Ottmar Ette

Literatur in Bewegung

Raum und Dynamik grenzüberschreitenden Schreibens in Europa und Amerika
Cover: Literatur in Bewegung
Velbrück Verlag, Weilerswist 2001
ISBN 9783934730311
Gebunden, 575 Seiten, 65,96 EUR

Klappentext

Die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und auch literarischen Räume, die uns umgeben, haben sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit immer größerer Geschwindigkeit verändert. Die Literaturen trugen diesem Faktum Rechnung, die Literaturwissenschaften ließen diese Problematik - selbst im Bereich der Reiseliteratur, die für derartige Untersuchungen wie geschaffen scheint - jedoch weitgehend außer acht. Der vorliegende Band versucht, auf diese Problematik eine Reihe von Antworten zu geben und aufzuzeigen, wie die Dynamik von Räumen und Raumbeziehungen auf verschiedenen Ebenen ebenso in konkreten Einzeltexten wie innerhalb größerer zeitlicher Entwicklungen untersucht werden können.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.08.2001

Hans Ulrich Gumbrecht beginnt seine ellenlange Besprechung mit dem großkalibrigen Kompliment, dass er sich angesichts von Ettes Buch an den großen Romanisten Ernst Robert Curtius erinnert fühlt. Bald darauf jedoch wird einem klar, dass dieses Lob vergiftet ist. Einerseits würdigt Gumbrecht den Band als "Grundlagenwerk", dann aber stechen ihm eher die unangenehmen Ähnlichkeiten zu Curtius ins Auge: den Schreibstil findet er "erstaunlich verschraubt" und den Mangel an theoretischer Präzision bedenklich. Gerade die Grund- und Generalthese des Buches vom "veränderten Raumgefüge" und seinen Folgen will ihm nicht einleuchten, genauer gesagt: er findet sie nirgends verständlich formuliert. Also schmiedet Gumbrecht sich mit Heideggers Hilfe eine Parallelthese von der Auflösung des Raumes im Wissen, und hantiert mit ihr im Verfolg seiner Rezension so, als wäre es die von Ette. Derart gestärkt unternimmt er einen neuen Versuch, Ette doch noch gut zu finden, lobt "seine außergewöhnliche literarische Intelligenz", preist einzelne Kapitel des Buches (zu Unamuno, Borges, Rodó) und stört sich dann doch wieder: an zuviel politischer Korrektheit, am "peinlichen" Versuch, Borges und Co gegen vermeintliche europäische Arroganz zu verteidigen. Vor einer wiederum ganz gumbrechtprivatphilosophischen Coda siegt zuletzt, etwas überraschend, das Positive: dieses Buch ist für den Rezensenten denn doch "ein bewundernswertes historisches Kompendium".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.06.2001

Eine komplexe Verschlingung von thematischer und formaler Ebene macht die Rezensentin Doris Bachmann-Medick in diesem Buch aus. Einerseits geht es um Reiseliteratur, andererseits um Lektüren, die selbst Bewegungen innerhalb von Texten vornehmen. Das Ergebnis sind "Darstellungsexperimente" des Textes selbst, aber auch Entdeckungen nichtlinearer Bewegungen in literarischen und theoretischen Texten. Literaturtheorie kommt in Kontakt mit dem "Boden ihrer Gegenstände". Bachmann-Medick findet das sichtlich interessant, bedauert aber zum einen, dass sich der Romanist Ette auf den lateinamerikanisch-französischen Raum beschränkt hat und dadurch auch die "Zweiteilung des kulturwissenschaftlichen Diskurses in anglo-amerikanische und französische Theoriebahnen" ein weiteres Mal bestätigt. Eine weitere Frage, die die Rezensentin, von den Kreisfiguren und Oszillationen Ettes offenbar ein wenig genervt, gerne gestellt und vielleicht auch beantwortet gesehen hätte, lautet: "Bewegung, wohin?" Damit wären dann, meint sie, auch Politik und Soziales ins Spiel gekommen.