Lars Rensmann

Demokratie und Judenbild

Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Diss.
Cover: Demokratie und Judenbild
Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004
ISBN 9783531140063
Broschiert, 541 Seiten, 42,90 EUR

Klappentext

Die Studie hat das Ziel, die qualitative politische Kulturforschung zum Problem des Antisemitismus und zu politischen Mobilisierungschancen von Judenfeindlichkeit in der demokratischen Gesellschaft neu theoretisch zu fundieren. Vor dem Hintergrund multifaktorieller Modelle werden Parameter und Deutungsmuster entworfen, mit denen die politischen Gelegenheitsstrukturen antisemitischer Mobilisierungsversuche und "Judenbilder" in der bundesrepublikanischen Demokratie empirisch erforscht werden. Die Untersuchung des Antisemitismus als politisch-psychologischem Bindemittel in der extremen Rechten wie in der radikalen Linken sowie die Analyse öffentlich-politischer Kommunikationsprozesse der letzten Jahre zeigen, dass sich das politisch-kulturelle Bedingungsgefüge im Zeitalter rapider Modernisierung und Globalisierung verändert und sich die politische Opportunität antisemitischer Vorurteile erhöht hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.12.2004

Eine "bahnbrechende Studie", die das Zeug zum Standardwerk hat, sieht Rezensent Philipp Gessler in Lars Rensmanns Buch über "Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland". Der Politikwissenschaftler zeige, was Antisemitismus heute ausmache, wie er zu erkennen sei und in welchen Formen er in öffentlichen Debatten auftrete. Wie Gessler berichtet, sind die Antisemitismustheorien der Frankfurter Schule für Rensmann Dreh- und Angelpunkt der Untersuchung. Danach entstehe der heutige, moderne Antisemitismus vor allem aus einem Reflex der Abwehr der Erinnerung an die schuldhafte deutsche Vergangenheit. Rensmann weise nach, dass alte antisemitische Klischees heute keineswegs verschwunden, sondern jederzeit und in großen Bevölkerungsteilen, wenn auch selten in offener Form, wieder abrufbar sind. In umfangreichen empirischen Analysen zeige Rensmann, wie aus antisemitischen Anspielungen politisch Kapital geschlagen wird, wie sich Diskursschranken verschieben, Tabus erodieren. "Eindrucksvoll" findet Gessler, wie Rensmann den Antisemitismus in den öffentlichen Konflikten der "Berliner Republik" und bei der Linken aufdeckt. Zu Gesslers Bedauern befasst sich Rensmann nicht wirklich mit dem muslimischen Antisemitismus in Deutschland. Zudem hätte er dem Autor hier und da ein aufmerksameres Lektorat gewünscht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.04.2004

Lars Rensmann gibt keine Entwarnung, und Rezensent Samuel Salzborn plädiert dafür, die Thesen des Politologen ernst zu nehmen. Denn Rensmann weise in seiner Studie "einen empirischen Zusammenhang zwischen antisemitischen Einstellungen und nationalen Identitätskonzepten, kulturellen Identifikationen sowie politischem Autoritarismus nach", und diese Faktoren wirkten und wirken auch noch in der bundesdeutschen Demokratie, in jüngster Zeit sogar verstärkt, wie der Fall Möllemann zeige. Ein von Rensmann diagnostiziertes Problem sei beispielsweise, dass Antisemitismus "öffentlich oft nur noch als moralischer Vorwurf wahrgenommen" werde, als ob man das Thema schon abgearbeitet hätte. Tatsächlich aber zeige die Geschichte der Bundesrepublik kontinuierliche antisemitische Einstellungen, und zwar von ganz rechts bis ganz links das ganze Spektrum unfassend. Die Gefahr lauert hinter jeder Art von stereotyper Weltdeutung und ist, darin stimmt der Rezensent dem Autor von ganzem Herzen zu, noch lange nicht gebannt.
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