderen den Erzähler mit Fixpunkten und Konstanten versorge, ohne die diese Geschichte nicht erzählt werden könnte. Trotz einiger kleinerer Einwände den absoluten Anspruch dieser Geschichte betreffend hält Geulen das Buch für "lehrreich und wichtig", weil es die Voraussetzungen erhelle, unter denen wir operieren und über die imperialistisch-expansionspolitische Hypothek aufkläre, die auf der Gegenwart laste. Als "überraschende Pointe" am Ende des Buches wertet Geulen schließlich Sloterdijks Plädoyer für die Unhintergehbarkeit lokal begrenzter Räume und Nachbarschaften, in denen sich menschliches Leben, in Form von Fortpflanzung, Kinderaufzucht, Tradierung von Bildungsgütern, abspiele, und die durch die Globalisierung auch nicht homogenisiert werden können.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2005

Martin Bauer erklärt Peter Sloterdijks Essay eher, als er ihn rezensiert, die Erklärungen aber lassen ein Interesse, wenn nicht sogar Vergnügen an dem "Schwindel erregenden Ideenreichtum" des Philosophen erkennen. Sloterdijk plädiert für eine Rückkehr aus der unbewohnbaren Zeit in den "gelebten Raum", und will seinen Lesern beibringen, wieder wohnen zu lernen. In seiner vorgestellten Abhandlung zur Globalisierung argumentiert er mit Arnold Gehlen und Hans Freyer eher "deutsch-national", bemerkt der Rezensent, der außerdem amüsiert feststellt, dass dabei die verbreiteten Globalisierungstheorien "en passant" nicht nur widerlegt, sondern schon eher "ridikülisiert" werden. Als "kenntnis- und facettenreich" würdigt Bauer auch die von Sloterdijk vorgenommene Einteilung der Globalisierung in drei Akten, namentlich "onto-morphologisch", "terrestrisch" und "elektronisch". Das Lokale sei schließlich aufgerufen, diser elektronischen Ortlosigkeit Paroli zu bieten. Martin Bauer jedenfalls ist dabei und ruft auch potenziellen Lesern zu: "Wohlan!"
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