Ferdinand von Schirach

Der Fall Collini

Roman
Cover: Der Fall Collini
Piper Verlag, München 2011
ISBN 9783492054751
Gebunden, 196 Seiten, 16,99 EUR

Klappentext

Vierunddreißig Jahre hat der Italiener Fabrizio Collini als Werkzeugmacher bei Mercedes-Benz gearbeitet. Unauffällig und unbescholten. Und dann ermordet er in einem Berliner Luxushotel einen alten Mann. Grundlos, wie es scheint. Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt die Pflichtverteidigung in diesem Fall zugewiesen. Was für ihn zunächst wie eine vielversprechende Karrierechance aussieht, wird zu einem Alptraum, als er erfährt, wer das Mordopfer ist: Der Tote, ein angesehener deutscher Industrieller, ist der Großvater seines besten Freundes. In Leinens Erinnerung ein freundlicher, warmherziger Mensch. Wieder und wieder versucht er die Tat zu verstehen. Vergeblich, denn Collini gesteht zwar den Mord, aber zu seinem Motiv schweigt er. Und so muss Leinen einen Mann verteidigen, der nicht verteidigt werden will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.2011

Kein gutes Haar lässt Patrick Bahners, der wie stets sehr ins Detail geht, an diesem Romanerstling des zuvor mit aus dem Rechtsleben gegriffenen Erzählbänden hervorgetrenen Ferdinand von Schirach. Wo er schon mal dabei ist, kritisiert Bahners auch das diesen Bänden ausgesprochene "Lob" als "maßlos". Zu den Dingen, die es in den Erzählungen bereits gab und die ihn am nun vorliegenden Roman besonders enervieren, gehört eine bestimmte Sorte von Sätzen, "Protokollsätzen", die zur Wirklichkeitsfindung nichts beitragen, auch wenn sie das als sinnlose Reihung von Sachverhalten zu tun vorgeben. Von der verwickelten Handlung ist auf jeden Fall soviel zu erfahren, dass der Autor durch die Geschichte der Familie des Protagonisten Caspar Leinen als "eiskalter Engel" geht und in Todesarten erfindungsreich die Brüchigkeit bürgerlicher Existenz vorführt. Das Motto von Hemingway macht den Rezensenten nicht glücklich, erschwerend kommen "falsche Konjunktive, schiefe Bilder und kitschige Sentenzen" hinzu. Ein freundliches Wort sucht man in dieser Besprechung vergebens.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.09.2011

Geradezu "angeberisch" und überdies moralisch prekär findet Jörg Magenau den ersten Roman von Ferdinand von Schirach, der mit seinen abgebrüht-juristisch erzählten Verbrechensgeschichten bekannt geworden ist. Von den schlichten, aber harten Schirach-Sätzen seien in diesem Roman nur "mit Pathos aufgepumpte Hohlformeln" geblieben, findet Magenau. Handwerkliche Mängel sieht er auch dort, wo Schirach sich eigentlich auskennen müsste. Statt die Frage von Schuld und Verantwortung zu beantworten, verliere sich Schirachs Roman in juristischen Unklarheiten. Auch Schirachs These, dass gutes Handeln und böse Taten oft nur eine Frage des Zufalls seien, hält Magenau für fragwürdig. Zumindest inhaltlich widerlege der Roman seine eigene These, denn Schuld sei eine Frage der Umstände und nicht des Zufalls, betont Magenau und findet, dass Schirachs einseitiger Zorn gegen die "Gesetzgeber" besser in einen politischen Kommentar gepasst hätte. Statt Schuldfragen meint Magenau, herrscht in diesem Roman eher die Relativierung und die stilistisch unterkühlte Faszination am Unerbittlichen.
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