Peter Merseburger

Willy Brandt 1913-1992

Visionär und Realist
Cover: Willy Brandt 1913-1992
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart - München 2002
ISBN 9783421053282
Gebunden, 928 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Das persönliche Schicksal Willy Brandts ist auf einzigartige Weise mit der politischen Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert verbunden. Sein Lebensweg ist geprägt von einschneidenden Ereignissen, von der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bis zum Mauerfall 1989.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2003

Als "kenntnisreiche und breit belegte Darstellung" würdigt der C. K. zeichnende Rezensent Peter Merseburgers Biografie Willy Brandts. Er hebt hervor, dass Merseburger die Höhen und Tiefen des Brandt'schen Wegs umsichtig ausleuchte und bei aller Bewunderung für die historische Leistung auch kritische Töne nicht unterschlage. Besonderes Interesse verdienen nach Ansicht des Rezensenten die einleitenden Kapitel über den politischen Weg des jungen Emigranten in Norwegen und Schweden vom marxistisch geprägten Revolutionär zum demokratischen Sozialisten. Doch auch sonst findet der Rezensent nur lobende Worte: Als Historiker sei Merseburger auf der Höhe seiner Aufgabe; bei aller Anteilnahme am Schicksal des Bundeskanzlers, halte er doch die gebührende Distanz; mit sicherem Stil verfolge er die politische Karriere Brandts. Für "spannend zu lesen" hält der Rezensent vor allem die zentralen Abschnitte über die Entscheidung zur Bildung der Koalition mit der FDP, den misslungenen Anlauf der CDU/CSU zum Kanzlersturz 1972, die Affäre des DDR-Spions Guillaume und den Entschluss zum Rücktritt. "Aus der nun schon beachtlich langen Reihe von Beschreibungen des Lebens Willi Brandts", lobt der Rezensent abschließend, "sticht jene von Peter Merseburger als gewichtig und umfassend heraus."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Godehard Weyerer ist einfach begeistert von dieser Brandt-Biografie. Er preist die "bisweilen lexikalische Dichte", mit der der Autor die Personen und Geschehnisse um Brandt beschreibt. Er sieht sich einem "pointierten" Porträt der Persönlichkeit des Politikers gegenüber und bemerkt angetan, dass Merseburger ein "faires Bild" von Brandt zeichnet. Erleichtert stellt er allerdings fest, dass auch "kritische Bemerkungen" keineswegs fehlen, der Autor also nicht in Bewunderung für Brandt erstarrt. Besonders dankbar aber ist Weyerer dem Autor dafür, alles Reißerische aus seiner Lebensbeschreibung herausgehalten zu haben und sich "fragwürdige Interpretationen" insbesondere zu delikaten Themen wie Brandt und die Frauen oder Brandt und der Alkohol verkniffen zu haben. Vieles in dieser Biografie sei zwar nicht neu, doch mache Merseburger gewissenhafte Anmerkungen zu den Quellen seiner Ausführungen, lobt der Rezensent, der als "Verdienst" des Buches die "Würdigung des Staatsmanns" Brandts hervorhebt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.09.2002

Alexander Gallus ist sichtlich angetan von Peter Merseburgers Brandt-Biografie: Denn der "Publizist geht mit dem Zeithistoriker dabei eine gleichsam ideale Verbindung ein, wie sie allzu selten ist". Überraschungen oder neue Erkenntnisse hat der Band dem Rezensenten zwar nicht verschafft, dafür kann Merseburger mit einem "akribischen Quellenstudium", "(fast immer) genauer Literaturrecherche" und "zahlreichen Gesprächen" mit Zeitzeugen aufwarten. Und da er gut erzählen kann, schafft er es zudem, aus dem Ganzen noch ein "Lesevergnügen" zu machen, wie der Rezensent dankbar bemerkt. Eine besondere Stärke der Studie liegt für Gallus in der treffenden, knappen Charakterisierung der Weggefährten Willy Brandts, etwa Egon Bahr, Herbert Wehner und Helmut Schmidt, und deren Bedeutung für Brandt und seine Politik. Gallus widmet sich neben den politischen aber auch den persönlichen Beziehungen, den drei Ehen ebenso wie "manch amouröser Affäre". Trotz der offensichtlichen Sympathie für den "Kanzler der Versöhnung" bleibt der Autor dabei, wie der Rezensent anerkennend vermerkt, immer in kritischer Distanz zu seinem Protagonisten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.08.2002

Zugegeben, Peter Merseburger ist nicht der erste, der sich an einer Biografie von Willy Brandt versucht. Aber, meint Volker Ullrich in seiner durchaus mit Herzblut geschriebenen Rezension: "Merseburger übertrifft all seine Vorgänger bei weitem." Ullrich wagt auch die Behauptung, dass es sich bei dieser Biografie um "das historisch-politische Buch dieses Herbstes" handele. Für den Rezensenten vereint es die Vorzüge des Journalisten und des Historikers: glänzend geschrieben und zugleich sorgfältig recherchiert. Man ahnt natürlich, dass sich hier zwei Kollegen treffen, aber Ullrichs Kritik überzeugt natürlich trotzdem. So folgt er Merseburgers Darstellung von Willy Brandt als Realisten und Visionär, als machtbewussten Taktiker und empfindsamen Gefühlsmenschen und goutiert besonders, dass Merseburger der Versuchung widerstanden hat, die Widersprüche in Brandts Persönlichkeit und in seinem Leben zu glätten. Im Mittelpunkt der Biografie stehe zwar Brandts Kanzlerschaft, doch ihre Tiefenschärfe gewinne sie erst durch die Einbeziehung der frühen Lebensphase im Lübeck der Sozialdemokratie und im skandinavischen Exil. Nur eins kreidet Ullrich Merseburger negativ an: nämlich dass er zu viel Energie darauf verwendet, die zahlreichen Verdächtigungen und Verleumdungen, die über Brandt und seine Exilzeit im Umlauf gebracht wurden, zu widerlegen und damit den "Schmieranten" womöglich zu viel der Ehre zukommen zu lassen.