Gregor Hens

Transfer Lounge

Deutsch-amerikanische Geschichten
Cover: Transfer Lounge
Mare Verlag, Hamburg 2003
ISBN 9783936384048
Gebunden, 143 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Gregor Hens vermisst die Grenzen zwischen Vertrautem und Unbekanntem. Etwa in der Geschichte vom deutschen Übersetzer Jan, der seine amerikanische Lektorin Melanie in New York in der Central Station trifft, wo sich die beiden unter einem künstlichen Sternenhimmel wie Planeten umkreisen. Sie begrüßen sich mit Versen aus einem Gedicht von Ingeborg Bachmann und ziehen kreuz und quer durch Manhattan. Und während ihnen allmählich das Geld ausgeht, bringen die Preise der Hotels das Paar mit jedem Umzug dem Himmel ein Stück näher. Denn seit dem 11. September sind die Zimmer ganz oben am billigsten. Gregor Hens webt ein feines Netz transatlantischer Geschichten, in denen er von Menschen erzählt, die den Ozean überqueren, zwei zuverlässige Begleiter im Gepäck: die Liebe und den Tod.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.07.2003

In Gregor Hens' deutsch-amerikanischen Geschichten, so der Rezensent Ulrich Rüdenauer, geht es vor allem um Eines: "um die Nanosekunde, in der eine Geschichte unterbrochen oder von einer anderen abgelöst wird". So zum Beispiel als ein im ICE "Heinrich von Kleist" reisender Professor in literarischer Anspielung auf den "Prinzen von Homburg" einem Kind "Da liegt er; eine Kugel trifft nicht besser!" sagt, in diesem Moment ein Bahnarbeiter überfahren wird, und der Professor daraufhin nicht zu seiner Freundin fährt, sondern einer Zugbekanntschaft folgt. Die ohnehin "fragwürdige Lebenskontinuität" gebe aufgrund von äußerem Druck nach, und setze "Wesentliches" in Gang. Diese Momente, so der Rezensent, schildert Hens auf "intelligente" und "souveräne" Weise, in einer "bewusst zurückgenommenen Sprache", Es gelingt ihm so, die "zutiefst zeitgenössische Verunsicherung" zum Ausdruck zu bringen, lobt Rüdenauer. Nicht immer überzeugt haben den Rezensenten allerdings die zeitweiligen Überfrachtungen mit "psychoanalytischer Beispielhaftigkeit", die "unmotivierten Perspektivwechsel" und "sensationsheischenden Stoffe" wie der Amoklauf von Littleton und der 11. September.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.04.2003

Überaus stilvoll und "von konzentrierter Beiläufigkeit", lobt Wolfgang Schneider - wie das architektonische Interieur einiger seiner Geschichten, so sei auch die Erzählweise von Gregor Hens. Seine Figuren sind Repräsentanten einer "transkontinentalen Lebensweise", die von der längst vollzogenen Überlagerung deutscher und amerikanischer Mentalitäten spricht, und von der Angst vor der Provinzialität, erzählt Schneider. Sie haben ihre Leben am Reißbrett entworfen und erleben dann unerwartete "Momente der Wahrheit", die ihre souveräne Transitexistenz erschüttern. Der plötzliche Kollaps - das ist zugleich das gedankliche Prinzip von Hens' Prosa, die "Essenz seiner Poetik", so unser Rezensent. Hens schreibe auf hohem Niveau, zeigt sich Schneider beeindruckt, nur in wenigen Geschichten falle er etwas ab, etwa wenn seine "Verknappung den Charakter forcierter Verrätselung" bekomme.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.04.2003

In einer der vierzehn neuen Erzählungen von Gregor Hens gibt es einen Mechanikerlehrling, der aus zahllosen Einzelteilen alter Autos ein neues zusammenbaut - er erinnert den Rezensenten Nico Bleutge an seinen Erfinder Gregor Hens, der gleichfalls aus literarischen Fundstücken und Altmaterialien Neues konstruiert. Im Idealfall gelänge es Hens - wie in der Erzählung "Alexander Valley" -, bei anderen wiederum seien die Nähte deutlich sichtbar, findet Bleutge. Manchmal sind ihm Hens' Anspielungen, zu deutlich und "wenig geschmeidig"; in anderen Fällen, dort wo Hens seine Figuren in neue Konstellationen und andere Landschaften versetzt, kommt günstigsten Falles eine neue Mischung, sogar ein eigener neuer Stil zum Vorschein: eine Kreuzung aus Nabokov und Kleist, lobt Bleutge. Als störend empfindet er die tagespolitischen Annäherungen wie die Schilderung einer Schulgeiselnahme oder die Bezugnahme auf den 11. September - in beiden Fällen verrate der Autor seine Geschichten damit. Denn andernorts zeige er, dass es eher die unscheinbaren Dinge seien, die Veränderungen auslösen können.
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