Jan Costin Wagner

Eismond

Roman
Cover: Eismond
Eichborn Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783821806990
Gebunden, 306 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Sanaa ist tot, eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Kimmo Joentaa, ihr Mann, weiß, dass seine junge Frau gerade an Krebs gestorben ist, aber er kann es nicht begreifen. Wie in Trance versucht er, sein Leben weiterzuführen als sei nichts gewesen. Wie in Trance sitzt er in seinem Büro in der Polizeidirektion der finnischen Stadt Turku, als ihn die Nachricht erreicht, dass eine Frau schlafend in ihrem Bett erstickt wurde. Als er den Tatort betritt, glaubt er Sanaa vor sich zu sehen - eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Die Tote wird nicht das einzige Opfer bleiben. Alle werden im Schlaf erstickt, von einem Mörder, der durch Wände zu gehen scheint.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

"Eismond" ist ein Viel-Personen-Roman. Wäre es ein Film, hätten nicht wenige Akteure eine Chance, den Preis für die beste Nebenrolle zu gewinnen. Zum Beispiel Joentaas Chef Ketola: Er trinkt, brüllt, hat einen drogensüchtigen Sohn und tritt eine Verdächtige - da denkt man an viele skandinavische Krimis, in denen das Kommissariat einen Schmerzensmann enthält, der in nicht zu knapper Auswahl die wichtigsten gesellschaftlichen Probleme erduldet. Wenn Wagner das zitiert, dann verfremdet er es zugleich: Ketola ist nämlich auch sensibel, fürsorglich und findet zur rechten Zeit das rechte Wort. Die Übergänge sind abrupt und grundlos...
Lesen Sie mehr von Michael Schweizer in 'Mord und Ratschlag'

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.10.2003

Mörder und Ermittler hätten laut Hardy Reich in diesem Kriminalroman eine ungewöhnliche stark ausgeprägte Gemeinsamkeit: "die Besessenheit beider vom Thema Tod". Laut Reich beginnt der Roman mit dem Tod der jungen Frau des Kriminalpolizisten, was die Wahrnehmung seines Berufs gründlich durcheinander bringt. Auf dieser Grundlage entstehe dann langsam diese besondere Verbindung zwischen dem Serienkiller und dem Ermittler, die dem Buch leider nicht immer ganz dienlich sei, meint der Rezensent. Der Autor interessiere sich gleichermaßen für die "Täterseelen" und den Seelenzustand des Ermittlers, so dass im südfinnischen Turku ein "Duell zwischen Verbrecher und Ermittler" entstehe. Leider werde das allzu oft in poetischen Metaphern "um den Mond, Farben und immer wieder das Atmen" ausgetragen, bemängelt Reich. Regelrecht genervt hat ihn auch der Hang des Autors, in seinem "überwiegend ruhigen Fluss des Erzählens" allzu oft auf die Wirksamkeit kurzer, knapper Sätze zu setzen. Ein etwas dünnes Lob hat der Rezensent dann noch übrig für die "Kreativität", mit der Wagner mit "typischen Elementen" der Tradition des Kriminalromans umgegangen sei - zum Beispiel der laut Reich "alte Grundsatz", dass Täter und Detektiv eine gemeinsame Basis haben müssen. Sein Gesamturteil fällt trotzdem eher mäßig aus.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.08.2003

Jan Costin Wagner hat mit "Eismond" einen wirklich guten Krimi vorgelegt hat, hält Robin Detje fest. Da die Handlung in Finnland angesiedelt ist, könne man getrost davon ausgehen, dass es hier schön kalt und gruselig zugehe. So verspricht der Rezensent "Genuss ohne Reue" - aber mehr auch nicht. Bei diesem harten Verdikt hat Detje allerdings weniger Wagner im Blick, als seine eigenen Kollegen, die in Zeiten des Sommerlochs schon angesetzt haben, Wagner zum neuen Star am Autorenhimmel hochzuschreiben: "Das ist totaler Quatsch", warnt unser Rezensent. Gute Literatur würde nämlich etwas längere Sätze und den einen oder anderen Gedanken erfordern. Aber da Wagner für seine Kritiker nichts kann, und im Gegensatz zu ihnen auch keinen Etikettenschwindel betrieben habe, versichert Detje, dass das Buch "viel besser" sei als das "journalistische Begleitprodukt".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.08.2003

Ansgar Wagner ist außerordentlich beeindruckt von diesem Buch, das ein "spannender Krimi", aber zugleich noch viel mehr sei: Es geht darin um Menschen, die sich mit den "letzten Dingen" beschäftigen, nämlich den Tod. Kommissar Joentaa hat gerade seine Frau verloren, als ein Serienmörder anfängt, Frauen zu töten. Nachdem er das Opfer gesehen hat, vermutet der Kommissar, dass auch der Täter einen Menschen verloren hat. Jan Costin Wagner erzählt seine Geschichte "multiperspektivisch", schreibt unser Rezensent. Der Leser wird parallel zur Ermittlungsarbeit des Kommissars in die "Erlebniswelt" des Mörders eingeführt. Neben der Kriminalgeschichte ist dieser Roman auch eine "außergewöhnliche Liebeserklärung an Finnland", versichert der Rezensent. Im Zentrum der Geschichte aber stünden zwei Menschen, die versuchten, die "Kontingenz des Daseins zu bewältigen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.07.2003

Tobias Gohlis ist begeistert von diesem "außerordentlichen" Kriminalroman. Jan Costin Wagner lassen "die Regeln des Genres gleichgültig". Es geht um den Tod in diesem Buch, erfahren wir. Die Frau des Kommissars Joentaa stirbt im Krankenhaus, schläft einfach ein, erzählt Gohlis. Joentaa, tief erschüttert, wird danach von der "Leere" schier erdrückt. Doch dann gibt es seltsame Todesfälle: Mehrere Frauen werden auf "beinahe liebevolle" Art getötet. Auch dieser Mann, glaubt Joentaa, hat jemanden verloren. Sein Verstandnis für den Täter, das "Gemeinschaftsgefühl der vom Tod Affizierten", lässt Joentaa den Fall lösen. Doch für Gohlis geht es in diesem Roman nicht um das "wer", sondern um das "warum", um "das Geheimnis des Todes" selbst. In seiner "ruhigen, kargen, introspektiven Sprache" ist Wagner nah an dieses Rätsel herangerückt, schreibt unser tief beeindruckter Rezensent.
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