Ivo Andric

Das Fräulein

Roman
Cover: Das Fräulein
Zsolnay Verlag, Wien 2023
ISBN 9783552073418
Gebunden, 272 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Serbischen von Edmund Schneeweis und Katharina Wolf-Grießhaber. Mit einem Nachwort von Michael Martens . Rajkas Vater zählt zu den angesehensten und reihum respektierten Geschäftsmännern Sarajevos, ehe er bankrottgeht und darüber verzweifelt. Noch auf dem Sterbebett schärft er seiner fünfzehnjährigen Tochter ein: "Spare, spare immer, überall, an allem, und kümmere dich um nichts und niemanden."Streng hält sie sich an seinen Rat, übernimmt den Haushalt, unterdrückt die sanfte Mutter, schaut hartherzig einzig und allein auf ihren Vorteil und wird darüber zu einem Monstrum an Gier und Habsucht. Als jedoch der junge Ratko in ihr Leben tritt, ändert sich alles, und das "Fräulein" wirft alle Prinzipien über Bord. Mit diesem 1944 entstandenen Roman schuf Ivo Andrić eine großartige und zeitlos aktuelle Charakterstudie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.08.2023

Dieser Roman von Ivo Andric zählt völlig zu Unrecht zu seinen unbekanntesten, findet Rezensent Franz Haas nach der Lektüre der Lebensgeschichte von Rajka Radakovic, der über alle Maßen geizigen Protagonistin. Vor der Folie der Geschichte des Balkans im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts und mit vielen Zitaten gespickt, berichtet Haas von der Geschichte dieses "Fräuleins", die das Familienvermögen zusammenhalten soll, aber von einem jüngeren Lover übers Ohr gehauen wird. Gerne liest er diese Geschichte vom "perversen Geiz" als "Ersatz für die Wollust", noch besser hätte es ihm allerdings gefallen, wenn heute politisch missliebige Ausdrücke nicht einfach glattgebügelt worden wären.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 01.04.2023

Thematisch klingt das erst Mal interessant: eine 15-Jährige erhält vom Vater auf dessen Sterbebett den Rat, immer schön zu sparen, dann werde sie auch zu Geld kommen. Sie hält sich dran, spart an sich, spart an anderen und erwirtschaftet so bis zum Ende des Ersten Weltkriegs ein hübsches Vermögen, erzählt Rezensent Jörg Plath. Nach 1918 trifft sie der Volkszorn, sie geht nach Belgrad und wird dort von zwei Betrügern um ihr Vermögen gebracht. Der Roman ist Teil der "Bosnischen Trilogie" Andrićs, die 1945 erstmals erschien. So gut wie "Die Brücke über die Drina" ist er aber nicht, meint Plath. Dafür ist das Personal zu begrenzt und der Erzähler bleibt zu oft im Allgemeinen,  bedauert der Kritiker.