Monika Maron

Bitterfelder Bogen

Ein Bericht
Cover: Bitterfelder Bogen
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783100488282
Gebunden, 176 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Mit Fotos von Jonas Maron. "B. ist die schmutzigste Stadt Europas", schrieb Monika Maron in ihrem Debütroman 'Flugasche' (1981). B. steht für Bitterfeld, bis heute ein Synonym für marode Wirtschaft und verkommene Umwelt. Dreißig Jahre später hat sie die Stadt wieder besucht und die Spur der Veränderungen nachgezeichnet. Sie erzählt von der Wiederauferstehung einer Region, vor allem aber vom Aufbruch einiger Kreuzberger Solarenthusiasten in die Provinz Sachsen-Anhalts, wo sie eine Solarzellenfabrik mit 40 Arbeitsplätzen bauen wollten. Nur acht Jahre später ist Q-Cells der größte Solarzellenhersteller der Welt. Aus der kleinen Solarzellenfabrik ist 'Solar Valley' geworden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.07.2009

Von Monika Marons "Bitterfelder Bogen", ihrem so poetischen wie "nüchternen" Bericht über die zu DDR-Zeiten durch die von der Chemieindustrie bestimmte Stadt, schwärmt Roman Bucheli zutiefst berührt und beeindruckt. Die Autorin zeichnet darin die Wandlung Bitterfelds von der "schmutzigsten Stadt Europas" über eine völlig hoffnungslose, von Arbeitslosigkeit geprägte Region nach der Wende bis zu einem Neuanfang als Standpunkt der Solarenergiegewinnung mit hunderten von Arbeitsplätzen, lässt der Rezensent wissen. Ihn haben vor allem der jegliches Pathos vermeidende Ton und die "verblüffende" Schlichtheit bei "äußerster Emphase und Empathie" so für das Buch eingenommen. Und solcherart ist die poetische Kraft von Marons Reportage, dass am Ende sogar die Notierung des Aktienkurses der Bitterfelder Solarindustrie, Q-Cells, eine ergreifende Qualität erhält, so Bucheli bewundernd.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.07.2009

Als facettenreiche Reportage und "sentimentale Reise" an den Handlungsort ihres ersten Romans beschreibt Rezensentin Katharina Granzin dieses Buch, das sie als "von journalistischer Neugier "getragen" lobt. Es handelt sich der Rezensentin zufolge außerdem um eine "ost-west-deutsche Erfolgsgeschichte", wie es sie in Zeitungen und Magazinen eher selten zu lesen gebe. Mit großer Sympathie skizziert Granzin die Geschichte des 2006 verstorbenen Westberliner Ingenieurs Reiner Lemoine und der von ihm in den Siebziger Jahren mit Kommilitonen gegründeten Firma "Wuseltronik", der das Bitterfelder Wunder im Wesentlichen zu verdanken ist: von der schmutzigsten Stadt Europas zum Standort eines weltmarktkompatiblen ökologischen Vorzeigeprojekts zu werden. In seltsamem Kontrast zu den Schilderungen der Mutter sieht die Rezensentin allerdings die im Buch abgedruckten Fotografien von Jonas Maron stehen, die bei ihr den Eindruck erwecken, dass es bei allem Respekt für das Erreichte noch ein weiter Weg ist, bis Bitterfeld nicht nur ein Wirtschaftsstandort, sondern auch ein Platz ist, wo man leben möchte.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.07.2009

Voller Lese- und Entdeckerglück bespricht Rezensentin Elisabeth von Thadden diesen neuerlichen Bitterfeld-Bericht von Monika Maron, der etwa fünfunddreißig Jahre nach ihrer ersten Begegnung mit der anhaltinischen Industriestadt entstand, die sie einst zur Schriftstellerin machte. Doch ist dies der Rezensentin zufolge kein Bericht aus der Vergangenheit, sondern einer, der aus der Zukunft kommt - und zwar ebenso faktentrocken wie mächenhaft. Denn in Marons Geschichte vom ökologischen Umbau Bitterfelds durch eine anarcho-sozialistische Westberliner Truppe aus Ökotüftlern, die hier ein weltmarktkompatibles Solarunternehmen gegründet haben, sieht Thadden "allerhand heterogen Deutsches" fusionieren: nämlich das Ingenieurwesen mit der Poesie und der Weltgeschichte, Friedrich Schlegels universalpoetischen Welterneuerungsansatz mit Wiedervereinigungs- und Industriegeschichte. Auch die kleinen Porträts von Akteuren, die in das Buch eingeflossen sind, beeindrucken die Rezensentin augenscheinlich als feine Ergänzungen des komplexen Bildes, dass dieses Buch zeichnet. Ein Maron-Buch auch, das der Rezensentin außerdem "so jung" erscheint "wie lange keines mehr."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.07.2009

Mit ihrem Roman "Flugasche" wurde Monika Maron im Jahr 1981 schlagartig auch im Westen der Republik bekannt und berühmt. Sie schilderte darin die DDR-Region Bitterfeld als Ort, der durch seine rücksichtslose Umweltzerstörung den Bankrott der DDR, nicht nur ihrer Industriepolitik, unabweislich vor Augen stellte. Nun kehrt Maron mit einer Reportage nach Bitterfeld zurück. Von damals ist nichts mehr übrig, die DDR-Industrie wurde abgeräumt und entsorgt. Sie hat aber der berechtigten Hoffnung auf Zukunft Platz gemacht. Neu angesiedelt wurde mit kluger Standortpolitik Deutschlands erfolgreichstes Solar-Unternehmen, unter anderem über die Arbeit im Werk informiert Maron ganz genau. Sehr angenehm findet es der Rezensent Gustav Seibt, dass die Autorin keine Scheu hat, ganz offen ihre Meinung zu sagen. So wird etwa Günter Grass scharf kritisiert, der kurz nach der Wende zum Meinungsabwurf nach Bitterfeld kam und als einer, der einzig recht gehabt haben wollte, wieder verschwand. Ein Extra-Lob gibt es außerdem für die den Band begleitenden Fotografien von Jonas Maron.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2009

Jochen Hieber zeigt sich sehr angetan von Monika Marons Reportage "Bitterfelder Bogen". Das Buch stellt für ihn auch eine "originelle" Rückkehr der Autorin zu ihren Anfängen dar, kreiste Marons 1981 erschienener erster Roman "Flugasche" doch auch um die Stadt Bitterfeld und die schlimmen Produktionsbedingungen dort. Während "Flugasche" aber kritische Bilanz zog und daher den Unmut der DDR-Führung hervorrief, fällt das Werk in Hiebers Augen überwiegend positiv aus. So vergegenwärtigt Maron für ihn nicht nur über ein Jahrhundert Bitterfelder Industriegeschichte, sondern berichtet auch über "kapitalistische Erfolgsgeschichten" aus dem Osten Deutschlands, vor allem über die der Firma Q-Cells, heute größter Solarzellenhersteller weltweit. Besonders hebt er Marons Kritik an Günter Grass hervor, gegen den sie das Geschehen in den Jahren nach 1989 verteidigt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.06.2009

Fast ein wenig überrascht ist Christoph Schröder von Monika Marons neuem Buch "Bitterfelder Bogen". Er sieht die Autorin einen Bogen schlagen zu ihrem Roman "Flugasche" von 1981, in dem eine Journalistin eine überaus kritische Reportage über die B. Schreibt - "die schmutzigste Stadt Europas". Vorliegendes Werk scheint ihm zweierlei: Spurensuche und Chronik einer Region, die kurz vor dem ökologischen Kollaps stand und ein Plädoyer gegen die Klagen eines in Depression und Resignation versinkenden Ostens. Q-Cells, eine Firma für Solaranlagen, vor der Wende gegründet von linken Idealisten aus Kreuzberg, heute der größte Solarzellenhersteller der Welt, verkörpere für die Autorin den Aufbruch Bitterfelds. Den Weg dieses Unternehmens zeichne Maron bis in die Gegenwart nach. Auch wenn "Bitterfelder Bogen" keinen Idealzustand, kein Idyll zeichnet, von Maron hätte er ein solches Buch nicht erwartet, das er einen "Therapieversuch gegen den von den Medien potenzierten ostdeutschen Selbsthass" nennt.