Thomas Glavinic

Das Leben der Wünsche

Roman
Cover: Das Leben der Wünsche
Carl Hanser Verlag, München 2009
ISBN 9783446233904
Gebunden, 320 Seiten, 21,50 EUR

Klappentext

Stellen Sie sich vor, Ihre geheimsten Wünsche würden wahr. Die innersten, dunklen Wünsche, von denen Sie selbst bisher nichts ahnten. So ergeht es Jonas, dem ein Unbekannter eines Tages ein unerhörtes Angebot macht: "Ich erfülle Ihnen drei Wünsche." Der Ehemann, Vater, Werbetexter und leidenschaftliche außereheliche Liebhaber lässt sich auf das Spiel ein. Bis seine Frau eines Abends tot in der Badewanne liegt. Weiß die Nacht etwa mehr von Jonas' Wünschen als er selbst? Thomas Glavinic erzählt die Geschichte eines ganz normalen Mittdreißigers, der genau das bekommt, was er sich wünscht. Und noch ein bisschen mehr...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.02.2010

Als "Alptraum in der Verkleidung eines Märchens" bezeichnet Katharina Granzin dieses Buch, in dem es der Kritikerin zufolge um nichts weniger als den Sinn des Lebens geht. Und dessen nicht zu durchschauende Gesetze. All dies fand Granzin in dieser Geschichte um einen Werbetexter, der nicht nur eines Tages einem Mann begegnet, der ihm die Erfüllung dreier Wünsche in Aussicht stellt, sondern dessen Frau auch plötzlich tot in der Badewanne liegt. Dementsprechend märchenhaft-archaisch sei auch das erzählerische Prinzip des Romans, wie uns die Kritikerin versichert. Was allerdings für sie den nicht ganz leserfreundlichen Effekt mit sich bringt, dass der Romanheld kaum über Entwicklungsmöglichkeiten verfügt. Potenziell entstehende Langweile habe der Autor mit einem Haufen Sex-Szenen zu kompensieren versucht. Und obwohl das für die Kritikerin meist ganz gut funktioniert, bleibe das Gerüst des Romans für sie dennoch recht fragil. Auch scheint ihr, dass sich Thomas Glavinic mit seinem märchenhaft angelegten Plot verzettelt hat.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.09.2009

Als "intelligente Versuchsanordnung" beschreibt Rezensentin Ursula März diesen neuen Thomas-Glavinic-Roman, dessen Idee sie an das Vorgängerbuch anknüpfen sah. Auch diesmal werde eine surreale Geschichte aus dem "Hut des Realismus" gezaubert. Auch diesmal sei Protagonist Jonas wieder dabei, ein "Normaltyp mit statistischen Mittelwerten". Und erwartungsgemäß schält sich für die Rezensentin aus der "perfekten Realistik" des Roman also bald ein gut getarntes apokalyptisches Märchen heraus. Eines das, wie sie schreibt, aus der Sphäre stammt, in der auch Engel unterwegs seien. Ohne die geringste Veränderung in seinem "lakonischen Sprach- und Erzählgestus" gehe der Roman Schritt für Schritt ins Surrealistische über. Am Ende stehe Jonas samt seiner Geliebten "wie die beiden letzten oder eben ersten Menschen vor der Kulisse einer Marslandschaft". Allerdings ist das Buch für den Geschmack der Rezensentin diesmal ein wenig zu routiniert ausgefallen, und sie wirft dem Autor vor, seine Geschichte von der Leerräumung der Welt ein wenig zu mechanisch abzuarbeiten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.09.2009

Ziemlich absehbar findet Gustav Seibt den Plot, den Thomas Glavinic in seinem neuen Roman entwirft, wenn er seiner Hauptfigur Jonas durch einen geheimnisvollen Mann drei Wünsche freigibt und der sich daraufhin als erstes die Erfüllung aller seiner Wünsche wünscht. Wie zu erwarten, entwickelt sich daraus ein Horrorszenario mit Ausflügen in die Theologie, gibt der Rezensent bekannt. Umso beeindruckender, wie der Autor höchst einfallsreich und atmosphärisch dicht die fließende Eskalation inszeniert, die diese literarische Versuchsanordnung zu einer fesselnden Lektüre macht, lobt der Rezensent. Die "gestelzten" Dialoge allerdings empfindet Seibt angesichts des ansonsten eher "glatten" Stils Glavinics als auffälligen Makel des Romans.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.08.2009

Thomas Glavinics Roman "Leben der Wünsche" hat Rezensent Ulrich Rüdenauer bestens gefallen. Die Geschichte um den aus Glavinics Roman "Die Arbeit der Nacht" bekannten Werber Jonas, dem ein Mann die Erfüllung seiner Wünsche gewährt, beginnt für ihn wie ein Märchen, das mehr und mehr zu einem apokalyptischen Alptraum wird. Er bewundert den Autor als "bestechenden Stilisten", dessen Kunst er in der Wahrung eines "verstörend unaufgeregten" Erzähltons sieht, der den Leser einlulle und damit um so mehr erschrecken lasse über das Geschehen. Höchst gekonnt findet er auch, wie Glavinic bis zum Schluss die Ungewissheit aufrecht erhält, ob sich die katastrophalen Ereignisse um Jonas herum nur in dessen Inneren stattfinden. Für Rüdenauer ist dies ein Roman, der den Leser mit der Ambivalenz seiner "eigenen Fantasien und Ängste" konfrontiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.08.2009

Rezensent Franz Haas zeigt sich sehr angetan von Thomas Glavinics neuem Roman, auch wenn er ihm vielleicht nicht ganz so brillant erscheint wie seine Vorgänger. Gleichwohl findet er fast ausschließlich lobende Worte für "Das Leben der Wünsche". Das "Feuerwerk der Überraschungen" scheint ihm hier ein wenig gedämpft, weil die Hauptfigur - der Weber Jonas -, Szenario und Atmosphäre schon aus dem Vorgänger "Die Arbeit der Nacht" bekannt sind. Andererseits kann er sich so über ein ausgeklügeltes Spiel mit Verweisen auf diesen Roman freuen. Aber dies ist in seinen Augen nur ein Nebenaspekt des Buchs, das von seinem "genial unheimlichen" Einfall lebt, der unerklärlichen Erfüllung von Wünschen der Hauptfigur, die zu ziemlich makaberen Ereignissen führt. Denn dass seine Frau in Folge von Herzversagen tot in der Badewanne liegt, hat sich Jonas so ausdrücklich nicht gewünscht, oder doch? "Meisterhaft" findet es Haas, wie der Autor das Grauen in "unschuldig banalen Situationen" evoziert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2009

Felicitas von Lovenberg hält diesen jüngsten Roman Thomas Glavinics für nicht weniger als ein "Meisterwerk". Die Geschichte ist, so einfach wie kompliziert, diese: Der Held namens Jonas - den man, aber anders, schon aus Glavinics "Arbeit der Nacht" kennt - bekommt zu Beginn der Geschichte drei Wünsche frei. Er macht es sich einfach und wünscht sich, es mögen doch fortan all seine Wünsche in Erfüllung gehen. Er hat, buchstäblich, keine Ahnung, was er da tut. Tatsächlich nämlich beginnen sich die Ereignisse seines Lebens so zu entwickeln, wie er - oder, das ist das Problem: eher es in ihm - will. So stirbt, nur zum Beispiel, seine Frau, weil er eine andere liebt. Zusehends verschwimmen, für ihn wie die Leser, die Grenzen zwischen Wunsch, Traum und Realität. Wie Glavinic mit großer sprachlicher Lakonie aus dieser Geschichte von einem Mann, der seine Wünsche zu fürchten gelehrt wird, einen "Panikraum" entfaltet und einen "Horrortrip" macht, das findet von Lovenberg ohne Einschränkung grandios.
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