Ulrich Holbein

Narratorium

225 Lebensbilder
Cover: Narratorium
Ammann Verlag, Zürich 2008
ISBN 9783250105237
Gebunden, 1008 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Abenteurer, Blödelbarden, Clowns, Diven, Einsiedler, Fischprediger, Gottessöhne ... Kein Jahrgang ohne Klassenkasper, kein Kartenspiel ohne Joker, keine Regel ohne Ausnahme - Narren kommen in den besten Familien vor. Vorwärtsgetrieben von ihren törichten Träumen, kämpfen sie gegen wechselnde Windmühlen, Götter, staatliche Behörden oder andere dubiose Übermächte. In seinem aberwitzigen Kompendium der weltlichen und geistlichen Narretei sammelt Ulrich Holbein die unglaublichen Lebensgeschichten von über dreihundert lebenden und historischen Persönlichkeiten. Er lässt unterschätzte Übermenschen aus den Nebeln der Weltgeschichte hervortreten und wirft neues Licht auf bewährte Heilige wie Franz von Assisi, den Dalai Lama oder Pater Anselm Grün. Die Viten von Laozi, Kaspar Hauser, Peter Handke bis Osama bin Laden bieten Stoff für dieses welthaltige Erzählwerk. Ein gigantomanisches Sammelsurium kultureller Kuriosa, in dem sich Prinz Charles neben Sexguru Osho, Mohammed Ali neben Nina Hagen und Papst Benedikt XVI. Seite an Seite mit Till Eulenspiegel findet. Eine Fundgrube für die Liebhaber kurioser Enzyklopädien, eine Summa summarum der Torheiten und Genialitäten der Weltgeschichte, von A bis Zett erzählt von Ulrich Holbein.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.04.2009

En gros unlesbar, aber en detail nachgerade hinreißend findet Rezensent Ulrich Stock das über tausendseitige und mehr als drei Pfund schwere Werk dieses "Schriftschrats aus dem hessischen Knüll-Gebirge". Es handelt sich der Beschreibung des Rezensenten zufolge um ein Nachschlagewerk der besonderen Art, eines zudem, das die Begriffe "Narr" und "Narration" zusammen denke und dies im höchst eigenen Diskurs auch abbilde, dessen Kenntnisreichtum der Rezensent ebenso staunenswert findet wie Ulrich Holbeins Chuzpe, Frivolität und Urteilsschwung. Vorgestellt würden "Irre, Verrückte, Gestörte, Wahnsinnige" aus 3000 Jahren samt ihrer heiligen Gegenspieler, von Dieter Bohlen über Adolf Hitler bis Hildegard von Bingen. Gut und Böse sei bei den Darstellungen kaum zu trennen. Gewürdigt werde dennoch streng nach Schema: "Lebensdaten, Kurzbeschreibung, Vita, dann Worte von und Worte über". Besonderer Reiz: die Balance des subversiven Werks zwischen enzyklopädischer Struktur und hemmungslosem Subjektivismus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.12.2008

Nicht erwärmen kann sich Burkhard Müller für Ulrich Holbeins voluminöses "Narratorium". Das Unterfangen, eine Art Enzyklopädie der Narren der Welt zu erstellen, hält er durchaus für reizvoll. Aber Holbeins Umsetzung dieses Projekts scheint ihm wenig gelungen. Er vermisst nicht nur Urteilskraft und Trennschärfe, sondern auch den "moralistischen Fonds", der nötig wäre, um ein "erkennbares Ziel" zu erreichen. Außerdem hält er Holbein vor, recht "gemütlich" vorzugehen. Gute Satire sieht für Müller jedenfalls anders aus. Den Artikel über Papst Benedikt XVI. etwa beurteilt er als "Kabarett vom Borniertesten". Auch mit den Einträgen über Karl Kraus, Rilke, Gerhart Polt und viele andere zeigt er sich nicht einverstanden.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2008

Rezensent Lorenz Jäger verdrückt eine dicke Träne. Was hätte aus diesem "philosophierenden Schriftsteller" nicht werden können! Ein Nachfahre Rückerts etwa. Leider, trauert Jäger, funkt die notorische Ironie dazwischen. Ulrich Holbein bleibt für ihn "nur" ein Suchender, den wir uns durchaus im Jesus-Look vorstellen dürfen. So deutlich die Traditionslinie (von Schopenhauer zu Mauthner) dem Rezensenten auch erscheint, in der dieser Autor forscht und selber steht, so witzig, kritisch und gelehrsam Holbein seine "Gottesnarren" porträtiert und die spirituellen Volkshochschulkurse entzaubert, als so überladen empfindet Jäger schließlich das Buch. Das Heterodoxe, das Holbein laut Jäger vor allem anstrebt, kommt ihm nicht ganz vorurteilsfrei vor, Raunen und Transparenz sollen zusammen gehen, der Schwarmgeist soll fliegen und das Institutionelle in der Geistesgeschichte ohne Bedeutung sein? Jäger hegt Zweifel. Auch, weil er das Motiv der Lebensfeindlichkeit und jenes des Tierschutzes als "verborgene Linien" in diesem Buch entdeckt. Der Papst als Abtreibungsgegner und Genießer von Schweinefleisch - ein "ungehöriges" Feindbild des Autors, findet Jäger.
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