Andreas Herberg-Rothe

Das Rätsel Clausewitz

Politische Theorie des Krieges im Widerstreit
Cover: Das Rätsel Clausewitz
Wilhelm Fink Verlag, München 2001
ISBN 9783770536122
Taschenbuch, 230 Seiten, 29,65 EUR

Klappentext

Tschetschenien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo und die Kriege in Afrika stellen nicht nur die Erwartungen an ein friedliches, weil ökonomisch geprägtes 21. Jahrhundert in Frage. Zusätzlich sind sie begleitet von Versuchen, einen fundamentalen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Der Kern der veränderten Sichtweise auf diese "Neuen Kriege" kann als "Anti-Clausewitz" beschrieben werden und basiert auf dem Vorrang von Kampf und Gewalt gegenüber der Politik. Die weltberühmte Formel vom "Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" beruht demgegenüber auf dem Primat der zivilen Gesellschaft. Clausewitz? Theorie ist jedoch nicht auf diese Formel zu reduzieren. Herberg-Rothe gelingt es, Clausewitz? politische Theorie als Diskurs von Gegensätzen zu rekonstruieren, wodurch sie neue Aktualität gewinnt - als Theorie der Begrenzung von Krieg und Gewalt im 21. Jahrhundert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.08.2002

An der heutigen Diskussion um Clausewitz lässt sich, so die These dieser Habilitationsschrift, eine fatale Verschiebung der Prioritäten ausmachen, geradezu ein "Paradigmenwechsel". Statt den Krieg als Fortsetzung der Politik zu betrachten - wie Clausewitz es getan hat -, vertreten, wie Herberg-Rothe meint, konservative Intellektuelle wie Samuel Huntington nun die These vom Primat des Krieges über die Politik. Der Autor setzt dagegen die "gelehrte Exegese" der Clausewitz-Schriften und entdeckt in ihnen ein "dialektisches Denken", das unseren Zeitgenossen offenbar fehlt. Der Rezensent der Notiz (Kürzel uha.) scheint mit der Stoßrichtung des Bandes einverstanden - jedenfalls gibt er keine Widerworte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.11.2001

Wolfgang Sofsky geht mit der Ausdeutung der politischen Theorie des preußischen Generals Carl von Clausewitz durch den Berliner Politologen Andreas Herberg-Rothe hart ins Gericht. Er wirft dem Autor mangelnde Klarheit und Stringenz, ja sogar "begriffliche Inkonsistenzen" vor. Die "eigenwillige Deutung" und die versuchte "Ehrenrettung eines Klassikers" sei niveaulos, meint Sofsky. Dass das Werk von Clausewitz, wie der Autor meint, das gesamte "diskursive Feld der politischen Kriegstheorie" abstecke, bezweifelt der Rezensent. Zur Erklärung des Phänomens Krieg reiche die These von Clausewitz keinesfalls aus, der den Krieg auf natürliche Dispositionen des Menschen wie "Naturtrieb des Hasses", "Kühnheit des Mutes" und "Intelligenz, welche die Gewalt mittels politischer Zwecke steuert" zurückführt. Ob Clausewitz' Kriegsverständnis jemals der historischen Realität entsprochen hat, bezweifelt Sofsky ebenfalls. Die Parallele, die Herberg-Rothe zwischen der These von Krieg als Ehrenkampf und Duell und der Hegelschen Theorie von der "Asymmetrie sozialer Herrschaft" zieht, ist für Sofsky nicht überzeugend. Die "Formel vom Krieg als Fortsetzung der politischen Bestrebungen mit nichtzivilen Mitteln" deutet der Politologe ebenfalls fehl, so Sofsky. Herberg-Rothe verharmlose das Politische und übersehe dabei, dass politische Ziele Gewalt auch entgrenzen könnten und dass Politik selbst nichts anderes als ein Machtkampf sei. Für Sofsky ist die Interpretation von Herberg-Rothe eine Fehldeutung, die von vornherein nicht dem eigenen Anspruch entsprechen kann, auch den "Gestaltwandel der spätmodernen Kriege" zu begreifen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.11.2001

Der Autor Andreas Herberg-Rothe hat sich eine große Aufgabe gestellt. Er will dem "Anti-Clausewitz-Affekt", den vor allem Keegan und van Crefeld untermauern, seine unhinterfragte Rechtmäßigkeit entziehen. Für den Rezensenten Jens Bisky ist das ein sichtbar mühsames Unterfangen. Zwar wende der Autor viel Scharfsinn und Unterscheidungsgabe auf und habe "seinen" Clausewitz auch gründlich studiert, doch lasse das nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihm die beiden renommierten Wissenschaftler als Historiker doch deutlich überlegen seien. Letztlich bleibt da doch, so Bisky, die Clausewitzsche Erkenntnis vom Krieg als einem "wahren Chamäleon", dem man in seiner Bestimmung nicht so leicht beikommen kann.
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