Mahmud Darwish

Wir haben ein Land aus Worten

Ausgewählte Gedichte 1986-2002. Arabisch und deutsch
Cover: Wir haben ein Land aus Worten
Ammann Verlag, Zürich 2002
ISBN 9783250300137
Broschiert, 184 Seiten, 18,50 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Stefan Weidner. Mahmud Darwish ist die wichtigste poetische Stimme Palästinas. Er verkörpert wie kein zweiter die geschundene Seele des palästinensischen Volkes. Seinem Schreiben liegt eine tiefe menschliche Überzeugung zugrunde: Das Notwendigste, um Krieg und Terror zu verhindern, ist das Wissen um den Nachbarn, der Respekt vor seinem Anderssein, das Hinhören, wenn er sich zu Wort meldet, und das Vertiefen dessen, was er zu sagen hat. Seine Dichtung ist gleichzeitig Zufluchtsort der Heimatlosen und ein Appell für das gemeinsame Festhalten an der Hoffnung auf ein friedvolles Zusammenleben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.2003

Palästinensische Lyrik, weiß Wulf Segebrecht, ist auf wenigen Weltkarten der Poesie verzeichnet - umso wichtiger, dass die poetischen Reisen ihres wichtigsten zeitgenössischen Vertreters Mahmud Darwisch jetzt in einer von seinem Übersetzer Stefan Weidner aus mehreren Bänden zusammengestellten zweisprachigen Auswahl vorliegen. Denn Darwisch betreibt Segebrecht zufolge in seinen Gedichten eine "palästinensische Landnahme" - er bedient sich in Form und Thema "aus den unterschiedlichsten kulturellen Traditionen und Lebenszusammenhängen" - ohne aber, betont der Rezensent, den Eindruck eines unappetitlichen "Kulturmischmaschs" zu erzeugen - und sei gerade dabei typisch palästinensisch - Vertreter eines Volkes, das kein Land hat, nur Worte.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.2003

Wenn auch, wie Martin Lüdke eingangs feststellt, die jüngste Literatur den Wilden Westen in den "europäischen Osten" verlagert hat - das "Glücksverlangen" der abenteuerlustigen Helden bleibt dasselbe. Bei Gary Shteyngart heißt er Vladimir Girshkin und ist ein russisch-amerikanischer Taugenichts mit guter Ausbildung und einer Belesenheit, die sich im Roman in einer Vielzahl von "Anspielungen und Verweisen" niederschlägt. Nicht schlimm, ruft Lübke begeistert, denn das "Handbuch für den russischen Debütanten" sei "auf intelligente Weise unterhaltsam" und darüber hinaus aufschlussreich - ein wilder Entwicklungsroman "unter den Bedingungen der Globalisierung". Oder doch ein Schelmenroman alter Schule? Egal - was zählt, sind der Schwung, mit dem Shteyngart seine "traurige Geschichte" erzählt (und zwar "mit so viel Augenzwinkern, dass es streckenweise wie Lidflattern wirkt") und seine kluge Entscheidung, endgültige Antworten zu verweigern.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Mit der Übersetzung von Gedichten aus den Jahren 1986 bis 2002 des 1941 in Galiläa geborenen Dichters und Romanciers Mahmud Darwish, der neben Arafat als zweitwichtigste Stimme Palästinas wahrgenommen werde, verbindet Stefan Weidner ein großes und "höchst ehrenwertes" Anliegen, meint Katrin Hillgruber. Denn was Weidner damit erreichen wolle, sei auch im Sinne des Autors: nämlich der "symbolischen Überfrachtung" seines Werks die Wertschätzung arabischer Poesie entgegenzusetzen. Auch wenn angesichts der politischen Lage der Palästinenser durchaus eine gewisse "Resignation" in den Versen Darwishs mitschwingt, wird die Zuschreibung einer politischen "Stellvertreterposition" dessen Facettenreichtum keineswegs gerecht, stimmt die Rezensentin Weidner zu. Denn was Darwish mit seinen Gedichten präsentiere, sei auch und vor allem die "metaphorische Blütenfülle des Arabischen". "Sinn- und kunstreich" wisse der Dichter nämlich diesen Bilderreichtum mit einer "modernen Erzählhaltung" in Verbindung zu bringen und hat dabei schon lange, so Hillgruber, die noch anstehende politische "Landgründung" Palästinas mit einer poetischen "überwunden".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2002

Mahmud Darwish wird seit Jahrzehnten, so Ludwig Ammann, von seinen palästinensischen Landsleuten in jedem Fall politisch gelesen, auch wenn es sich um "seine Liebesgedichte" handelt. Auch die ersten deutschsprachigen Ausgaben von Darwishs Lyrik waren Palästina verpflichtet, obwohl Darwish sich inzwischen schon weigerte, sein "Leben einer Fahne zu weihen": nolens volens wurde er auch in Europa zum nationalen Dichter Palästinas. In diesem Band, so Ammann, zeigt sich in seinen Gedichten neben dem allgegenwärtigen Exil plötzlich ein neuer Darwish: "auf der Suche nach dem eigenen Ich". Damit ist er für Ammann "Avantgarde einer Individualisierung im Zeichen der Kulturvermischung, die der arabischen Gesellschaft noch bevorsteht". Zunächst sind da schon die "vier Prosagedichte", die den Band eröffnen, und sie bringen, schreibt Ammann, die "Musik der Trauer" eines Einzelnen zur Sprache, "die von Stefan Weidner zwar reimlos, doch rhythmisch unwiderstehlich" übersetzt ist. Die anschließende Klage über den Verlust der Heimat ist dann in eine Klage über die Vertreibung der Araber aus Andalusien gegossen: ein mutiger Rückgriff auf die eigene Eroberungsgeschichte, findet Ammann, die "aus Eroberern über kurz oder lang Vertriebene" gemacht hat. Und schließlich folgen Gedichte aus Ramallah, nach der Rückkehr Darwishs, der sich fragen muss: "Was bin ich ohne Exil?" Darwish hat feststellen müssen, schreibt der Rezensent, dass er "sich durchs Dichten der Heimat beraubt hat". Es ist dies, so Ammann, ein neuer, "poetischer Selbstentwurf", der sogar mit der Einführung einer europäischen Form spielt, dem Sonett.