Götz Aly

Unser Kampf

1968
Cover: Unser Kampf
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008
ISBN 9783100004215
Gebunden, 256 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Götz Aly war einer der in Berlin aktiv mitkämpfenden sogenannten 68er. Er tritt also in der Rolle als Zeitzeuge auf und als Historiker. Daher darf man erwarten, dass er einen Rückblick der besonderen Art liefert. Seine Thesen lautet: Die 68er waren ihren Vätern näher, als ihnen heute lieb ist. Aly sieht in der 68er-Bewegung einen Spätausläufer des Totalitarismus mit einer gewissen Nähe zum Nationalsozialismus. Der Utopismus, die Revolutionsseligkeit, die individuelle Veränderungs- und Aufstiegswut, die Lust an der tabula rasa - all dies fand seine Anknüpfungspunkte in den Aktivitäten und in der Weltanschauung der "Generation Kübelwagen".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.02.2008

Jan Feddersens Rezension von Götz Alys Buch über die Achtundsechziger und ihre Nähe zur totalitären Ideologie der "Dreiunddreißiger" ist zunächst einmal eine Reaktion auf die bisher erschienenen, zum großen Teil ablehnenden - gelegentlich auch vernichtenden - Besprechungen. Natürlich gebe es keinen Zweifel, so Feddersen, dass Aly hier nicht als nüchterner Historiker schreibt, ja, dass das ganze mit Absicht "krawallig" daherkommt. In seiner Grundthese, dass die Achtundsechziger nämlich weder an Aufarbeitung der Nazi-Zeit noch an Demokratisierung wirklich interessiert gewesen seien, gibt Feddersen dem Autor aber durchaus recht. Die Liberalisierung und Lockerung der Sitten, die im nachhinein den Achtundsechzigern zugeschrieben wird, habe in Wahrheit längst vorher in den Fünfziger Jahren eingesetzt. Gerade darum, so aber Feddersens Kritik an Aly, sei Deutschland nicht empfänglich gewesen für die Totalitarismen der Achtundsechziger-Vordenker: darin liege denn auch der gravierende Unterschied zum Jahr 1933.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.02.2008

Einigermaßen katastrophal fällt der Befund von Rezensent und Historiekr Axel Schildt zu diesem Buch mit dem "assoziationsreichen" Titel aus, das aus seiner Sicht den Ruf seines Autors als NS-Spezialist gefährden könne. Nicht nur wegen des "furorhaften Vergleichs" von 1933 und 1968, sondern auch, weil Götz Aly hier Schildts Eindruck zufolge höchst subjektives Ressentiment in den strengen Mantel der "Fußnotenwissenschaft"gekleidet hat. Schildt empfindet sowohl Alys Selbsteinschätzungen was die Beteiligung an 1968 betrifft, als auch die Beschreibung manches Generationsgenossen als reichlich übertrieben. Alys "schrilll konstruierte Thesen" überdecken aus Sicht des Rezensenten außerdem manch bedenkenswerte oder gut geschriebene Passage des Buchs, dem er insgesamt wenig Haltbarkeit jenseits seiner Aufregerfunktion als Party-Gesprächsstoff in diesem Frühjahr prophezeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.02.2008

Insgesamt vier Bücher über 1968, das Jahr der Revolte, lagen Rezensentin Franziska Augstein vor, richtig schlecht findet sie nur eins und bleibt in ihrer Besprechung ausgerechnet bei diesem. Götz Alys "Unser Kampf" findet sie alles zugleich: albern, degoutant und unverständlich. Keine von Alys Behauptungen möchte sie gelten lassen: Aly wirft den 68ern vor, sich weder für die Niederschlagung des Prager Frühlings interessiert zu haben noch für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Reformen hätten nicht sie in Gang gesetzt, sondern die sozialliberale Koalition. Diese bescheidet sie alle kurz und bündig als falsch. Absolut nicht verstehen kann Augstein, worauf Götz Aly mit seiner "bizarren Suggestion" von der "formalen Ähnlichkeit" zwischen 68er und Nazis hinauswill. Waren die Studenten so schlimm? Oder die Nazis vielleicht doch auch nur eine Jugendbewegung? Nein, nein, dies und einiges andere ist für die Rezensentin "Quark". Alys Buch eine "Hasstirade", die, wie sie unterstellt, seinem Leiden entsprungen sei, kein Ordinarius geworden zu sein.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.02.2008

Dieses Buch muss man lesen, meint Rezensent Harry Nutt. Aber man muss einige gehörige Abstriche machen. Was Nutt zunächst einmal klarstellt, ist, dass mit Götz Aly ein Beteiligter spricht, der sich einerseits nicht von seiner kritischen Rückschau ausnimmt und der sich andererseits noch nicht ganz abgewöhnt hat, "durchs Megaphon" zu sprechen. Für Götz Aly haben die 68er die Demokratisierung und Liberalisierung kein bisschen vorangetrieben, sie waren nicht die Lösung, sondern Teil des Problems, fasst Nutt eine Hauptthese des Autors zusammen. Ihr antiliberaler Habitus, ihr dezisionistischer Impetus und ihr Größenwahn machten sie der Generation 33 ähnlicher als ihnen in ihrem heutigen Selbstbild lieb ist. Diese Ähnlichkeit findet Nutt zwar etwas zugespitzt, aber auch nicht ganz neu. Gewünscht hätte er sich jedenfalls eine bessere Durcharbeitung dieser These. Aber er bleibt bei seiner Empfehlung dieses Buchs als "knackiger Polemik", an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass 1968 "keinen Anlass" zur Nostalgie biete.