Jacques Derrida, Hans-Georg Gadamer

Der ununterbrochene Dialog

Cover: Der ununterbrochene Dialog
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783518123577
Kartoniert, 111 Seiten, 9,00 EUR

Klappentext

Jacques Derrida und Hans-Georg Gadamer lernten sich in den frühen 80er Jahren kennen, und seit dieser Zeit entspann sich eine kontroverse Auseinandersetzung über die Hermeneutik, die Kunst der Interpretation, insbesondere über die Endlichkeit unseres Verstehens. Als Gadamer starb, hielt Derrida im Februar 2003 die Festrede zur Gedenkfeier der Universität Heidelberg. Mit einer eindringlichen Celan-Lektüre führt Derrida vor, wie das Gespräch mit Gadamer über seine letzte Unterbrechung hinaus am Ende zu einem "ununterbrochenen Dialog" werden könnte. Dem Band beigefügt sind Kommentare Gadamers zu Celans Gedichtfolge Atemkristall sowie Materialien aus der Zeit der ersten Begegnung. In Derridas Reflexion über den Abschied und das Abschiednehmen kommt es hier zu einer letzten, vielleicht entscheidenden Annäherung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.07.2004

In einer Mehrfachbesprechung widmet sich Michael Mayer all den Neuerscheinungen von Jacques Derrida, die sich im Laufe des vergangenen Jahres so auf seinem Schreibtisch angesammelt haben. In dieser Gedenkrede für Hans-Georg Gadamer widmet sich Derrida seinem Verhältnis zu Gadamer, wie der Rezensent erklärt, das sich nach dem "hart-geführten Hermeneutik-Streit" allmählich entspannte und eine "prekäre Nähe" zuließ, die immerhin in einen Dialog mit Unterbrechungen mündete, dessen "Unterbrechungen" immer wieder unterbrochen wurde, worauf der Titel anspielt. Rezensent Mayer findet dies "durchaus anrührend", auf jeden Fall aber "intellektuell luzide" dargestellt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.06.2004

Ralf Konersmann hat diesen Band, der hauptsächlich Jacques Derridas Gedenkrede über den verstorbenen Hans-Georg Gadamer enthält, zugleich als "Reverenz, Abschied und Selbstverständigung" gelesen. Nicht zuletzt aber ist es das Dokument einer "einzigartigen Geistesverwandtschaft", das über 25 Jahre hinweg eine Auseinandersetzung zwischen "Hermeneutik und Dekonstruktion" belegt, so der Rezensent angetan. Da Derrida als "thematischen Bezugspunkt" seiner Rede einige Verse von Paul Celan ausgewählt hat, erscheint es Konersmann als ausgesprochen "glückliche Entscheidung" des Herausgebers Martin Gessmann, auch den Kommentar zu Celans "Atemkristall" von Gadamer in diesen Band aufzunehmen, denn das Nebeneinander der beiden Texte "ermöglicht die schönsten Entdeckungen", wie der Rezensent schwärmt. Wenn Derrida vom "Unheimlichen" schreibt, wird zwar auch hier die "Geistesverwandtschaft" der beiden Philosophen deutlich, doch "heimelig" wird es trotzdem nicht, so Konersmann erfreut. Er feiert den Band als Derridas "innigste Huldigung und genaueste Kritik" und er hebt auch den "klugen" Kommentar des Herausgebers lobend hervor.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2004

Dekonstruktivismus und Hermeneutik scheinen auf den ersten Blick nicht viel gemein zu haben. Erahnt diese im Gespräch einen "schwankenden Boden der Verständigung", tun sich für jene hinter der Sprach nur "Abgründe der Bedeutung" auf. Entsprechend spannungsvoll war das Verhältnis von Jacques Derrida und Hans-Georg Gadamer. Spannungsvoll und nachhaltig. In seiner Festrede zum Gedenken an Gadamer, im Februar 2003 in Heidelberg gehalten, findet Derrida die Formulierung vom "ununterbrochenen Dialog" mit dem Toten. Wiederum geht es dem französischen Oberdekonstruktivisten um die Frage nach der Möglichkeit von Verstehen. Und in gewohnter Manier, so Josef Früchtl, strapaziere er dabei die Geduld seiner Zuhörer. Bei aller Verschiedenheit des Zugriffs auf Sprache und Verstehen habe Derrida und Gadamer doch das Vertrauen auf die Dichtung verbunden als auf "jene ausgezeichnete Form des Denkens, das den Menschen inmitten der allgemeinen, von der Wissenschaft noch verschärften Weltverstellung überhaupt erst wieder einen Weltzugang eröffnet". Anhand eines Verses von Paul Celan macht sich Derrida darum an die verbindende Deutungsarbeit: "Die Welt ist fort, ich muss dich tragen." Und im Zuge dieser Arbeit trete, so das versöhnliche Fazit des Rezensenten, "die Ethik von Dekonstruktivismus und Hermeneutik gleichermaßen" hervor.
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