Ottfried Dascher

Es ist was Wahnsinniges mit der Kunst

Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler und Verleger
Cover: Es ist was Wahnsinniges mit der Kunst
Nimbus Verlag, Wädenswil 2011
ISBN 9783907142622
Gebunden, 350 Seiten, 39,80 EUR

Klappentext

Mitarbeit: Rudolf Schmitt-Föller und Rico Quaschny. Mit 59 Farbabbildungen. Bis heute verkörpert Alfred Flechtheim wie kaum ein zweiter die Goldenen 20er Jahre: Seine Berliner Kunsthandlung erlebte in jener Zeit einen kometenhaften Aufstieg und bestimmte mit Picasso, den Kubisten und neuen deutschen Künstlern die Debatten; sein Magazin Der "Querschnitt" erfand eine neue Mischung von Themen aus Kunst, Sport und Lebewelt. Legendär auch die glamourösen Feste der Galerie, auf denen sich die Prominenz des neuen Berlin drängelte: Filmstars und Hochfinanz, Preisboxer und Künstler jeder Couleur.
Begonnen hatte Flechtheim als Sohn einer vermögenden Familie von Getreidehändlern. Schon früh betätigte er sich als Sammler der Avantgarde und war der spiritus rector des "Sonderbund", dessen Kölner Ausstellung im Jahre 1912 der modernen Malerei in Deutschland zum Durchbruch verhalf. Ein Jahr später eröffnete Flechtheim in Düsseldorf eine eigene Galerie, die er wegen des Krieges jedoch bald wieder schließen mußte. 1919 wagte er den Neuanfang und expandierte bald nach Berlin. Zugleich packte ihn der "Verlegerrappel": Er gründete den "Querschnitt" und brachte aufwendige Mappenwerke seiner Künstler heraus. In der Galerie drückte sich die Creme de la Creme der Avantgarde die Klinke in die Hand: George Grosz, Renee Sintenis, Fernand Leger, Max Beckmann, Paul Klee und viele andere.
Mit dem Schwarzen Freitag und der Machtergreifung der Nazis findet all dies ein jähes Ende. Flechtheim hat Schulden, die antisemitische Repression zwingt ihn zur Liquidierung der Galerie, rastlose Reisen durch Europa beginnen. An allen Ecken fehlt Geld, dazu die Sorge um seine in Berlin verbliebene Frau. Am 9. März 1937 stirbt Alfred Flechtheim als gebrochener Mann in London. Mit Ottfried Dascher legt der beste Flechtheim-Kenner die erste umfassende Biografie dieses unvergleichlichen Kunstenthusiasten vor.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.03.2012

Harry Nutt begrüßt diese Biografie Alfred Flechtheims, in der Ottfried Dascher umfangreich und quellensatt das schillernde Leben des Kunsthändler erzählt. Frankreich-Liebhaber und doch Kavallerie-Offizier im Ersten Weltkrieg; homosexuell und doch verheiratet und ein Frauenschwarm;  stolzer Westfale und doch von den Nazis als Jude schikaniert und ins Exil getrieben. Dabei liest  Nutt in dieser Biografie nicht nur von einem turbulenten Leben, Dascher informiert ihn auch über die Arbeit des enthusiastischen Kunstsammlers und -kenners. Zudem hat der Rezensent viel über die geschäftliches Aspekte des Kunsthandels erfahren, was seinen positiven Eindruck des Buches noch verstärkt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.02.2012

Insgesamt positiv, wenn auch mit ein paar Einschränkungen bespricht Ursula Harter diese erste Biografie des berühmten Kunsthändlers. Ein "Marchand-Amateur" sei er gewesen, lernt sie aus dem Buch, ein Händler, der in erster Linie Sammler war. Harter erzählt einige Stationen seines Lebens bis hin zur Emigration nach und lernt aus dem Buch auch einiges darüber, wie schwer die Sammlung Flechtheim eigentlich zu umreißen ist - denn Flechtheim trennte nicht zwischen dem Bestand seiner Galerie und seinem Privatbesitz. Kritisch merkt Harter an, dass die Biografie zuweilen romanhaft geschrieben sei und über "manche heikle Punkte" hinwegtäusche. Auch beruhe sie in Teilen zu stark auf Sekundärliteratur. Besonders würdigt Harter aber, dass sich Dascher auch eingehend mit Betti Flechtheim befasst, der Frau des Kunsthändler, die sich 1941 vor der angekündigten Deportation in Berlin das Leben nahm.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.02.2012

Die Enttäuschung ist groß bei Ira Mazzoni, denn Ottfried Daschers Biografie des Kunsthändlers, Verlegers und Sammlers Alfred Flechtheim überzeugt sie weder inhaltlich noch stilistisch. In der Sprache ungelenk, Namen und Zahlen eher additiv als erzählerisch präsentierend ergibt dieses Buch für die unzufriedene Rezensentin kein plastisches Epochen- oder Lebensbild. Dabei war diese Lebensbeschreibung einer der schillerndsten Figuren in der Kunstszene der Weimarer Republik mit großer Spannung erwartet worden, nicht zuletzt, weil man sich Hinweise für laufende "Restitutionsverhandlungen" erhofft hatte, teilt die Rezensentin mit. Aber auch dafür eignet sich dieser Band kaum, einerseits weil dem Biografen wichtige Archive verschlossen blieben, andererseits weil es Dascher nicht gelingt, die geschäftlichen und privaten Verflechtungen des Kunstmarkts der Zeit anschaulich darzustellen. So hat nicht nur Mazzoni Zweifel an der angeblichen "Arisierung" von Flechtheims Düsseldorfer Galerie durch den damaligen Geschäftsführer Alex Vömel und vermutet, dass es sich dabei um eine "Tarnung" für die Nazis handelt. Auch die Rekonstruktion von Flechtheims Privatsammlung anhand von Fotos überzeugt die Rezensentin überhaupt nicht, da der Kunsthändler seine Privaträume auch als Ausstellungsräume nutzte, wie sie darlegt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.11.2011

Hocherfreut zeigt sich Rezensent Michael Sontheimer über diese Biografie Alfred Flechtheims, die Ottfried Dascher vorgelegt hat. Das Werk stellt in seinen Augen eine überfällige Würdigung des heute weitgehend vergessenen Kunsthänders und -sammlers dar. Ausführlich rekapituliert der Rezensent das Leben Flechtheims, der in den 1920er Jahren einer der einflussreichsten und wichtigsten Kunsthändler war, 1933 wegen der Nazis nach Paris emigrieren musste und 1937 in London an einer Blutvergiftung starb. Sontheimer lobt die gründliche und umfangreiche Biografie als "höchst verdienstvoll". Allerdings hat er zwei Kritikpunkte. Zum einen ist ihm Daschers Nachsicht gegenüber Alex Vömel, Mitglied bei NSDAP und SA, der von der Verfolgung Flechtheims profitierte, unverständlich. Zum anderen vermisst er einen psychologischen Blick auf die Persönlichkeit Flechtheims und die Beziehung zu seiner Frau Betti.