Wilm Hosenfeld

Ich versuche jeden zu retten

Das Leben eines deutschen Offiziers in Briefen und Tagebüchern
Cover: Ich versuche jeden zu retten
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2004
ISBN 9783421057761
Gebunden, 1194 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes herausgegeben von Thomas Vogel. Wenige deutsche Soldaten haben im Zweiten Weltkrieg sich selbst gefährdet, um unschuldige Menschen zu retten. Durch falsche Papiere, Protektion und Lebensmittelschmuggel ermöglicht Wilm Hosenfeld über viele Jahre zahlreichen verfolgten Polen und Juden das Überleben. Dabei ist er nicht von vornherein Antinazi oder Pazifist. Als Parteimitglied glaubt er 1939 daran, in einen gerechten Krieg zu ziehen. Doch die erschütternden Erlebnisse in Polen, wo er ein Kriegsgefangenenlager kommandiert, Zeuge von Misshandlungen und Unterdrückung wird, rühren den gläubigen Katholiken tief. Tagebücher und Briefe an seine Familie geben Zeugnis von der inneren Zerrissenheit dieses deutschen Offiziers, der immer wieder Menschlichkeit und Gerechtigkeit über Eid und Befehle stellt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.08.2004

Dem Hauptmann der Wehrmacht Wilm Hosenfeld, der unter anderem dem jüdischen Pianisten Wladyslaw Szpilman 1944 das Leben rettete, wird nun ein ganzes Buch gewidmet, weiß Gerhard Gnauck: In einer Zusammenstellung von Notizen, Briefen und einer "guten" Auswahl an Fotos, wird das Leben des Lehrers nachgezeichnet, der seit dem Einzug in den Ersten Weltkrieg Tagebuch führte. Ab 1939 erreichte die Familie fast täglich Post aus Polen, und später ab 1945 aus sowjetischer Gefangenschaft. "Gut nachzuvollziehen", so findet der Rezensent, sei der Wandel vom "nationalgesinnten Deutschen" hin zum "empörten Kritiker der Besatzungsterrors in Polen und des NS-Regimes". Doch müsse man die Kritik Hosenfelds eher als Anstand statt Widerstand sehen, so Gnauck. Dennoch "verblüffend" findet er die Offenheit in den Briefen, wenn er zum Beispiel über die Verhöre während des Warschauer Aufstands schreibt: "Ich versuchte jeden zu retten, der zu retten ist". So Gnauck fasst zusammen: Es ist "eine wichtige Quelle zur Alltags- und Mentalitätsgeschichte".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.07.2004

Wilm Hosenfeld kennt kennt man aus Roman Polanskis preisgekröntem Film "Der Pianist" - Hosenfeld war der deutsche Wehrmachtsoffizier, der dem jüdischen Pianisten Wladyslaw Spilman das Leben rettete. Herausgeber Thomas Vogel hat hier eine voluminöse Auswahl von Briefen und Tagbuchaufzeichnungen Hosenfelds zusammengestellt, an der man sich "rasch festliest", lobt Rezensent Jens Bisky. Für ihn ist hier außerdem ein Buch entstanden, das unter den vielen persönlichen Dokumenten und Erinnerungen aus dem 20. Jahrhundert, die in den vergangenen Jahren erschienen sind, "eine Ausnahmestellung einnimmt". Wer wissen wolle, "wie es gewesen ist", habe hier "eine Quelle ersten Ranges in der Hand". Nicht zuletzt, weil in Hosenfelds Aufzeichnungen nichts "so säuberlich geschieden" sei, wie wir es wünschten. Das Buch, schreibt Bisky, bietet so beispielsweise die Geschichte eines Mannes, "der aus Patriotismus Nationalsozialist wurde und aus Patriotismus mit dem Nationalsozialismus brach", eines engagierten Lehrers und begeisterten Anhängers der Wandervogelbewegung ebenso wie eines Etappenoffiziers und Besatzungssoldaten im Generalgouvernement - und es ist zudem auch noch "eines der wenigen Dokumente aufrichtiger deutscher Bewunderung für den Nationalstolz und die Widerstandskraft der Polen".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.07.2004

Wolfram Wette ist von diesem Buch, das in Briefen und Tagebüchern das Leben des Wehrmachtoffiziers Wilm Hosenfeld schildert, der unter anderem den jüdischen Pianisten Wladyslaw Szpilman vor der Ermordung rettete, durchaus eingenommen. Die editorische Entscheidung, das Hauptaugenmerk auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs zu legen, in denen Hosenfeld, der zunächst der NSDAP beigetreten war, sich von den Nazis distanzierte, findet der Rezensent "nachvollziehbar" und richtig. Allerdings bedauert er, dass der "Retter" Hosenfeld in der "Flut von häufig trivialen Informationen" über den Etappenalltag in Warschau gar nicht richtig zum Vorschein kommt. Indem man die Perspektive nicht auf die Rettungsaktionen des Offiziers "einengen" wollte, wird man der "historischen Bedeutung" des Wehrmachtoffiziers leider auch nicht ganz gerecht, moniert Wette. Er hat aber noch einen anderen Einwand, der ihm schwerwiegender erscheint. Der Titel des Vorworts vom Herausgeber des Bandes Thomas Vogel - "Wilm Hosenfeld - ein deutsches Leben" -suggeriert, dass die Biografie des Offiziers eine typisch deutsche Biografie ist. Tatsächlich aber handelt es sich bei Hosenfeld um eine Ausnahmeerscheinung, die sich von der Mehrheit der Wehrmachtssoldaten stark unterschied, betont der Rezensent. Ihn lässt der Verdacht nicht los, dass es sich hier um eine "dem militärischen Milieu geschuldeten Akzentsetzung" handelt, mit der die Wehrmacht in größerem Rahmen rehabilitiert werden soll. Trotzdem lobt er diesen Band als "verdienstvolle Edition" und fände es begrüßenswert, wenn Hosenfeld als Namenspatron einer Kaserne angemessen gewürdigt würde.