Joachim Geil

Heimaturlaub

Roman
Cover: Heimaturlaub
Steidl Verlag, Göttingen 2010
ISBN 9783869300771
Gebunden, 290 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Eine Woche Heimaturlaub hat Leutnant Dieter Thomas, der im Sommer 1944 von der Ostfront kommt. In der pfälzischen Provinz lebt es sich beschaulich: Der Krieg scheint fern, man glaubt unerschütterlich an den "Endsieg", im Freibad geht die Zeit dahin. Rasch hat Dieter ein Auge auf Heidi geworfen und Heidi auf ihn. Doch die Idylle bekommt Risse, denn Dieter wird von einer Erinnerung aus dem russischen Winter heimgesucht. Seine Romanze mit der hübschen Maschenka im Dorf "Malaja Irgendwas" endet mit einem brutalen Übergriff, und in Verzweiflung weiß Dieter nur einen Ausweg: seine Liebe durch einen Mord zu retten.
Außen netter Bursche, innen eine verheerte Seele: Joachim Geil erkundet die verschwiegenen und unterdrückten Gefühle eines Menschen im Krieg. Er schildert die bodenlosen Ängste und inneren Konflikte, die sich keinen Weg bahnen dürfen. Heimaturlaub lässt niemanden unberührt - ein Roman über das persönliche Trauma Krieg.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.09.2010

Als relevant in einer Gesellschaft, die Krieg als Mittel der Politik begreift, bezeichnet Oliver Jungen dieses seiner Meinung nach erstaunliche Debüt von Joachim Geil. Es ist 1944, Dieter ist Kriegsheimkehrer und bringt sein ganz persönliches Schuldtrauma mit nach Hause. Wie der Autor diese Versehrung sprachlich und psychologisch im Monolog herausarbeitet, findet Jungen fulminant. Mit der stark konstruiert wirkenden Handlung kommt Jungen zurecht. Allerdings stört er sich an einem Gegenwartserzähler mit auktorialer Geste und einer zeitweiligen Überzeichnung der Symbolik. An der erzählerischen und sprachlichen Klasse dieses Antikriegsromans ändert das für Jungen aber nichts.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.06.2010

Rezensent Lennart Laberenz kommt zu dem Schluss, dass wohl erst die zweite Nachkriegsgeneration derart tief in die traumatisierte Seele der Soldaten des Zweiten Weltkriegs blicken kann, wie es der 1970 geborene Joachim Geil in seinem Roman "Heimaturlaub" tut. Der Autor rekonstruiert die Familiengeschichte eines Pfälzer Ich-Erzählers, konzentriert sich aber im Lauf des Buches auf die Innenperspektive des Leutnants Dieter Thomas, der Heimaturlaub von der Front hat und den die Kriegserfahrungen auch zuhause nicht loslassen, wie der Rezensent erklärt. Der Rezensent lobt Subtilität und Eleganz dieses Romans, die das Buch nicht als Teil historischer Erklärungen, sondern zu genuiner Literatur machen, wie er betont. Und über den historischen Anlass geht der Roman hinaus, indem er grundsätzlich den "Widerspruch zwischen Kriegsrealität und zivilem Alltag" thematisiert, stellt Laberenz noch eingenommen fest.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.05.2010

Rezensent Dieter Hildebrandt liest Joachim Geils Debütroman mit ambivalenten Gefühlen. Er begibt sich mit dem Autor auf Russlandfeldzug und auf Heimaturlaub und beobachtet, dass der Autor die Geschichte des Romanhelden, die er erzählt, "überhaupt erst verstehen lernen will". Bei manchen Passagen über die Traumata des jungen Soldaten fragt sich der Rezensent, ob er vor "Szenen von expressionistischer Wucht" steht, oder ob der Autor schlicht am Unsagbaren scheitert. Entschieden ist er jedoch, wenn es um die "Glaubwürdigkeit" geht, die dem Protagonisten fehlt. In jedem Fall aber ein lesenswertes Erstlingswerk, findet Hildebrandt.
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