Christof Wackernagel

Es

Traumtrilogie
Cover: Es
zu Klampen Verlag, Springe 2011
ISBN 9783866741409
Gebunden, 600 Seiten, 248,00 EUR

Klappentext

Nach einer Schießerei mit Polizisten wurde Christof Wackernagel 1977 als Mitglied der RAF verhaftet und für zehn Jahre inhaftiert. In dieser Zeit söhnte er sich mit dem von ihm verletzten Polizisten aus und distanzierte sich in einem schmerzhaften Prozess vom bewaffneten Kampf. Wackernagel drohte irre zu werden an der Erkenntnis, dass die Gründe, die ihn hatten zur Waffe greifen lassen, fort existierten und das letzte Mittel, eben der bewaffnete Kampf im Untergrund, ihn genau zu dem machte, wogegen er kämpfte. Um sich nicht das Leben zu nehmen, wurde er zu einem "Terroristen" der Worte und schrieb die Geschichte seiner Generation. Nur in einer besonderen literarischen Form sah Wackernagel die Möglichkeit, die Widersprüche, die ihn zu zerreißen drohten, angemessen auszudrucken. Dieselben Geschehnisse werden in den drei verschiedenen Aggregatzuständen des Traumes dargestellt: Traum, Halluzination und Tagtraum. Jeder ist in einer eigenen Spalte gesetzt, deren Absätze gleich lang sind und sich aufeinander beziehen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.03.2012

Eines ist für Manfred Koch gewiss: Der Band mit seinen 4,2 Kilogramm Gewicht, mit dem erlesenen Papier und dem wohlproportionierten Satzspiegel ist ein skulpturales Kunstwerk der Buchgestaltung, und in Zeiten des E-Books fast ein Affront. Koch gibt zu: Ganz durchgelesen hat er das Monstrum nicht. Auch die vom Autor, dem früheren RAF-Aktivisten Christof Wackernagel, in Aussicht gestellte Einheit der dreispaltigen Anordnung in "Traumaufzeichnungen", "Halluzinationen" und "Tagträume" konnte er nicht entdecken. Was ein bisschen nach "Zettel's Traum" aussieht, aber nur phasenweise witzig ist und laut Koch an dem Verzicht auf ein reflektierendes Ich krankt, ist für den Rezensenten dank der Rohheit der Notate immerhin so etwas wie eine alternative Geschichtsschreibung der BRD und ein Einblick in die Gruppenpsychologie der RAF: Chaos eben.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.09.2011

Ratlosigkeit und auch ein bisschen Überdruss bringt Michael Sontheimer in einer eingehenden Kritik von Christof Wackernagels Buch über die RAF zum Ausdruck. Der Ex-RAF-Terrorist, der zehn Jahre im Gefängnis saß, versucht darin seiner Geschichte mit künstlerischen Mitteln Herr zu werden, stellt der Rezensent fest, der sich vom Ergebnis allerdings nicht überzeugt zeigt. Sontheimer stöhnt unter der Last von 600 Seiten, jeweils in drei Spalten aufgeteilt, die parallel gelesen werden wollen. In der ersten Spalte notiert der Autor Träume, dann folgen Wahn- oder Rauschzustände und in der dritten Spalte schließlich Tagträume, lässt der Rezensent wissen. Wackernagel glaubt, dass nur über das "Verdrängte" deshalb der an Freud anknüpfende Titel - die persönliche und die politische Geschichte zu verstehen ist, doch in Sontheimers Augen wird hier mehr "verklärt" und verschleiert als wirklich erklärt, wie er kritisiert. Irgendwie will es dem Rezensenten auch anmaßend erscheinen, das Lesepublikum mit diesem Konvolut an Träumen zu traktieren.