Alain Finkielkraut

Die Undankbarkeit

Gedanken über unsere Zeit
Cover: Die Undankbarkeit
Ullstein Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783898340434
Gebunden, 186 Seiten, 19,89 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Susanne Schaper. Alain Finkielkraut kritisiert in diesem Buch die Undankbarkeit gegenüber unseren Vorgängern, gegenüber unserer Geschichte, gegenüber unserer Vergangenheit. Wir handeln so, als seien alle Schulden, die wir bei der Vergangenheit haben, zugunsten von Gegenwart und Zukunft schon abgetragen. Gezielt wirft er den Deutschen vor, dass sie oft vergessen, dass ihre Kultur viel mehr darstelle als die Vorgeschichte zu Auschwitz. Wer jedoch den tyrannischen Aspekten der Gegenwart entgehen will, sollte in der Vergangenheit mehr sehen als eine Serie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.12.2001

Erfrischt geht Frank Böckelmann aus der Lektüre hervor. So recht überzeugt scheint er zwar nicht zu sein von Finkielkrauts Polemik gegen die allseits grassierende humanitäre Phraseologie, doch etwas klarer sehen gelernt haben will er schon. Böckelmann referiert die Thesen des Autors im Bewusstsein, dass das zum "dichten Diskurs" verarbeitete Gesprächsprotokoll all diejenigen vor den Kopf stoßen muss, "die stolz darauf sind, ihren inneren Provinzler überwunden zu haben". Etwas befremdlich wirkt das denn auch auf unseren Rezensenten, diese "gute alte Dialektik, aber von der falschen Seite". Aber, wie gesagt: das provoziert, das erfrischt. Schließlich, so lässt der Rezensent uns wissen, bietet der Band auch "ein gutes Komprimat der Finkielkrautschen Kämpfe auf verschiedenen Streitplätzen" und könnte mit seinen Argumenten gegen Huntingtons "Kampf der Kulturen" sogar der nach dem 11. September neu entfachten Diskussion über das Interventionsrecht des Westens noch eine Wende bescheren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.12.2001

Hoch angeregt, auch hochachtungsvoll, aber andererseits nicht ohne Befremden bespricht Kersten Knipp den neuen großen Essay des Polemikers und Philosophen Alain Finkielkraut. Die Thesen, die Knipp referiert, klingen allerdings auch so, als seien sie gerade geeignet, das deutsche Publikum zu verstören: Finkielkraut polemisiert gegen die oft gefeierte Multikulturalität, beschreibt sie - in den Worten des Rezensenten - als eine Methode, "sich des in seiner Fremdheit beleidigend Anderen" durch eine an Indifferenz grenzende Toleranz zu entledigen und führt dagegen eine Besinnung auf die eigene Substanz, Identität und Geschichte ins Feld. Und auch hier, so Knipp, begehrt Finkielkraut auf: gegen die Bequemlichkeit etwa eines Literaturunterrichts, der auf die Klassiker lieber verzichtet, weil in ihnen auch das Eigene schon fremd geworden ist. Knipp attestiert Finkielkrauts Argumentation eine beachtliche Schärfe und Zielsicherheit. Befremdet zeigt er sich allein von der Emphase, mit der Finkielkraut seine Gegenmodelle - die eigene Kultur, die eigenen Klassiker - hochhält. Wenn man Knipp recht versteht, so wirkt Finkielkraut auf ihn in diesem Punkt recht gestrig. Er übersehe, "dass das geistige Leben sich zunehmend ausdifferenziert" und andere Möglichkeiten intellektueller Entfaltung bietet als die Identifikation an nationalen Denkmalen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2001

Eine vernichtende Kritik schreibt Rudolf Walther über Finkielkrauts Buch. Er erkennt an, dass der französische Intellektuelle in einigen seiner Ansichten durchaus recht hat, doch mache Finkielkraut dies dadurch zunichte, dass er nicht genügend differenziere, Stereotypen benutze und sich einer unangemessenen und übertriebenen Polemik bediene. "Mit seiner Kritik am 'Multikulturalismus' und an der Politik der Anerkennung begibt er sich in die Nähe eines restlos reaktionären Abendländertums", behauptet Walther.
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