Nino Haratischwili

Das achte Leben (Für Brilka)

Roman
Cover: Das achte Leben (Für Brilka)
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2014
ISBN 9783627002084
Gebunden, 1280 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Georgien, 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten, beginnt dieses berauschende Opus über sechs Generationen. Stasia wächst in der wohlhabenden Oberschicht auf und heiratet jung den Weißgardisten Simon Jaschi, der am Vorabend der Oktoberrevolution nach Petrograd versetzt wird, weit weg von seiner Frau. Als Stalin an die Macht kommt, sucht Stasia mit ihren beiden Kindern Kitty und Kostja in Tbilissi Schutz bei ihrer Schwester Christine, die bekannt ist für ihre atemberaubende Schönheit. Doch als der Geheimdienstler Lawrenti Beria auf sie aufmerksam wird, hat das fatale Folgen...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.10.2014

Gefühlsstark, geschichtentrunken und unsagbar souverän ist dieser dritte Roman von Nino Haratischwili für Rezensentin Martina Läubli. So üppig der Stoff einer hundertjährigen Familiengeschichte, den die Autorin vor dem Hintergrund georgischer Geschichte im 20. Jahrhundert ausbreitet, so dramaturgisch versiert, farbig und packend erzählt die Autorin, meint Läubli. Dass die Autorin Mut zur Größe zeigt und mit theatralischer Geste menschliche Dramen und den Weg Georgiens durch Revolutionen, Kriege und Stalins Säuberungen zu inszenieren vermag, ohne den Leser auch nur auf einer von 1280 Seiten zu langweilen, ist für Läubli eine enorme Leistung.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 04.10.2014

Rezensent Jörg Himmelreich ahnt, warum dieser Roman so dick ist: er muss viel Leid bewältigen. Dass die vielfach verzahnten Lebensgeschichten in Nino Haratischwilis Familienepos nicht nur einen "bunten" Erzählteppich ergeben, nicht nur die sowjetische und georgische Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählen, sondern vor allem persönliches Leid, Intrigen, Hoffnungen und Liebe aus sechs Generationen, hebt Himmelreich eigens hervor. Darin liegt für den Rezensenten der Kern des Ganzen. Strukturiert wird er laut Himmelreich durch die Teppichstruktur, in der jedes behandelte Familienmitglied einen Faden darstellt, der wiederum andere Fäden bindet. Dass die Figuren bei all dieser Fülle plastisch und lebendig geraten und die Autorin die Spannung über die ganze Weite des Textes aufrechterhalten kann, findet Himmelreich bemerkenswert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.09.2014

Judith von Sternburg ahnt, es geht immer ums Leben in Nino Haratischwilis Roman, den die Rezensentin für ein kleines, nein, großes Meisterwerk hält. Nicht am Umfang allein liegt das, sondern am langen Atem der Autorin und ihrer Erzählerin. Für Sternburg manifestiert der sich zuallererst in einer souveränen Dramaturgie, garniert mit dunklen Pointen. Das Schreiten von Generation zu Generation, während die ganze verrückte Geschichte Georgiens von der Revolution über den Stalinismus bis zum Ende des Kalten Krieges abläuft, hat sie beeindruckt. Unmerklich findet sie sich in einem dichten Netz, in dem so ziemlich jede Begegnung möglich scheint und das der Rezensentin dennoch selbstverständlich vorkommt. Ach ja, wie die junge Autorin Figuren erschafft, findet Sternburg gleichfalls phänomenal. Als wär sie der liebe Gott, meint sie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.09.2014

Nino Haratischwilis Roman hallt bei Christiane Pöhlmann lange angenehm nach. Nicht allein die schiere Seitenzahl ist schuld daran, sondern die Tatsache, dass die Autorin hier ein Ganzes (die Geschichte ihrer Heimat Georgien im 20. Jahrhundert) in gleichberechtigte Einzelteile zerlegt, mit einer überschaubaren Zahl an durchaus komplexen Figuren bevölkert und dabei motivisch geschickt, doch bescheiden vorgeht. Bei aller wimmelnden Vielfalt der im Buch verhandelten historischen Ereignisse behält die Rezensentin doch die Übersicht, verliert die Erzählerin für Pöhlmann nie ihre Glaubwürdigkeit und entwickelt der Text Sogkraft, selbst in den Momenten, da das Schweigen thematisiert wird. Das kommt im Text laut Pöhlmann öfters vor, denn es geht nicht zuletzt um die "sozialistischen Verkrustungen" und ein System, das auf Verschweigen baute. Spannend findet Pöhlmann diese an die Biografie der Autorin angelehnte Familien- und Landesgeschichte allemal. Die Offenheit von Haratischwilis Erzählen scheint der Rezensentin dazu beizutragen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.09.2014

Nino Haratischwili erzählt in "Das achte Leben (für Brilka)" die Geschichte einer georgischen Familie über das gesamte zwanzigste Jahrhundert, berichtet Marie Schmidt, die einige Probleme mit dem Roman hatte: eine Familiengeschichte, die sich nur in Schicksalsschlägen vollzieht, hat doch etwas "Seifenopernhaftes", findet die Rezensentin, und der historische Hintergrund wirkt auf sie zwar sorgfältig recherchiert, aber selten erlebt. Schmidt hätte sich gewünscht, dass Haratischwili das gleiche Buch geschrieben hätte - nur anders. Das Konzept der "zeitlosen Zeit", die im Roman zwischen absoluter Erinnerung und absolutem Vergessen schwankt, aber nur selten auftaucht, hätte schon mal einen spannenden Grund für die Form dieses anderen Buches geliefert, ist sich Schmidt sicher.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.09.2014

Tilman Spreckelsen ist tief beeindruckt, wie meisterlich Nino Haratischwili auf den knapp eintausenddreihundert Seiten ihres Romans "Das achte Leben" Spannung und Kohärenz aufrechterhält. Die Autorin erzählt die Geschichte einer Familie über sechs Generationen, die im Georgien des zwanzigsten Jahrhunderts mit den Realien der Sowjetunion konfrontiert sind, an denen sie meist auf die eine oder andere Weise scheitern, fasst der Rezensent zusammen. Das familiäre Erbe, die fatalen Wiederholungen, werden durch den "Fluch der Schokolade" verkörpert, verrät Spreckelsen: nach dem Rezept des Ururgroßvaters der Erzählerin wird eine verhängnisvolle heiße Schokolade zubereitet, die zwar eine "geistige Ekstase" verheißt, aber jeden, der bisher von ihr zu probieren wagte, schnell ins Unglück gestürzt hat, erklärt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.08.2014

Dem Osten ganz nah kommt Burkhard Müller mit diesem Riesenroman von Nino Harataschwili. Dass die Autorin ihre georgische Generationen-Saga auf Deutsch schreibt, ist für Müller ein besonderer Genuss, gelingt es der Autorin doch, der Sprache eine Frische abzugewinnen, die laut Müller kein Muttersprachler erzwingen könnte, und was dazu führt, dass der Rezensent auf über 1200 Seiten keine einzige Phrase lesen muss. In der Mischung aus Eigenem und Fremdem also besteht für Müller ein Reiz des Buches. Ein weiterer liegt für den Rezensenten in der Weite des gezeichneten Tableaus, das Privates und Weltgeschichtliches vereint. 100 Jahre, vom Terror der 20er bis heute, sechs Generationen und einen Raum, der von Tbilissi über Moskau und London bis nach Berlin reicht, umfasst der große Text, erklärt Müller. Einen nennenswerten Plot entdeckt er zwar nicht, dafür jedoch eine Menge eigenwilliger Figuren, fantastische Begegnungen und eine unumschränkte Heldin: Georgien.
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