Birgit Vanderbeke

abgehängt

Cover: abgehängt
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783100870209
Gebunden, 128 Seiten, 17,38 EUR

Klappentext

Den Himmel kann man nicht abhängen - alles andere schon. Ein anonymer Anrufer bringt den Alltag einer Schriftstellerin aus dem Rhythmus. Er beschimpft sie mit einer eigentümlich warmen Stimme. Als ob nichts gewesen wäre, erledigt sie aber weiterhin ihre Post, geht zum Sushi-Essen und überlegt, wie sie ihrer Tochter eine Tätowierung ausreden könnte. Auch wenn sich nichts wirklich verändert hat, ist doch alles anders geworden. Sie spürt die Angst im Rücken, fühlt sich beobachtet, und vielleicht gibt es ja auch jemanden, der sie ganz einfach abknallen will. Erst als sie sich eine Platte ihres Mannes Serge auflegt, eines Jazzmusikers, kann sie für kurze Zeit vergessen, dass nicht mehr alles in Ordnung ist ...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.05.2001

Anton Thuswaldner gibt eine Verlustanzeige auf: zu beklagen ist Birgit Vanderbeke als Hoffnungsträgerin der deutschen Literatur. Ihre Texte, bedauert er, haben an Substanz verloren. Vanderbeke produziere nach ihren ersten literarische Erfolgen nun einen Text nach dem anderen. Was dabei herauskommt, definiert Thuswaldner als gefällige Prosa: angenehm zu lesen, aber ohne dass "einem etwas dabei nachgehe". Woran macht sich dies nun an ihrem neusten Buch fest? Eine Antwort darauf deutet sich zunächst durch die zu Beginn der Rezension gestellt Frage an: Was geschieht, wenn nichts geschieht? Thuswaldner konstatiert, dass Vanderbeke offensichtlich keinen Stoff braucht. In ihrem neuen Buch geht es um eine Frau, die sich völlig von der Außenwelt abschirmt und die sich im Kopf die Wirklichkeit zurechtbiegt. Der Leser, so der Rezensent, befindet sich direkt im Kopf der Erzählerin und erlebt die Welt nur als das, was sich in diesem Kopf befinde. "Das ergibt ein sehr beengtes Stück Literatur", konstatiert Thuswaldner kritisch. Er kann sich nicht mit den "ausladenden Selbstgesprächen, Monologen und Einflüsterungen der Seele und des Gedächtnisses" der Erzählerin anfreunden. Resultat dieser Gedanken, "die keinen Punkt machen", seien Sätze, die sich zu Monstern auswachsen. Literatur, auf die wir warten, ist das jedenfalls nicht, findet er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.03.2001

Meike Fessmann hat ihren Spaß an den fast alljährlichen Neuveröffentlichungen von Birgit Vanderbeke, weil sie die Autorin für eine gute Chronistin des Zeitenwandels hält, auch wenn die Bücher sich vom Grundton und von dem "das Alltägliche umkreisenden Stil" her ähneln. Mit der neuen Erzählung "Abgehängt" greift die Autorin ein Motiv auf, an dem sie schon einmal in ihrer Erzählung "Alberta empfängt einen Liebhaber" gearbeitet hat - die Selbstreflexion des Schreibprozesses. Fessmann findet, dass die Autorin dieses Thema jetzt "auf erhellende Weise verschärft" und dazu den Zeitgeist in Form von Sushi-Bars, Handys und dem Diktat des finanziellen Erfolges für die Nachwelt mit Treffsicherheit beschreibt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.03.2001

Kein Zweifel, Angelika Ohland hatte sich von dieser Erzählung mehr versprochen und ist enttäuscht: "Schlampereien im Literarischen, die Eindimensionalität der Gedanken und die dürftigen Bilder" haben ihr die Lektüre gründlich vermiest. Die Figuren findet Ohland einfach zu schlicht gezeichnet, etwa das Mädchen Simmy, von dem der Leser nicht viel mehr erfahre, als dass sie Harry Potter liest und Nutella-Brote isst. Überhaupt macht es sich Vanderbeke nach Ansicht der Rezensentin oft zu einfach. Wenn die Autorin die gute Welt (des aufrechten Jazz-Musikers Eddie) und die böse Welt (des profitgierigen Lektors Meyer-Bromberger) aufeinandertreffen lässt, entfährt der Rezensentin ein entsetztes "ach je, ach je" angesichts so viel "Schlichtheit der Gedanken, die nur geschlossene Systeme kennt". Dabei habe die Autorin doch schon längst gezeigt, dass sie auch ganz anders schreiben könne. Doch angesichts dieser Erzählung fragt sich Ohland, ob Vanderbeke inzwischen Anstalten macht, zur "Rosamunde Pilcher einer schon verschwunden geglaubten Alternativkultur" zu mutieren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2001

Vorsicht, zu Beginn von Birgit Vanderbekes neuer Erzählung hat sich der Rezensent Hanns-Josef Ortheil tüchtig in die Irre leiten lassen. Was nach einer eleganten Lösung eines überschaubaren Problems klingt - licht und leicht, wie von Vanderbeke zu erwarten - erweist sich als komplizierte und in sich unschlüssige Story, erzählt Ortheil in seiner recht umfangreichen Rezension. Figuren und Schauplätze der Erzählung hält der Rezensent für schwach konturiert, so schwach, dass sich die Vorstellungskraft des Lesers einfach nicht mobilisieren lasse. Nicht zuletzt deswegen, weil die Erzählerin mit ihrem allseits gegenwärtigen Sinnieren den anderen Figuren keinen Raum gibt, meint Ortheil. Und im Plot steckten zu viele "Krimi- und Francoise-Sagan-Motive", die den Erzählfluss durcheinander und schließlich zum Erliegen brächten. Schade, die Erzählung hätte großartig werden können, wenn sie nur kürzer und überschaubarer ausgefallen wäre, resümiert der Rezensent.
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