Jonathan Lee

Joy

Roman
Cover: Joy
Diogenes Verlag, Zürich 2024
ISBN 9783257072426
Gebunden, 384 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Cornelia Holfelder-von der Tann. Joy Stephens' Leben lässt wenig zu wünschen übrig: Mit Mitte dreißig steht sie kurz vor der Ernennung zur Partnerin in ihrer Londoner Anwaltskanzlei, sie ist der Inbegriff einer erfolgreichen, attraktiven Karrierefrau und führt eine offene, aber verlässliche Ehe. Trotzdem bereitet Joy ihren Abgang bei Hanger, Slyde & Stein vor - bis sie bei ihrer Dankesrede vor aller Augen zehn Meter in die Tiefe stürzt. Hat ihr Anwaltskollege und Ex-Lover Peter etwas damit zu tun? Oder übt dieser funkelnde Glaspalast inmitten der flirrenden Lichter Londons einen ganz eigenen Abwärtssog aus?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.02.2024

Rezensentin Sylvia Staude ist gecatched von Jonathan Lees geschickt konstruiertem und sprachlich versiertem Roman. Es geht um die erfolgreiche, aber völlig überarbeitete und suizidale Junganwältin Joy, gefangen in einer lieblosen Partnerschaft und traumatisiert davon, dass vor 5 Jahren ihr Neffe unter ihrer Aufsicht verschwand. Von alldem erfahre der Leser aber nicht aus der Perspektive Joys, sondern von verschiedenen Figuren aus der Kanzlei: unter anderem Joys Kollege und Ex-Lover, die Sekretärin und ein junger indischstämmiger Angestellter im firmeneigenen Fitnessstudio. Wie Lee dabei jeder der erzählenden Figuren einen ganz eigenen, "plastischen" Sprechstil verleiht und durch diese Perspektiven hindurch ein Bild der überwiegend "furchtbaren" Kanzlei-Welt zeichne - 7 Jahre hat der Autor selbst in einer Anwaltskanzlei gearbeitet, erfährt Staude aus dem Klappentext -, scheint die Kritikerin fesselnd und gut geschrieben zu finden. Am Ende warte der Autor noch mit ein paar "Überraschungskarten im Ärmel" auf, verspricht Staude abschließend.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 26.01.2024

Rezensentin Irene Binal fühlt sich von Jonathan Lees Roman "Joy" gut unterhalten und zugleich intellektuell angeregt. Dass der Autor ganz am Ende der Geschichte offenbar nicht mehr weiter wusste und sich in der Not plötzlich mit unpassendem Pathos behalf, tut dem Lesevergnügen laut Binal nur geringen Abbruch. So stark ist die Geschichte, oder besser: so stark sind die Geschichten, die Lee in seinem Roman miteinander verknüpft, so vielfältig, so facettenreich ist die Sprache, der sich dieser Autor bedient. Mal zackig und sarkastisch, mal ernsthaft und subtil erzählt er aus dem Leben der erfolgreichen Anwältin Joy, bevor sie ins Koma fiel. Stecken Mordabsichten dahinter oder war es doch Selbstmord - dies gilt es herauszufinden. Und so werden nach und nach verschiedene Zeugen, Kolleginnen und Freunde befragt. Gekonnt seziert der Autor hier eine Figur nach der anderen, lüftet ihre Geheimnisse, macht ihre Eigenheiten sichtbar, ihre Ängste spürbar und legt ihre "Verletzungen und Verfehlungen" offen, sodass nach und nach ein komplexes Netz von komplexen Beziehungen komplexer Menschen entsteht. Das ist bis fast zuletzt äußerst spannend zu lesen, so die Rezensentin.