Gore Vidal

Bocksgesang

Antworten auf Fragen vor und nach dem 11. September
Cover: Bocksgesang
Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2003
ISBN 9783434505631
Gebunden, 121 Seiten, 13,00 EUR

Klappentext

In "Bocksgesang", einer Sammlung von Essays, deren titelgebender am 20. September 2002 geschrieben wurde, setzt Vidal nach seinem Buch "Ewiger Krieg für ewigen Frieden" seine Attacken auf Amerikas Establishment und Regierung fort, mit Enthüllungen über die Hintergründe der Attentate vom 11. September und die Reaktionen der Bush-Administration darauf.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.08.2003

Stefan Dornuf sieht in dem Buch, das sich gegen die Bush-Administration im Zusammenhang des 11. September wendet, nicht zuletzt einen Beweis für den "Niedergang der Buchkultur". Diesen Befund erhebt der Rezensent angesichts des fehlenden Lektorats, das nicht nur wichtige Informationen über die in dem Band versammelten Texte nicht liefert, sondern in der 18 Zeilen umfassenden Biografie des amerikanischen Autors "sage und schreibe sieben Fehler" zustande bringt, wie er kopfschüttelnd bemerkt. Dornuf will dem Autor zwar nicht in allen Punkten, die er gegen die amerikanische Regierung ins Feld führt, recht geben, doch kann er eine gewisse Beklemmung bei Vidals "Rekapitulation" der Ereignisse um den 11. September nicht verhehlen. Dem Vorwurf aber, Vidal spinne "Verschwörungstheorien" kann der Rezensent angesichts der gewichtigen Zeugen, die er anführt, nicht beipflichten. Allerdings wünscht sich Dornuf, der in den Aufsätzen durchaus auch "Ergötzliches" gefunden hat, den scharfen "Witz" Vidals demnächst wieder in einem "Gesellschaftsroman" ausgebreitet, wo er, wie der Rezensent meint, "am besten hinpasst".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2003

Das "Timing zur Veröffentlichung des Essays 'Bocksgesang' hätte besser nicht sein können", befindet Stefan Fröhlich. Denn kurz vor Beginn des Irakkrieges lieferte es den Gegnern des "amerikanischen Establishment" unter anderem genug Nahrung für die These, dass in "puncto 'internationaler Terrorismus'" alles nur noch schlimmer werden würde. Viele von Vidals Anschuldigungen gegen die Bush-Administration findet Fröhlich schlichtweg maßlos und "substanziell nicht haltbar", so unter anderem der Vorwurf, die Bush-Administration "habe die vorhersehbaren Angriffe auf Amerika bewusst ignoriert", um danach mit Hilfe "massiver Propaganda den Geist der Öffentlichkeit im Interesse des Ausbaus der Rüstungsindustrie" zu manipulieren.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2003

Einen Bruder im Geiste hat der Rezensent Rudolf Walther in dem "ebenso brillanten wie polemischen Publizisten" Gore Vidal und dessen Auseinandersetzung mit der US-amerikanischen Außenpolitik der letzten Jahrzehnte gefunden. Seine Essays, die laut Walther ökonomische Interessen nie aus dem Blick verlieren, zeigten "messerscharf", dass der gegenwärtige Unilateralismus der "imperialen Macht USA" in der Präsidentschaft Trumans gründet und von da an kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Vidals Thesen müssen vehement gegen den Vorwurf der Verschwörungstheorie verteidigt werden, meint der Rezensent, denn sie fußten alle auf eindeutigen Fakten - darunter die "Tatsache", dass der Kalte Krieg vor allem von den USA zu verantworten war, wie der Rezensent als Beispiel anführt. Aufgrund dieser undifferenzierten Auseinandersetzung mit Vidal kann man Walthers Begeisterung über "Bocksgesang" nicht mehr so ganz ernst nehmen - scheint der Rezensent doch aus dem Buch vor allem das herausgelesen zu haben, was er ohnehin schon zu wissen glaubte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.03.2003

Die Rezensentin Hilal Sezgin hat sich von Gore Vidals neuen Essays "gnadenlos" aufklären lassen. Ihr Wohlwollen gegenüber dem Autor wird allerdings durch die teilweise wirren Verschwörungstheorien Vidals auf eine harte Probe gestellt. Der Autor sei ein "Illusionenzerstörer". Das Ansinnen "den Machthabern ihre Ungereimtheiten vorzuhalten" ist laut Sezgin genuin aufklärerisch, eine "Kultur des gesunden Misstrauens" sollte ihrer Meinung nach Teil jeder Demokratie sein. Da Vidal in seiner Funktion als "Regimekritiker" keinen Zugang zu allen relevanten Daten hat, erwartet die Rezensentin von ihm keine "kohärente Rekonstruktion" der Zusammenhänge. Trotzdem merkt Sezgin an, dass das "bisweilen bestürzende Durcheinander" in Vidals Essays die Lektüre schwierig macht. Auch die allzu konsequent vorgetragene Radikalität des Autors erscheint der Rezensentin teilweise zu eindimensional. Vidal lebt in einer Welt, "die von Militärs, Geheimdiensten und multinationalen Konzernen an der ganz kurzen Leine gehalten wird", resümiert Sezgin. Dieses Konglomerat aus "verschwundenen Akten, Fälschung von Geheimdiensten, folternden Staatsbeamten und durchgeknallten Militärs" wirke in Deutschland immer noch wie der Plot eines spannenden Hollywood-Films. Trotzdem wünscht sich die Rezensentin für Deutschland einen ähnlich "missionarisch beflügelten Aufklärer" wie Vidal, denn auch hierzulande gäbe es noch einige ungelöste Rätsel.