Heiko Stoff

Ewige Jugend

Konzepte der Verjüngung vom späten neunzehnten Jahrhundert bis ins Dritte Reich. Diss.
Cover: Ewige Jugend
Böhlau Verlag, Köln 2004
ISBN 9783412111038
broschiert, 555 Seiten, 54,90 EUR

Klappentext

Der Wunsch nach ewiger Jugend ist so alt wie die Menschheit selbst. Seit Ende des 19. Jahrhunderts schien es möglich, diesen Traum zu erfüllen. Dabei standen sich zwei Verfahren gegenüber, die inhaltlich auf ganz unterschiedliche Konzepte verwiesen: Eine natürliche Verjüngung durch Gymnastik und naturheilkundliche Mittel versprach die dauerhafte Regeneration eines trainierten und gereinigten Körpers; eine künstliche Verjüngung mittels Chirurgie und Hormontherapie bot hingegen die "ewige Jugend" als Ware an. Als im Sommer 1920 die Zeitungen weltweit die wissenschaftliche Sensation verbreiteten, dass der Wiener Physiologe Eugen Steinach die künstliche Verjüngung im Versuchslabor mittels Transplantation von jungen Hoden und Ovarien realisiert habe, war dies zugleich auch ein besorgniserregender Skandal. In den Folgejahren schien die künstliche Verjüngung konsumorientierte Menschen hervorzubringen. Anders argumentierten dagegen die Jugendbewegung und die neue Generation, die "Jugend" als ein durch Arbeit am Einzel- und Volkskörper zu erhaltendes Gut verkündeten. Im Nationalsozialismus wurde das Konzept der künstlichen Verjüngung von einem rassenhygienischen Selektionsprogramm abgelöst. Um die aktuelle Begeisterung für die Verjüngung zu verstehen - das ist das Leitmotiv dieser Darstellung - ist es notwendig, ihre spezifischen Ursprünge in der Krise der Moderne um 1900 v. a. für Berlin und Wien zu analysieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.06.2004

Der Jugendwahn - oder jedenfalls: der Wahn, der Wunsch nach ewiger Jugend lasse sich erfüllen - ist keine Erfindung der Gegenwart, sondern, das scheint nach der Lektüre dieses Buches recht präzise benennbar, des 19. Jahrhunderts. Hier nämlich liegen die "Anfänge der Schönheitschirurgie und der Hormontherapie", die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts dann bedenkliche Auswüchse erlebten, etwa in den Therapien des Wiener Professors Eugen Steinach. Der nämlich unterband die Samenstränge der Männer und setzte die Eierstöcke der Frauen Röntgenstrahlen aus. William Butler Yeats oder die Autorin Gertrude Atherton fühlten sich tatsächlich, als seien sie in einen Jungbrunnen gefallen. Neben solchen Einzelstudien liefert das Buch, wie der Rezensent Robert Jütte erfreut feststellt, auch "den sozialhistorischen Kontext" dieser Verjüngungsideen und erweise sich insgesamt geradezu als "Lehrstunde in Wissenschaftsgeschichte".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.05.2004

Es klingt vielleicht unappetitlich, aber Abbindung des Samenleiters, Transplantation von Affenhoden und Bestrahlung von Eierstöcken waren in den Wissenschaften einst populäre Verjüngungstechniken. "Abenteuerlich, aberwitzig und anekdotenreich" findet Rezensent Eberhard Rathgeb denn auch die Geschichte der Verjüngung um die Jahrhundertwende, der Heiko Stoff in seinem Band über "Konzepte der Verjüngung vom späten neunzehnten Jahrhundert bis ins Dritte Reich" nachgeht. Der Autor schildere, wie sich Medizin, Politik und Kultur zur Biopolitik vermengten, der es um die Herrschaft über das Leben ging, und die dazu auch die Fortpflanzung unter die eugenische Prämisse stellte, einen höheren, einen gesünderen Menschen zu schaffen. Jugend erscheine als Metapher der Moderne, die von der Biologie ins Leben übersetzt worden sei. Rathgeb lobt das Werk als "materialreich", "gelehrt" und "mit dem Elan der Jugend, die aus der Schule der Diskurse kommt, erzählt und analysiert".
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