Michael Hardt, Antonio Negri

Multitude

Krieg und Demokratie im Empire
Cover: Multitude
Campus Verlag, München 2004
ISBN 9783593374109
Gebunden, 420 Seiten, 34,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn. Die Demokratie wird heute bedroht durch einen scheinbar permanenten und allgegenwärtigen Kriegszustand, der auch in Ländern und Regionen ohne aktuelle bewaffnete Konflikte die Freiheitsrechte und Demokratie einschränkt. Die Anschläge vom 11. September 2001 und der folgende "Krieg gegen den Terror" machten diese Kriegsordnung offensichtlich. Dennoch ist eine globale Demokratie durchsetzbar - durch die Macht der Multitude, der Menge, die, wie Hardt und Negri schreiben, im Innern des Empire lebt. Die Multitude, das sind die Vielen, vielgestaltig und einzigartig. Sie zeichnen sich weder durch gemeinsame Identität aus (Volk) noch durch Uniformität (Masse). Sie sind dabei, ein Gemeinsames zu entdecken, indem sie miteinander in Beziehung treten und gemeinsam handeln, sich global vernetzen und Wissen produzieren.
Wie das funktionieren kann, zeigen Hardt und Negri in einer theoretischen Erzählung, die tief in das Geflecht unserer globalen Gesellschaft dringt und die notwendigen Voraussetzungen wie die möglichen Perspektiven ihrer umwälzenden demokratischen Veränderung aufzeigt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.08.2005

In diesem Buch stellen Michael Hardt und Antonio ihre "Multitude"-Theorie vor, in der sie das Potential für eine "wahrhafte Demokratie" sehen, erklärt Gottfried Oy. Der Begriff Multitude kommt aus dem Französischen und heißt zunächst nichts anderes als "große Menge", erläutert der Rezensent. Die Autoren, die darunter keine homogene Masse, sondern eine Gruppe von "Singularitäten" verstehen, machen die Multitude zum "Dreh- und Angelpunkt einer postmodernen Philosophie", in der ein gewandelter Begriff von Arbeit im Mittelpunkt steht, so Oy durchaus eingenommen. Was ihm am Text allerdings fehlt, ist der "Mut zur Kontroverse" und er findet, insbesondere bei der Propagierung einer "neuen Wissenschaft", die mit dem Demokratieverständnis von Hardt und Negri einhergeht, hätte den Autoren "etwas mehr Selbstkritik" durchaus gutgetan.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.11.2004

Kein gutes Haar lässt Rezensent Carsten Zorn an Antonio Negris und Michael Hardts "Multitude", der Fortsetzung ihres Bestsellers "Empire". Er bespricht das Buch unter dem Stichwort "Pop und Philosophie", um festzustellen, dass das Empire-Projekt "eindeutig" mehr Pop als Philosophie sei, aber mehr Philosophie als Pop sein möchte. Für Zorn stellt sich hier die Frage, ob am Ende "gute" oder eher "gar nicht so gute Pop-Philosophie" herauskommt. Eine Frage, die er im Lauf seiner Besprechung in Richtung "gar nicht so gute Pop-Philosophie" beantwortet. Einmal abgesehen davon, dass für ihn der Multidude-Begriff notorisch unklar bleibt, gefällt ihm die Rhetorik, in der das Buch gehalten ist, ganz und gar nicht. Die findet er mal "gespreizt und prätentiös", mal "banal und belanglos", meist aber "beides zugleich": "Treuherzige Appelle vermischt mit 'Politikberatung', apokalyptischen Visionen und groß angekündigten Bezügen zur Weltliteratur, bei denen nichts herauskommt." Allzu oft erscheint ihm das Ganze "einfach lächerlich". "Abwechselnd konfrontiert mit biederen Appellen und düster pathetischen", schließt der Rezensent, "rettet man sich vor der ganzen Peinlichkeit auch immer mehr in die Vorstellung, es nicht mit einem postmodernen Manifest mit radikal-kritischem Anspruch - sondern mit einer gelungenen Parodie auf ein solches zu tun zu haben."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.11.2004

Für seinen vernichtenden Verriss von "Multitude", der Fortsetzung des viel diskutierten Anti-Globalisierungs-Manifestes "Empire" von Antonio Negri und Michael Hardt, hat sich Dietmar Dath zu einer Generalabrechnung mit der in beiden Büchern verkündeten Form linker Protest-Theorie entschlossen. Für deren Hauptmerkmal hält der Rezensent ein durch unverständlichen philosophischen Jargon aufgeblasenes realitätsfernes Gefasel. Besonderen Spaß macht es Dath, bedeutsam klingende Hardt/Negri-Phrasen als postmodern verbrämte Topoi zu entlarven, die bedeutend klarer schon in den Schriften von Marx und Hegel zu finden sind. So bedeutet "Multitude" in Daths freier Hegel-Paraphrasierung des Begriffs "schlechte Allgemeinheit" nichts weiter als "formlose Grütze", die aus einer Masse von "bedeutsam nivellierten Nichtsubjekten" zusammengesetzt ist. Dadurch soll vor allem eines klar werden: Die Schriften der beiden Pseudo-Linken, wie Dath umschreibt, bestehen im Kern aus reiner Stimmungsmache und haben mit realitätsnaher Analyse oder revolutionärem Programm nichts zu tun. Dies ist entschieden zu wenig, um uns auf die gerade stattfindenen massiven globalen Veränderungen im ökonomischen, militärischen und medizinischen Bereich vorzubreiten, findet der Rezensent. Der einzig bleibende Verdienst von Hardt und Negri werde es wahrscheinlich sein, ihr eigenes Scheitern als symptomatisch für eine praxisferne linke Theorie dokumentiert zu haben, resümiert Dath sarkastisch.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2004

Keineswegs überzeugt zeigt sich Rezensent Rudolf Walther von Michael Hardts und Antonio Negris "Multitude. Krieg und Demokratie im Empire", der Fortsetzung ihres Theorie-Bestsellers "Empire", der vor zwei Jahren von der Kritik durch alle Lager euphorisch aufgenommen wurde. Sein Hauptkritikpunkt: Der Mangel an Empirie. Er kreidet den Autoren an, dass sie sich nicht mit den empirischen sozialen Fakten und realen gesellschaftlichen Prozessen beschäftigen. Kurz: das Buch bewege sich im "Rahmen von frei schwebender geschichtsphilosophischer Spekulation". Bei der Multitude, der Menge, die als Gegenspieler des Empire auftreten, und die Negri und Hardt mit zahlreichen Metaphern und als Ergebnis einer historischen Konstellation zu beschreiben suchen, handelt es sich nach Ansicht Walthers letztlich um einen "theologischen Begriff". Für ihn tut sich immer wieder ein "Abgrund" auf zwischen spekulativer Behauptung und Analyse realer gesellschaftlicher Prozesse. Walthers ernüchterndes Resümee: "Statt einer präzisen Analyse der sozialen und politischen Konstellationen, die einen realen sozialen Träger und Akteur der 'Multitude' hervorbringen, bieten die Autoren nur normativ aufgeladene Glaubenssätze an."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Überwiegend kritisch beurteilt Rezensent H. D. Kittsteiner diese Fortsetzung von Michael Hardts und Antonio Negris Bestseller "Empire" aus dem Jahr 2000, in deren Mittelpunkt die titelgebende "Multitude" steht, die "Menge", die dem globalen Kapitalismus Kontra geben könne. Er hebt hervor, dass das neue Buch im Grunde schon im alten enthalten sei. Auch die Schwächen seien wieder die gleichen. Zwar räumt er ein, dass sich "hier und da" durchaus "plausible Einsichten" finden, etwa im Kapitel über die Krise der Demokratie im Zeitalter der bewaffneten Globalisierung. Alles in allem findet er Negris und Hardts Ausführungen nicht wirklich überzeugend. Was ihm fehlt, ist ein engerer Bezug zur Realität, eine "zureichende Analyse der gegenwärtigen Weltlage". Historisches Denken sei die Stärke der Autoren nicht. Er moniert ferner, dass die Autoren das Problem eines politisch radikalisierten Islam weitgehend verdrängen. Alle Probleme, die mit dem "Kampf der Kulturen" zusammenhingen, so Kittsteiner, passten den Autoren nichts ins Konzept. "So erzählt sich das Buch in einer Art Märchenton durch die Welt", resümiert er hämisch. "Leser wird es allein schon deswegen finden."