Irene Nemirovsky

Feuer im Herbst

Roman
Cover: Feuer im Herbst
Albrecht Knaus Verlag, München 2008
ISBN 9783813503173
Gebunden, 271 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Sommer 1914. Noch liegt malvenfarbene Luft über Paris, noch flanieren die Kleinbürger sonntags über die Champs-Elysees und genießen ihr kleines Glück. Martial wird bald Arzt sein und seine Cousine Therese heiraten. Die Zukunft ist geordnet. Doch ein Frösteln, eine zittrige Erregung erfasst die Menschen. Ein Wort aus ferner Zeit taucht auf und weckt Heldenträume in jungen, abenteuerlustigen Männern - Krieg. Das Grauen zerstört schnell alle Illusionen. Therese wird Witwe, und von der Front kehren gebrochene Männer heim. So auch Bernard, Thereses Kamerad aus Kindertagen. Mit wildem Lebenshunger will er die Kriegsgräuel vergessen machen, will Wiedergutmachung für das Erlittene. Er will Frauen, Geld, rauschhaften Genuss. Therese verliebt sich in Bernard. Als er abzustürzen droht, fängt sie ihn auf. Sie ahnt nicht, welchen Preis sie für ihren Traum bezahlen muss.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.05.2009

Wie schon in den vorher publizierten Texten von Irene Nemirovsky erscheint Sandra Kegel die Meisterschaft der Autorin unbestreitbar. Diesen letzten abgeschlossenen Roman der 1942 nach Auschwitz deportierten Nemirovsky liest sie als Vorstufe zur spektakulären "Suite Francaise", mit der die Autorin bekannt wurde. Das Buch zieht die Rezensentin unmittelbar hinein in die kleinbürgerliche Welt der Pariser Familie Brun und führt sie weiter entlang 30 Jahren Familiengeschichte um den Protagonisten Bernard. Kegel erfährt über das verzweifelte Festhalten der Menschen an der Sinnhaftigkeit der Ereignisse zwischen den Kriegen. Ein minutiöses Sittengemälde entsteht vor ihren Augen, entworfen anhand der Erlebnisse der Figuren, Mütter, Soldaten, Bankiers etc. Dieser Stimmenchor lässt Kegel den moralischen Verfall der Pariser nachempfinden. Auch wenn Nemirovsky ihrem Helden am Ende eine Chance gewährt, geht es laut Kegel vor allem um das Zerbrechen der Menschen an den "Antagonismen der Zeit".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.12.2008

Rezensentin Maike Albath ist völlig gefangen von Irene Nemirovskys Roman "Feuer im Herbst", der ein eindringliches Epochenbild von der Vorkriegszeit 1912 in Paris bis mitten in die Zeit des Zweiten Weltkriegs 1942 zeichnet. Schon die Eröffnungsszene, ein Mittagessen der Familie Brun mit Freunden und Verwandten, beeindruckt die Rezensentin durch die prägnante Figurencharakterisierung und die überzeugende Beschreibung der bürgerlichen Gesellschaft der Vorkriegszeit. Die Rezensentin bewundert den Roman als brillantes "Zeitporträt" und preist Nemirovskys Händchen für die psychologischen Feinheiten ihrer Figuren, die sie in charakterisierender Figurenrede, in Dialogen und Erzählerpassagen äußerst treffend zu evozieren wisse. Am Ende teilt die Rezensentin noch lakonisch mit, dass wir hier den letzten vollendeten Roman der Autorin vor uns haben, die 1942 nach Auschwitz deportiert wurde und dort kurze Zeit später an Typhus starb.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.10.2008

Irene Nemirowsky schrieb ihren letzten, postum erschienenen Gesellschaftsroman 1941/42, bevor sie 1942 in Auschwitz ermordet wurde, so Thomas Laux. Er umfasst die Jahre zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, wobei die zwanziger Jahre im Zentrum des aus bourgeoiser Perspektive erzählten Sittengemäldes stehen, das noch stärker als in ihren anderen Werken die "Sollbruchstellen einer Gesellschaft, die nach jahrelang abverlangten Opfern ihre moralischen Hemmschwellen ad acta gelegt hat" erforscht. Es geht also um Klassenunterschiede, Eigennutz, Unersättlichkeit, Aufstieg und Fall, die exemplarisch an dem desillusioniert aus dem Krieg zurückkommenden Bernard durchgespielt werden. Sehr begeistert haben den Rezensenten die "fein ziselierten Schilderungen der Nebenschauplätze" und Attacken auf die Haute-Volee, sowie die psychologischen Porträts der Frauengestalten, die in ihrer Parvenühaftigkeit auch nicht besser wegkommen als ihre  männlichen Pendants.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.10.2008

Christoph Haas verspricht mit Irene Nemirovskys Roman "Feuer im Herbst" ungetrübtes Lektüreglück und würdigt die französische Autorin, die 1942 in Auschwitz ermordet wurde, als eine von Frankreichs "großen" Schriftstellerinnen des vergangenen Jahrhunderts. Schon das Anfangskapitel, in dem die Autorin die im Mittelpunkt der Geschichte stehenden Familien Jacquelain und Brun einführt, gilt dem begeisterten Rezensenten als eine beeindruckende Milieuschilderung der bürgerlichen Pariser Gesellschaft auf knappstem Raum. Erzählt wird von Bernard Jacquelains Verlust der Illusionen nach anfänglich begeistertem Patriotismus und vom "Triumph der Liebe" in der Beziehung zu Therese Brun, fasst der Rezensent zusammen. Die im Zentrum des Romans stehende moralische Läuterung des Helden erinnert stark an "Schuld und Sühne", meint Haas, der aber zugleich vom nüchternen Ton des Buches, das jegliche "Melodramatik" vermeidet, angenehm berührt ist.
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