Nina Bußmann

Große Ferien

Roman
Cover: Große Ferien
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518422786
Gebunden, 200 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Bereits seit Monaten unterrichtet Schramm nicht mehr; etwas soll vorgefallen sein zwischen ihm und einem Schüler. Die Kollegen haben es schon immer gewusst, hinter seinem Rücken zerrissen sie sich über ihn, der immer korrekt war, die Mäuler. Und in der Tat, Schramm war porös geworden über die Zeit mit dem Jungen, der ihm in seiner Radikalität gegen sich selbst so ähnlich schien, und plötzlich hörte Schramm ein "wir" und war wie verzaubert, vollkommen ungeschützt in einem Moment, und dann... Zeit hat er jetzt genug, sollte man meinen, aber die Sache ist längst nicht ausgestanden. Und so wendet Schramm sich widerwillig an den einzigen Menschen, den er noch hat, seinen Bruder.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.08.2012

Mit viel Lob bespricht Rezensent Nico Bleutge Nina Bussmanns ersten Roman "Große Ferien". Tief beeindruckt liest der Kritiker, wie es der Autorin gelingt, ihre Geschichte um einen Mathematik-, Physik- und Erdkundelehrer, der seinen Dienst nach einem nicht näher benannten Vorkommnis mit einem Schüler quittiert, in Thomas-Bernhard-Satzschleifen atmosphärisch dicht und intensiv zu entwickeln. In abwechselnden Momenten von Nähe und Distanz beobachtet Bleutge Bussmanns eigensinnigen Protagonisten bei seinem Versuch, durch Rückzug und Ordnungssucht seinen verdrängten Gefühlen und unterdrückten Wünschen, etwa beim Unkraut-Jäten, zu entfliehen. Von Bussmanns "angerautem" Ton und ihren verwirrenden, ausdrucksstarken Bildern hat sich der Rezensent schnell in den Bann ziehen lassen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.05.2012

Ulrich Rüdenauer schätzt diesen Roman über das Scheitern eines Lehrers von Nina Bußmann. Das Buch schildert für ihn eindringlich einen Tag im Leben eines Studienrats, der wegen einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Schüler, suspendiert wurde. Er attestiert der Autorin, konsequent die Perspektive des pedantischen, alleinstehenden, zurückgezogenen Lehrers zu wahren, den der Leser beim Nachdenken über sein Leben während der Gartenarbeit beobachten kann. Das Selbstquälerische dieses inneren Monologs - die Sprache des Romans beschreibt Rüdenauer als"autoagressive Bernhard-Suada" - überträgt sich in seinen Augen geradezu auf den Leser. "Große Ferien" scheint ihm glücklicherweise kein Buch, das in den Lehrplan passt, kommt es doch ohne "abprüfbare Botschaft" aus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.04.2012

Der Kosmos Schule ist nicht zuletzt deshalb ein so beliebter Romangegenstand, weil jeder einen Bezug dazu hat, meint Judith von Sternburg. In Nina Bußmanns Debütroman "Große Ferien" gehe es um den etwas schrulligen Physiklehrer Schramm, der im Garten Unkraut jätet. In Rückblenden werde von der Konfrontation mit einem Schüler erzählt und Schramms Familiengeschichte angedeutet. Weder von der formellen Anlage noch vom Inhalt des Romans ist die Rezensentin wirklich überzeugt. Bußmann habe ihn zwar "mit markanten Sätzen und gescheiten Beobachtungen" gespickt, doch die Rezensentin stört sich an der Überdeutlichkeit der Figurenanlage, während das Erzählerische weitgehend undeutlich bliebe. Für einen Roman sei das insgesamt doch "ein wenig dürr".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.03.2012

Meike Fessmann weiß Nina Bußmanns Debütroman "Große Ferien" zu schätzen. Das Buch um einen eigenbrötlerischen Lehrer, der wegen einer Ohrfeige, zu der ihn ein Schüler provoziert hat, suspendiert wird, zeichnet sich für sie durch Nüchternheit, ja eine "fast schmerzhafte Reinheit" aus. Wie die Autorin das Leben dieses um Ordnung, Gründlichkeit und Sorgfalt bemühten Lehrers rekapituliert, wie sie genau hinsieht und das Innenleben ihres Protagonisten indirekt beschreibt, hat Fessmann sichtlich beeindruckt. In ihren Augen geht es aber nicht nur um die Not eines Lehrers, sondern auch um das Scheitern des Schulsystems. Dass nach den Romanen von Markus Orths, Kai Weyand, Klaus Böldl und Judith Schalansky mit "Große Ferien" ein weiterer Roman über das Scheitern eines Lehrers vorliegt, versteht Fessmann als "Symptom" einer grundlegenden Misere.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2012

Auch wenn Rezensent Hubert Winkels Nina Bußmanns Debütroman nicht ganz verstanden hat, beeindruckt ihn "Große Ferien" auf seine eigene Weise durchaus. Denn im Grunde genommen gehe es der Autorin um das Miss- und Nichtverstehen, berichtet der Kritiker, der hier den umständlichen Grübeleien eines äußerst vorsichtigen und verängstigten Physiklehrers folgt. Wie Bußmanns Protagonist sich immer weiter in seinen Gedanken verstrickt, erfährt der Rezensent bis ins kleinste Detail: mit einer ganzen Flut von Nebensätzen, Konjunktiven und Nebengeräuschen gelinge es der Autorin immer wieder, jeden Anflug einer konkreten und aussagestarken Situation aufzulösen. Und so kann Winkels schließlich nur vage erahnen, dass sich hinter den Grübeleien des Lehrers ein homosexuelles Verhältnis mit einem Schüler verbirgt, den er dreimal die Woche trifft. Die Art und Weise wie der Zweifel hier zum Erzählprinzip erhoben wurde, findet der Rezensent in jedem Fall "kunstvoll".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2012

Erstaunlich reif findet Lena Bopp diesen Roman über das Verschrobenwerden. Dass Nina Bußmann darin dasselbe Thema aufgreift wie ihre Verlagskollegin Judith Schalansky, sieht Bopp als unglücklichen Zufall. Dem Buch nimmt das ihrer Meinung nach nichts. Bußmanns gekonnte Darstellung einer zwanghaften Lehrerexistenz, ihre kluge Entscheidung, vieles (ein Verbrechen womöglich) im Ungefähren zu lassen, ohne den Schrecken für den Leser zu schmälern, findet Bopp höchst anerkennenswert. Dass sie sich so selbstverständlich im Kopf eines beunruhigenden Charakters wiederfindet, schreibt sie dem Talent dieser Autorin zu.
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