Svend Age Madsen

Sieben Generationen Wahnsinn

Roman
Cover: Sieben Generationen Wahnsinn
Ammann Verlag, Zürich 1999
ISBN 9783250600268
Gebunden, 607 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Aus dem Dänischen von Jörg Scherzer. Zusammen mit dem alten Buchdrucker Hans Hanssøn Skonning betritt der Leser ein Dorf aus dem 17. Jahrhundert mit dem Namen Års. Auf dem Turm der Domkirche hat der Buchdrucker die Vision von einem Paradies, das faszinierenderweise eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Stadt Århus des 20. Jahrhunderts hat. Im Århus unserer Tage erzählt ein anderer Skonning die Geschichte seiner Familie. Er erzählt von Menschen, die intensiv und immer ein bißchen sonderbar gelebt haben, weil sie sich des öfteren außerhalb ihrer eigenen Räume und Zeiten bewegten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.12.2000

Thomas Fechner-Smarsly ist begeistert von Svend Age Madsens Roman, der - auf intelligente Art und Weise verschlungen - das Leben von sieben Generationen im dänischen Aarhus zwischen der Zeit nach der Reformation bis in die Jetztzeit miteinander verknüpft. Fechner-Smarsly lobt den Autor dafür, dass er in "Einzelschicksalen die sieben Zeitalter kollektiven Wahnsinns sichtbar werden lässt". Ich-Erzähler ist Bertel, der die Visionen und Eingebungen des fast blinden Glöckners Hans Skonning aufschreibt. Der Rezensent bezeichnet Madsen als "fabelhaften Erzähler", intelligent und trotzdem amüsant, und vergleicht ihn mit Italo Calvino und Cees Nooteboom.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.11.2000

Christine Holliger stellt den Autor als einen der "bedeutendsten und produktivsten dänischen" Schriftsteller der Gegenwart vor und macht wie schon in seinen früheren Werken im vorliegenden Roman einen "philosophischen wie literarischen Anspruch" aus. Die Zeit spiele in dieser generationenübergreifenden Familiengeschichte, die von einem Buchdrucker des 17. Jahrhunderts bis zu einem Kriminellen unserer Zeit reicht, eine bedeutende Rolle, indem sie einerseits inhaltlich thematisiert und andererseits formal durch verschiedene, sich durchdringende Zeitebenen in den Blick gerückt werde. Die Rezensentin attestiert dem Roman "Unterhaltung und Spannung", hält aber einen "langen Atem" beim Leser für nötig, um den verschlungenen Geschichten der Protagonisten folgen zu können. Sie sieht die Überzeugung des Autors an diesem Buch exemplifiziert, der Welterfahrung vor allem darin für möglich halte, dass sie erzählt werde - und zwar aus möglichst vielen "Blickwinkeln".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.2000

Christoph Bartmann sieht in dem Roman, der bereits 1994 erschienen ist und jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt, ein "Hauptwerk" des dänischen Autors. Das Buch, in dem ein Mensch aus dem 17. Jahrhundert in das Aarhus von 1993 gerät, sei eine Mischung aus Science-Fiction und Historienroman und warte mit allerlei "wilden und bunten" Einfällen auf. Allerdings findet der Rezensent, dass der studierte Mathematiker Madsen derart viel Gewicht auf die genaue Konstruktion seines Buches legt, dass die Fülle der Ideen mitunter allzu "kontrolliert" wirkt. Auch erscheinen ihm die Romanepisoden, die in der erzählerischen Gegenwart spielen "eher matt", da die satirischen Elemente, die der Autor einsetzt, einfach nicht "beißend" und "komisch" genug sind. Dafür ist Bartmann bei den Passagen, die im 17. Jahrhundert angesiedelt sind, richtig begeistert und er schwärmt von der enormen "Einbildungskraft" und den "schwindelerregenden Biografiefiktionen" die der Autor entwickelt. Trotz seines Hauptkritikpunkts, der Roman sei zu "methodisch" konzipiert, befindet der Rezensent abschließend, dass das Buch ein "Meisterstück" darstellt.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.05.2000

Es geht recht kompliziert zu in den Büchern des dänischen Schriftstellers Madsen, und Hanns Grössel gibt sich alle Mühe, den Leser durch den Dschungel seiner Protagonisten und Einfälle zu führen. Zunächst mal das Einfache: die Stadt Arhus als Ort, die Familie Skonning in sieben Generationen als Signifikanten der Zeit. Ihr vorerst letzter Vertreter Styge Skonning entgeht knapp einem Mordanschlag durch den arbeitslosen Tobias und verpflichtet den Attentäter darauf, `ein Jahr lang gut` zu sein; er selbst erzählt ihm als Gegenleistung seine Familiengeschichte. Auch der Nachweis von Tobias, dass er `gut` war, verlangt den ständigen Bericht über das, was er erlebt. Komplizierter wird es, wenn Madsen ständig die Erzählperspektiven wechselt, nicht nur zwischen Styge Skonning und Tobias, sondern auch Skonning und seinen Ahnen, die er durch seine Erzählungen evoziert. Und diese Ahnen haben es auf vielerlei Weise in sich: durch ihre Berufe und Geschichten als Glöckner, Buchdrucker, Schriftsteller, Musiker und Astronomen bilden sie ein Kabinett von "Träumern und Realisten, Verrückten und Genies, Verzagten und Größenwahnsinnigen, Lebensgenießern und Todesverehrern", so Grössel, durch das Madsen sich auf sein eigentliches Thema zuschreibt: die Unerbittlichkeit der vergehenden Zeit und der Versuch, sie auszudehnen. Madsen selbst vertraut der Literatur als Mittel zur Dehnung der Zeit, meint Grössel. Und bescheinigt ihm, seine Aufgabe mit "größtem Einfallsreichtum, kämpferischer Phantasie und erzählerischer Verve" gemeistert zu haben. Die Leidenschaft von Madsen - und auch Grössel? - bleibt dabei jedoch merkwürdig blutleer. Liegt das vielleicht daran, dass es hier nicht um Lebenswelten geht, in denen beispielsweise Frauen eine Rolle spielen könnten, zumindest eine andere, als nur für die nächste Generation Wahnsinn zu sorgen? Über die Qualität der Übersetzung erfährt man leider nichts (bei einem Rezensenten, der selbst aus dem Dänischen übersetzt, eine schwer verständliche Auslassung, oder schweigt er aus Höflichkeit?).
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