Feridun Zaimoglu

Liebesbrand

Roman
Cover: Liebesbrand
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2008
ISBN 9783462039696
Gebunden, 375 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Am Anfang ist es fast zu Ende: Das Leben von David, sowieso nicht in bester Verfassung, droht bei einem Busunglück zu verlöschen. Doch er wird gerettet und begegnet einer engelsgleichen Erscheinung. Eine junge schöne Frau übernimmt die Erstversorgung und verschwindet in einem Auto mit deutschem Kennzeichen. Fortan ist der Erzähler in Liebe entflammt und macht sich auf die Suche nach der Frau seines Lebens, die ihn nach Nienburg an der Weser und weiter nach Prag und Wien führt. Unterwegs wird er geliebt und verstoßen, angegriffen und gehasst, erleuchtet und enttäuscht. Die Hoffnung aber, dass er sich nicht vergeblich sehnt, gibt er nicht auf.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2008

Marius Meller ist trotz der gewohnt souveränen Präzision, des Rhythmusgefühls und der Komik, die auch der neue Roman von Feridun Zaimoglu aufweist, ein bisschen enttäuscht. Der Held des Romans verliebt sich, nachdem er bei einem Busunfall fast zu Tode gekommen wäre, Hals über Kopf in eine schöne Helferin und verfolgt sie in seinem "Liebesbrand" quer durch Europa, fasst der Rezensent zusammen. Er mutmaßt, ob Zaimoglu das Buch vielleicht als "Dankgebet" geschrieben haben mag, er hat nämlich selbst nur mit knapper Not einen Busunfall überlebt, oder ob sich der deutschtürkische Autor damit eine kleine Erholung gegönnt hat. Meller findet nämlich, dass dieser Roman eine Spur "konventionell" geraten ist und trotz seiner durchaus überzeugenden Schilderung des Liebesrasens seiner Hauptfigur mitunter ganz schon klischeehaft daherkommt.  Und die gnadenlose "Sprachanalytik" seiner frühen Bücher habe der "schönen Stelle", sein "heiterer Anarchismus" "existentieller Romantik" Platz gemacht, so Meller etwas unglücklich, der hofft, dass diese Entwicklung nicht Zaimoglus literarischer Begabung begraben wird.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.08.2008

Deutlich beeindruckt ist Rezensentin Dorothea Dieckmann von diesem Buch über die Liebe. Zwar meldet sie auch Zweifel gegenüber dem vom Roman postulierten "befreienden Potenzial" einer antiaufklärerischen Haltung in den Beziehungen der Geschlechter an. Doch gelinge es Zaimoglu immerhin - zumindest in diesem Buch - an den "Kern heutiger Liebesunfähigkeit" zu rühren. Worum geht's? Der Held hat einen schweren Unfall in der Türkei, und gerade als er zu sterben glaubt, reicht eine junge Deutsche ihm ein Glas Wasser. Unsterblich verliebt, sucht er sie, findet sie und folgt ihr, die nach einer Liebesnacht kein weiteres Interesse mehr zeigt, nach Prag und Wien. Dieckmann ist bestrickt von "diesem tumben Simplizissimus", der mit "Wut und Witz" die Erfüllung seiner Liebesobsession verfolgt. Mit Genuss sieht die Rezensentin den Autor dabei die Regeln "realistischer Wahrscheinlichkeit" ebenso brechen wie die "Muster eines säkularen Bildungs- oder Antibildungsromans" . Mit etwas weniger Genuss notiert sie allerdings auch gelegentlich mangelnde sprachliche Sorgfalt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.03.2008

Als "Liebesroman der ungewöhnlichsten Art" feiert Rezensent Ulrich Greiner im Aufmacher der Buchmessenbeilage Feridun Zaimoglus neues Buch, und spricht von ebenso spannender wie irritierender Lektüre. Auch stellt spätestens dieser Roman für den Rezensenten klar, dass Zaimoglu zu den besten deutschen Schriftstellern zählt. Greiners Inhaltsskizze zufolge kartografiert der Roman die Geschichte eines Begehrens: ein Mann verliebt sich in eine anonyme Helferin, die sich nach einem Unfall über ihn beugt und verschwindet, ehe er sie nach dem Namen fragen kann. Fragmentarisch prägt sich ihm lediglich ihr Autokennzeichen ein. Greiner folgt nicht nur elektrisiert der äußerst unpsychologisch erzählten Geschichte. Ihn ergreift auch das Pathos, mit dem Zaimoglu die Gefühlswelt seines Helden expliziert, ihn fasziniert die "bizarr leuchtende Sprache" dieses Autor, sowie sein "vormoderner, antirealistischer Zugriff". Nur manchmal wuchert Zaimoglus Erzählstil wohl ein wenig zu sehr ins Uferlose, versucht der Rezensent noch kritisch anzumerken, der aber dem Roman insgesamt längst hoffnungslos verfallen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2008

Begeisterten Beifall spendet Kristina Maidt-Zinke diesem Roman von Feridun Zaimoglu, dessen schriftstellerische Wandlungsfähigkeit sie immer wieder erstaunt. Die an Wendungen reiche, von Sonderlingen und Exzentrikern bevölkerte Geschichte um den Deutschtürken David, dem bei einem Busunfall eine junge Frau begegnet, in die er sich Hals über Kopf verliebt und der er in einer Odyssee durch Europa folgt, handelt für sie nur "vordergründig" von einer besessenen Liebe. Tatsächlich scheint es ihr um das "Geheimnis von Erlösung, Leben und Tod" zu gehen. Überzeugend findet sie die Dramaturgie des Romans. Auch seine "melancholische Komik" hat ihr bestens gefallen. Am meisten lobt Maidt-Zinke die wunderbar zwischen Pathos und Ironie pendelnde Sprache, die für sie "unangestrengt" den "Ton der Romantik" wiederbelebt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.03.2008

Fasziniert ist Ulrich Rüdenauer nicht nur von den Verwandlungskünsten als Schriftsteller, die Feridun Zaimoglu mit seinem jüngsten Roman "Liebesbrand" demonstriert. Der deutschtürkische Autor erzählt vom Börsenspekulanten David, der bei einem beinahe tödlich für ihn ausgehenden Busunfall in Liebe zu einer ihm Wasser reichenden Unbekannten entbrennt - die sich natürlich im Lauf des Buches als vergeblich entpuppen wird, wie der Rezensent verrät. Bis dahin verfolgt der Autor mit einem herrlichen Sinn fürs "Burleske" die Odyssee seines Helden auf der Suche nach der Geliebten, und er zieht dabei gekonnt alle Register der romantischen Liebesüberhöhung, lobt Rüdenauer beeindruckt. Wenn der Leser mitunter den Eindruck bekommt, Zaimoglu verliere im Liebesrasen Davids völlig den Faden, so sei das methodisch gewollt, ist der Rezensent überzeugt, bildet es doch vollendet die Geistesverwirrungen des glücklos Liebenden ab. Der Autor entpuppt sich als Meister der Aus- und Abschweifung, preist Rüdenauer, der nicht nur "verschwundene Stilebenen" in diesem Liebesroman entdeckt, sondern zudem so manche Wortschöpfung Zaimoglus bewundert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.02.2008

Wessen Herz noch schlage, der werde sich in dieses Buch verlieben, prophezeit Rezensent Alexander Cammann, dem Selbiges offenbar bereits widerfahren ist. In Feridun Zaimoglus "wuchtigem Plädoyer" für jenes" kopflose Wagnis zwischen Lächerlichkeit und Leidenschaft" , das man Liebe nenne, geht es Cammann zufolge um den heftigen One-Night-Stand von Tyra und David, nach dem David mit seinen entfachten Gefühlen alleine zurück geblieben ist. Und so lässt sich der Rezensent mit der gleichen Leidenschaft vom Taifun der Gefühle mitreißen, mit der sich Zaimoglus Protagonist nun auf die Suche nach der verlorenen Geliebten macht. Auf dessen Jagd nach dem Glück, die ihn (wie man liest) durch halb Europa (und zwar vom türkischen Milieu Kiels bis nach Mitteleuropa) führt, geschehen Cammann zufolge auch diverse unwahrscheinliche Dinge. Doch die Sprachmacht Zaimoglus und seine Komik immunisieren das Buch aus Sicht des Rezensenten von Anfang an gegen jegliche Klischees, weshalb der Rezensent Zaimoglu auch mit ganzem Herzen den Preis der Leipziger Buchmesse gönnt, für den der Roman nominiert worden ist.
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